Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 20. November 2024, Az. 29046 C 103/24

Der Kaskoversicherer erkannte den Schaden dem Grunde nach zwar an, sah sich aber nur zum Ersatz der beschädigten Schläuche verpflichtet. Die Erstattung der Kosten für das beschädigte Dämmmaterial lehnte er ab.
Der Geschädigte dagegen hingegen die Auffassung, der Versicherer müsse sämtliche Kosten der vom Marder verursachten Schäden abdecken. Dies würde auch Schäden an nicht sicherheitsrelevanten Bauteilen, wie dem Dämmmaterial, umfassen. Zudem meinte er, die diesbezpüliche Regelung in den „Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeugversicherung” (AKB) sei überraschend und damit unwirksam.
Er verklagte den Versicherer daher u.a. auf Zahlung von 1.221,99 Euro. Das Gericht wies die Klage ab.
Kasko ist nicht Haftpflicht!
Um die Entscheidung zu verstehen, ist ein Blick auf die Unterschiede zwischen einem Haftpflicht- und einem Kaskoschaden hilfreich.
Bei einem Haftpflichtschaden ist der Anspruch des Geschädigten deliktischer Natur. Sein Umfang ist in § 249 BGB definiert. Demnach hat der Schädiger den Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Das Ziel ist, dass der Geschädigte am Ende so dasteht, wie er ohne das schädigende Ereignis dastehen würde.
Bei Kaskoschäden ist das anders, auch wenn Geschädigte hier ebenfalls einen Anspruch auf Schadenersatz haben. Im Unterschied zum Haftpflichtschaden beruht der Anspruch nicht auf einer gesetzlichen Grundlage, sondern auf den Vereinbarungen mit dem Kaskoversicherer. Deutlich wird dies beispielsweise daran, dass die Ersatzpflicht des Versicherers nicht bereits ab dem ersten Cent, sondern erst nach dem Überschreiten des vereinbarten Selbstbehalts einsetzt.
Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Der Haftpflichtanspruch folgt aus einer deliktischen Handlung und beruht auf einer gesetzlichen Grundlage. Er ist er durchgehend und unabhängig vom zahlungsverpflichteten Versicherer identisch.
Bei der Kaskoversicherung ist das anders. Der Anspruch folgt aus dem Versicherungsvertrag und richtet sich nach den diesen zugrundeliegenden Bedingungen. Wer eine Kaskoversicherung abschließen oder den Versicherer wechseln möchte, sollte daher nicht nur auf die Bezeichnung, sondern auch auf den Inhalt , d.h. den bedingungsgemäßen Leistungsumfang achten.
So kann die Teilkaskoversicherung bei einigen Versicherern beispielsweise auf unvorhergesehene Ereignisse wie Diebstahl, Unwetter, Wildunfälle, Marderschäden und Glasbruch begrenzt sein, während andere umfassender auch bei Tierunfällen oder Tierbissschäden leisten. Hinzu kommt, dass es bei dem einen Versicherer „Freischäden” gibt, bei anderen nicht. Das schlägt sich natürlich in der Prämie nieder. Ein Vergleich lohnt sich daher in jedem Fall.
Gleich ist hingegen, dass Schäden durch selbstverschuldete Unfälle oder Vandalismus nicht ersetzt werden. Die Vollkaskoversicherung deckt auch solche Schäden ab.
Um die Prämie zu senken, kann bei beiden Versicherungsarten ein Selbstbehalt, d.h. eine Selbstbeteiligung vereinbart werden. Beträgt diese beispielsweise 250 Euro, muss der Versicherungsnehmer Schäden bis zu dieser Höhe selbst tragen.
Es wies die Klage ab. Seiner Auffassung nach waren die Versicherungsbedingungen (AKB) klar und eindeutig formuliert. Demnach waren nur Schäden an Kabeln, Schläuchen und Leitungen versichert, die durch Tierbisse verursacht wurden. Schäden am Dämmmaterial waren demnach nicht versichert.
Zudem sei die Regelung weder überraschend noch verstoße sie gegen die guten Sitten. Es sei allgemein bekannt, dass Kaskoversicherungen nur für die in den Bedingungen definierten Schäden aufkommen. Die Auslegung der maßgeblichen AKB hatte gezeigt, dass nur sicherheitsrelevante Fahrzeugteile wie Kabel und Schläuche versichert sind. Dämmmaterial gehört nicht dazu.
Die Entscheidung folgt dem Grundsatz „pacta sunt servanda“. Das bedeutet, dass Verträge so zu erfüllen sind, wie sie vereinbart wurden. Hätte der Geschädigte einen anderen Versicherungsschutz gewünscht, hätte er diesen explizit in den Vertrag aufnehmen lassen müssen.
Laut dem Gericht war es auch nicht überraschend, dass Versicherungen nur für die definierten Schäden aufkommen und sich der Versicherungsumfang in der Höhe der Prämie niederschlägt.
Auf den konkreten Sachverhalt angewendet bedeutet dies, dass eine Deckung, die auch Schäden an nicht sicherheitsrelevanten Bauteilen wie Dämmmaterial abgedeckt hätte, eben auch mit höheren Kosten verbunden gewesen wäre. Der Geschädigte konnte daher nicht erwarten, dass die Versicherung auch für Schäden an Bauteilen aufkommt, die nicht unter die versicherten Kategorien fallen.
Der Geschädigte hatte eine reguläre Vollkaskoversicherung abgeschlossen, die Schäden durch Tierbisse bis zu einem bestimmten Umfang abdeckt. Fehlerhafte Angaben des Versicherers, die den Geschädigten zum Vertragsschluss hätten verleiten können, konnte das Gericht jedenfalls nicht erkennen.
Die Entscheidung zeigt, wie wichtig eine präzise Vertragsgestaltung durch die Versicherer sowie eine sorgfältige Prüfung der Bedingungen durch die Versicherungsnehmer ist. Versicherungsnehmer sollten ihre Erwartungen an die Versicherung daher vor dem Vertragsabschluss genau prüfen. Im Zweifel sollte ein anderes Versicherungspaket oder ein anderer Versicherer gewählt werden.
Am Ende sei ein Vergleich erlaubt. Mit Versicherungen und Versicherungsbedingungen ist es wie mit Schokolade: Größe und Bezeichnung der Tafeln erscheinen oftmals gleich. Die Inhalte und Rezepturen sind jedoch nicht nur unterschiedlich, sondern sie verändern sich auch ständig.
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