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Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung in Neuwagenkaufverträgen mit Verbrauchern im Fernabsatz

Beschluss vom 22. Juli 2025 – VIII ZR 5/25

Wie wir bereits an anderer Stelle berichteten, hatte sich der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 25. Februar 2025 (VIII ZR 143/24, NJW 2025, 1268; Pressemitteilung vom 26. Februar 2025, Nr. 41/2025) mit der Frage befasst, ob ein Unternehmer, der bei Fernabsatzverträgen mit Verbrauchern eine von der Musterwiderrufsbelehrung in Teilen abweichende Widerrufsbelehrung verwendet, zusätzlich seine auf dessen Internetseite zugängliche Telefonnummer angeben muss, wenn in der Widerrufsbelehrung als Kommunikationsmittel seine Postanschrift und E-Mail-Adresse genannt werden.
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29.07.2025
ca. 4 Minuten
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Wie der heute veröffentlichten Pressemeldung zu entnehmen ist, hat der Senat diese Frage in dem vorbezeichneten Beschluss verneint und die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Muss eine Telefaxnummer angegeben werden?

In der Folge gingen weitere ähnlich gelagerte Verfahren ein, in denen die auf Rückabwicklung der Kaufverträge klagenden Fahrzeugkäufer die Frage aufwarfen, ob der Unternehmer zusätzlich seine Faxnummer angeben muss, wenn er diese im Impressum seiner Internetseite nennt.

In diesem Zusammenhang machen die Fahrzeugkäufer geltend, die Faxnummer sei nicht erreichbar gewesen. Darüber hinaus erheben sie Nichtzulassungsbeschwerden – in Anlehnung an eine nach dem Beschluss des Senats ergangene, hiervon abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 11. März 2025 – 6 U 57/24, Revision anhängig unter VIII ZR 62/25). Sie erheben Rügen sowohl zu der Frage, ob der Verbraucher durch die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung über die persönliche und sachliche Reichweite des Widerrufsrechts in die Irre geführt wird, als auch zu der Frage, ob die Widerrufsbelehrung der Beklagten deshalb unwirksam ist, weil dem Käufer zwar mitgeteilt wird, dass er als Folge eines Widerrufs die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware zu tragen hat, die Widerrufserklärung jedoch keine Angaben zu den Kosten der Rücksendung enthält.

Von der Beantwortung dieser Fragen hängt in den Streitfällen ab, ob die Widerrufsfrist von vierzehn Tagen bereits mit dem Erhalt der Ware angelaufen ist und der Widerruf somit verspätet ist (§ 355 Abs. 2, § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Satz 1 BGB), oder ob – im Falle einer unwirksamen Widerrufsbelehrung – das Widerrufsrecht erst nach zwölf Monaten und vierzehn Tagen erlischt (§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB) und der vom Käufer erklärte Widerruf somit rechtzeitig erfolgt ist.

Der BGH meint „nein”!

In einem ausgewählten Verfahren, dem ein die Berufung des Fahrzeugkäufers nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisender Beschluss des 14. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 13. Dezember 2024 (14 U 86/24) zugrunde liegt, hat der Senat über die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision entschieden.

Der Senat hat es als offenkundig angesehen, dass weder dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Verbraucherrechterichtlinie, dem Kontext der Bestimmung noch den vom Unionsgesetzgeber verfolgten Regelungszielen zu entnehmen ist, dass der Unternehmer in einer Widerrufsbelehrung seine Faxnummer angeben muss, wenn er – wie im vorliegenden Fall – seine Postanschrift sowie seine E-Mail-Adresse angibt. Insofern gelten die Ausführungen des Senatsbeschlusses vom 25. Februar 2025 (VIII ZR 143/24) zu einer unter diesen Umständen entbehrlichen Mitteilung der Telefonnummer des Unternehmers entsprechend.

Telefax ist nicht die einzige Kommunikationsmöglichkeit.

