Unklare Verkehrslage
Der Begriff der unklaren Verkehrslage im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO spielt insbesondere bei Überhol- oder so genannten “Lückenfällen” immer wieder eine Rolle. Eine gesetzliche Definition des Begriffs “unklare Verkehrslage” fehlt allerdings, obgleich deren Vorliegen allein von objektiven Umständen und nicht vom Gefühl des Überholwilligen abhängig ist (OLG Brandenburg, Beschl. v. 08. 10.2024, Az. 12 U 78/24).
Nach Auffassung des OLG Hamm ist eine Situation unklar, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände ein gefahrloses Überholen nicht zu erwarten ist, etwa weil das Verhalten anderer für das beabsichtigte Überholen maßgeblicher Verkehrsteilnehmer (Querverkehr und zu Überholender) ungewiss ist (Urt. v. 03.12.2021, Az. I-7 U 33/20).
Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Überholstrecke übersichtlich ist bzw. die Entwicklung der Verkehrslage bei Einleitung des Überholvorgangs nicht verlässlich eingeschätzt werden kann.
Relevante Zweifel an der Gefahrlosigkeit des Überholvorgangs Relevante Zweifel an der Gefahrlosigkeit des Überholvorgangs können sich z.B. ergeben, wenn das Verhalten eines Querverkehrs nicht vorher (OLG Köln, Urt. v. 07.12.2010, Az. 4 U 9/09; OLG Saarbrücken, Urt. v. 12.10.2010, Az. 4 U 110/10) oder entgegenkommender Verkehr nicht gesehen werden kann (Ausscheren zum Überholen vor einer Kurve gelten (LG Münster, Urt. v. 11.07.2024, Az. 8 O 7/22).
Das OLG Hamm hat ein Überholverbot bei unklarer Verkehrslage nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO für einen Sachverhalt verneint, bei dem bei Beginn des Überholmanövers eine Abbiegeabsicht des Fahrers des vorausfahrenden Fahrzeugs nicht erwiesenermaßen erkennbar war (OLG Hamm, Urt. v. 20.07.2024, Az. I-7 U 74/23).
Übrigens: Das Überholen bei unklarer Verkehrslage kann mit einem Bußgeld von 100 Euro geahndet werden (Ziffer 19 Anlage BKatV in der Fassung vom 16.08.2024).
