Die Unterschreitung des Mindestabstands (§ 4 StVO) ist nicht nur in Hinblick auf mögliche Auffahrunfälle riskant. Sie zieht regelmäßig auch Bußgelder und Punkte nach sich. Auch Fahrverbote sind möglich. Bei einer gravierenden Unterschreitung des Mindestabstands wird von Bußgeldstellen und in den Verfahren vor den Amtsgerichten immer wieder Vorsatz unterstellt. Die Verdoppelung des Bußgelds ist eine der möglichen Folgen. Ungeachtet der finanziellen Folgen, kann die Verhängung eines Fahrverbots – insbesondere bei Außendienstlern oder Berufskraftfahrern – auch mit einer Gefährdung des Arbeitsplatzes verbunden sein. Zudem kann die Unterschreitung des Mindestabstands situativ bedingt sein, wenn z.B. ein Fahrzeug plötzlich ausschert oder ein vorausfahrendes Fahrzeug unvorhergesehen langsamer wird.
Die Urteile der Obergerichte zeigen immer wieder, dass es keine allgemeingültige Formel gibt, wonach eine gravierende Unterschreitung des Mindestabstands zwangsläufig auf Vorsatz schließen lässt, selbst wenn Vorsatz naheliegend sein sollte. Einem Urteil des AG Landstuhl vom 20.04.2021, Az. 2 OWi 4211 Js 1233/21 zufolge, soll der Tatbestand des § 4 StVO zwar generell erfüllt sein, der Mindestabstand zu irgendeinem Zeitpunkt der Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar den im einschlägigen Bußgeld-Tatbestand gewährten Abstand unterschritten wird. Bei einer Verurteilung muss der Tatrichter den Betroffenen entlastende Umstände allerdings konkret ausschließen. Im Klartext bedeutet dies, auf “das Vorliegen einer nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung kommt es dagegen nur dann an, wenn Verkehrssituationen in Frage stehen, wie etwa das plötzliche Abbremsen des Vorausfahrenden oder der abstandsverkürzende Spurwechsel eines dritten Fahrzeugs, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dem Nachfahrenden allein deshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden könne” (OLG Hamm, Beschl. v. 22. 12.2014, Az. 3 RBs 284/14).
Noch deutlicher wurde das OLG Koblenz in einem Beschluss vom 15.11.2021 (Az. 3 OWi 32 SsBs 239/21). Wörtlich heißt es darin: “Selbst bei gravierender Unterschreitung des Sicherheitsabstandes kann – anders als etwa bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen innerhalb allgemein geltender Geschwindigkeitsbegrenzungen – nicht allein aus dem Ausmaß des Verstoßes auf Vorsatz geschlossen werden. Es sind vielmehr regelmäßig ergänzende Feststellungen zur Fahrweise des vorausfahrenden Fahrzeugs erforderlich, die ihrerseits zur Verringerung des Abstandes beigetragen haben könnten (abruptes Gaswegnehmen, Bremsen, plötzliches Ausscheren vor dem Betroffenen). Denkbar wäre auch, dass der Betroffene nur ganz kurz so dicht aufgefahren ist, weil er aufgrund der konkreten Verkehrssituation davon ausgehen durfte, der Vordermann werde. dem Rechtsfahrgebot folgend, die Überholspur unverzüglich freigeben (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 1 Ss 293/00 v. 12.02.2000).”
Der Vorwurf einer vorsätzlich begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit sollte nicht unwidersprochen hingenommen werden. Wie die Rechtsprechung der Obergerichte belegt, unterstellen sowohl die Bußgeldstellen als auch die Amtsgerichte gerne Vorsatz, ohne sich mit den konkreten Umständen auseinandergesetzt zu haben. Wenn sie wissen möchten, ob dies auch in ihrem Sachverhalt geschehen ist und wie Sie dagegen vorgehen können, fragen Sie uns! Wir regeln das!