Dem Anlaufen der Widerrufsfrist stünde es – woran ebenfalls keine vernünftigen Zweifel bestehen („acte clair”) – bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschriften des § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Satz 1 BGB auch nicht entgegen, wenn im Impressum der Internetseite der Beklagten eine unrichtige oder nicht erreichbare Faxnummer angegeben worden sein sollte, obwohl in der Widerrufsbelehrung die Möglichkeit eines Widerrufs per Fax erwähnt ist. Denn eine – unterstellt – insoweit unrichtige Widerrufsbelehrung ist unter den gegebenen Umständen nicht geeignet, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Fernabsatzvertrag herrührenden Rechte und Pflichten – konkret: seines Widerrufsrechts – einzuschätzen bzw. sich auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken.

Keine Irreführung bei Angabe von Postanschrift und E-Mail-Adresse!

Selbst bei einer fehlerhaften Angabe der Faxnummer würde der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher nicht irregeführt und von einer rechtzeitigen Ausübung des Widerrufsrechts abgehalten werden, wenn der Unternehmer – wie hier – sowohl seine Postanschrift als auch seine E-Mail-Adresse angibt. Über diese kann der Verbraucher schnell mit dem Unternehmer in Kontakt treten und effizient mit ihm kommunizieren. Ein Verbraucher, der einen vergeblichen Übermittlungsversuch mittels des ohnehin weitgehend überholten Kommunikationsmittels Telefax vergeblich unternommen hätte, würde anschließend ein effizientes Kommunikationsmittel wählen. Dies hat der Kläger in Gestalt einer E-Mail auch von vornherein tatsächlich getan.

Der Verbraucher steht in der Verantwortung!

Der Senat hat überdies in Anknüpfung an seinen Beschluss vom 25. Februar 2025 (VIII ZR 143/24) nochmals hervorgehoben, dass dem Anlaufen der Widerrufsfrist hier auch nicht der Umstand entgegensteht, dass die Widerrufsbelehrung einleitend das Bestehen eines Widerrufsrechts abstrakt an die Verbrauchereigenschaft des Käufers („Wenn Sie ein Verbraucher sind …“) und an die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln knüpft. Der Sinn und Zweck der Widerrufsbelehrung sei in Fällen wie dem vorliegenden – im Anwendungsbereich der Verbraucherrechterichtlinie – vielmehr auch erfüllt, wenn der Verbraucher abstrakt darüber informiert wird, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ihm ein Widerrufsrecht zusteht. Eine Rechtsbelehrung im Einzelnen, ob diese – häufig in der Sphäre des Verbrauchers liegenden – Umstände im konkreten Einzelfall gegeben sind, obliegt dem Unternehmer hingegen nicht. Es obliegt dem Verbraucher, anhand der Umstände des Einzelfalls selbst zu beurteilen, ob die genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts in seinem Fall gegeben sind.

Fehlende Angaben zur Höhe der Rücksendekosten sind unschädlich.

Das Berufungsgericht hat ebenfalls rechtsfehlerfrei entschieden, dass dem Anlaufen der Widerrufsfrist – wie der Senat in seinem nach der Entscheidung des Berufungsgerichts ergangenen Beschluss vom 25. Februar 2025 (VIII ZR 143/24) bereits ausgeführt hat – dem Anlaufen der Widerrufsfrist nicht entgegensteht, dass die Beklagte in ihrer Widerrufsbelehrung dem Käufer zwar mitgeteilt hat, er habe die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware zu tragen, jedoch entgegen Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB keine – zumindest schätzungsweise – Angaben zur Höhe der Kosten der Rücksendung gemacht hat. Dies hindert das Anlaufen der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB jedoch nicht. Denn die Folgen einer fehlerhaften Belehrung über die Kosten sind in der Vorschrift des § 357 Abs. 5 BGB (§ 357 Abs. 6 BGB a. F.) abschließend und vorrangig geregelt.

Quelle: Bundesgerichtshof

Bildnachweis: Dr. Wolf-Henning Hammer

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