Als Überholen wird das – in § 5 StVO geregelte – Vorbeifahren eines schnelleren an einem langsamen Fahrzeug bezeichnet. Die Geschwindigkeit des Überholenden muss dabei deutlich höher sein, als die des zu Überholenden. Eine Erhöhung der Geschwindigkeit setzt der Begriff des Überholens ebenso wenig voraus wie einen Fahrstreifenwechsel (OLG Brandenburg, Urt. v. 07.11.2024, Az. 12 U 31/24)
Für sogenannte “Elefantenrennen“, d.h. Überholvorgänge zwischen LKW hat der BayObLG in einem Beschluss vom 06.02.2024 (Az. 202 ObOWi 90/24) erläutert, dass “ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 StVO, wonach Überholen nur erlaubt ist, wenn der Überholende mit wesentlich höherer Geschwindigkeit als der zu Überholende fährt, ist in der Regel dann anzunehmen, wenn die Differenzgeschwindigkeit weniger als 10 km/h beträgt, was bei einer Geschwindigkeit des überholenden Fahrzeugs von 80 km/h einer Dauer des Überholvorgangs von 45 Sekunden entspricht.”
Der Überholte darf die Geschwindigkeit nicht erhöhen, während er überholt wird. Das Überholen ist bei unklarer Verkehrslage oder entsprechenden Verkehrszeichen (Zeichen 276, 277) untersagt.
Nach der Rechtsprechung liegt eine unklare Verkehrslage vor, “wenn nach den gesamten Umständen ein gefahrloses Überholen nicht möglich ist, weil nicht mit Sicherheit beurteilt werden kann, wie sich der Vorausfahrende verhalten wird (z.B. KG, Urt. v. 15.08.2005, Az. 12 U 41/05, m.w.N.). Sie ist auch dann gegeben, wenn nicht mit Sicherheit beurteilt werden kann, was der Vorausfahrende alsbald tun wird. Allerdings gilt auch dies nicht für jede Vermutung. So hat das OLG Celle entschieden, dass das Abbiegen eines Pkw nach rechts in eine Bushaltestelle noch keine unklare Verkehrslage schafft, die ein Überholen oder Vorbeifahren verbietet (Urt. v. 18.11.2004, Az. 14 U 108/04).
Grundsätzlich darf nach § 5 Abs. 2 StVO nur überholen, “wer übersehen kann, dass während des ganzen Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. Überblicken kann der Fahrer des überholenden Fahrzeugs die gesamte Überholstrecke nur dann, wenn er den Abschnitt der Gegenfahrbahn einsehen kann, der zumindest so lang ist wie die für den Überholvorgang benötigte Strecke einschließlich der Strecke, die für das Wiedereingliedern mit ausreichendem Abstand benötigt wird, zuzüglich des Weges, den ein entgegenkommendes, mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit fahrendes Fahrzeug während des Überholens zurücklegt” (OVG Münster, Beschl. v. 03.06.2022, Az. 8 B 433/22).
Grundsätzlich darf nur links überholt werden. Gemäß § 5 Abs. 7 StVO, gilt dies aber nicht für Schienenfahrzeuge. Diese sind rechts zu überholen. Ein Überholen auf der linken Seite ist nur zulässig, wenn die Schienen zu weit rechts liegen oder auf Fahrbahnen für nur eine Richtung.
Zunächst sind Überholende ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO nicht dazu verpflichtet, seine Geschwindigkeit bei Annäherung an ein zu überholendes Fahrzeug zu ermäßigen. Vielmehr ist der Überholungsvorgang mit “möglichster Beschleunigung” durchführen (im Anschluss an BGH Urt. v. 19.1.1956, Az. 4 StR 427/55).
Wer überholen will ist zudem nicht verpflichtet, möglichst frühzeitig einen Spurwechsel vorzunehmen. Vielmehr ist er nach § 2 Abs. 2 StVO gehalten, möglichst lange möglichst weit rechts zu fahren (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 02.07.2024, Az. 7 U 74/23)
Sowohl vor als auch während und nach dem Überholen sind besondere Sorgfaltspflichten zu beachten. Insbesondere muss derjenige, der zum Überholen ausscheren will, sich so verhalten, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Beim Überholen muss ein ausreichender Seitenabstand zu den anderen Verkehrsteilnehmern eingehalten werden. Wer mit einem Kraftfahrzeug Fußgänger, Radfahrer und Elektrokleinstfahrzeuge überholt, muss einen ausreichenden Seitenabstand einhalten.
Dieser beträgt innerorts mindestens 1,5 m und außerorts 2 m. Nach dem Überholen hat sich der Überholende so bald wie möglich wieder nach rechts einzuordnen. Der Überholte darf dabei nicht behindert werden.
Das Ausscheren zum Überholen und das Wiedereinordnen sind rechtzeitig und deutlich mit den Fahrtrichtungsanzeigern anzukündigen. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf das Überholen durch kurze Schall- oder Leuchtzeichen angekündigt werden. Wird mit Fernlicht geblinkt, dürfen entgegenkommende Fahrzeugführende nicht geblendet werden. (§ 5 Abs. 5 StVO).
An Kreuzungen und Einmündungen dürfen Rad- und Mofafahrer dürfen wartende Kraftfahrzeuge mit besonderer Vorsicht rechts überholen.
Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 StVO darf nur Überholen, wer übersehen kann, dass während des ganzen Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist.
Das Verbot dient sowohl dem Schutz des Gegenverkehrs als auch dem des zu überholenden Verkehrsteilnehmers, der ebenfalls durch ein gegen § 5 Abs. 2 Satz 1 StVO verstoßendes Überholen gefährdet werden kann (OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.12.2022, Az. 4 U 136/21).
Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 7,5 t dürfen – unbeschadet sonstiger Überholverbote – nicht überholen, wenn die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m beträgt (5 Abs. 3a StVO).