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Matrix reloaded? Vorsicht beim Überholen einer Kolonne!

OLG Schleswig, Urteil vom 11.02.2025, Az. 7 U 14/24

Am 14.02.2024 ging es hier um ein Urteil des OLG Schleswig, in dem ein Abbiegeunfall mit einem links überholenden Fahrzeug im Mittelpunkt stand. Der damals zu entscheidende Sachverhalt unterschied sich vom aktuellen Fall allerdings dadurch, dass die beteiligten Fahrzeuge Pkws und nicht ein Pkw und ein Lkw waren. Zudem wollte der Fahrer des abbiegenden Fahrzeugs nicht nach links, sondern nach rechts in eine Einfahrt abbiegen. Zu dem Unfall kam es, als er zu diesem Zweck aus der Kolonne nach links ausscherte und deshalb mit dem Überholenden kollidierte.
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21.05.2025
ca. 3 Minuten
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Autokolonne bei Stau auf Landstraße

Anders als im vorherigen Fall kollidierten in dem hier zugrundeliegenden Sachverhalt ein LKW und ein PKW, der gerade dabei war, den LKW zu überholen, als dieser in eine Einfahrt auf der linken Straßenseite abbiegen wollte. Beiden Fällen war die unklare Verkehrslage gemeinsam.

Eine langsam fahrende Kolonne erfordert erhöhte Aufmerksamkeit!

Ein entscheidender Unterschied bestand darin, dass sich der Pkw-Fahrer einer erkennbar langsamer werdenden Kolonne aus einem Lkw und zwei Pkw genähert hatte. Er setzte unmittelbar und ohne vorheriges Abbremsen zum Überholen an, nachdem er mit höherer Geschwindigkeit auf die Kolonne aufgeschlossen hatte. Zur Kollision mit dem Lkw kam es, als der Pkw-Fahrer die Kolonne im Bereich vor einer ihm bekannten linksseitigen Einmündung überholte und dabei den eingeschalteten Blinker des Lkws übersah.

Die Verkehrslage war unklar!

Dem PKW-Fahrer wurde ein grober Verstoß gegen § 5 Abs. 3 StVO vorgeworfen, da er bei unklarer Verkehrslage überholt habe.

Für das Landgericht war entscheidend, dass die Annahme einer unklaren Verkehrslage insbesondere bei langsamer werdenden vorausfahrenden Fahrzeugen, beim Überholen einer Kolonne und bei Anzeichen für abbiegenden Verkehr in Betracht zu ziehen sei. Zudem sei er ortskundig gewesen und habe, da er die abzweigende Straße gekannt habe, schon wegen der langsamen Fahrt der Kolonne mit einem Abbiegen rechnen müssen. Der Verursachungsbeitrag wiege daher so schwer, dass die von dem Lkw ausgehende Betriebsgefahr vollständig dahinter zurücktrete.

Lkw-Fahrer sind zur doppelten Rückschau verpflichtet!

Das OLG Schleswig sah dies differenzierter, auch wenn es dem Landgericht im Grundsatz zustimmte,

Das OLG bemängelte jedoch, dass das Landgericht nicht berücksichtigt hatte, dass der Lkw-Fahrer vor dem Abbiegen nicht abgebremst hatte, sondern mit ca. 20 km/h quasi aus dem Stand heraus abgebogen war. Unabhängig davon, dass ein Abbremsen auf Schrittgeschwindigkeit die Gefährlichkeit des Abbiegevorgangs erheblich reduziert hätte, sei viel entscheidender, dass der Lkw-Fahrer den Pkw übersehen habe, weil er seiner doppelten Rückschaupflicht nicht in der gebotenen Weise nachgekommen sei.

Wäre dies der Fall gewesen, hätte er nicht nur den überholenden Pkw erkennen können, sondern auch den Abbiegevorgang. Denn das Überholmanöver fand nicht in einer Kurve, sondern im Bereich einer langen Geraden statt, wie die in Augenschein genommene Dashcam-Aufzeichnung zeigt.

Wäre die zweite Rückschau also nicht verfrüht, d.h. wenige Sekunden vor, sondern „rechtzeitig“ unmittelbar „vor dem Abbiegen“ im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO erfolgt, hätte der Lkw-Fahrer die Möglichkeit gehabt, den Abbiegevorgang abzubrechen bzw. das Abbiegen zu unterlassen. Die Kollision wäre dann möglicherweise vermeidbar gewesen.

Das grobe Verschulden des PKW Fahrers gab den Ausschlag!

Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 2 StVG ging das OLG Schleswig von einem überwiegenden Verschulden des Pkw-Fahrers aus. Dieser sei nicht nur bei unklarer Verkehrslage an einer Kolonne vorbeigefahren, sondern hätte bei sorgfältiger Fahrweise auch die Abbiegeabsicht des Lkw erkennen können. Angesichts dessen müsse er sich daher ein rücksichtsloses, gefährliches und unaufmerksames Verhalten vorwerfen lassen.

Der LKW haftete lediglich aus der Betriebsgefahr!

Den Lkw-Fahrer treffe dagegen nur ein geringes Verschulden. Er habe geblinkt, die Geschwindigkeit reduziert und Rückschau gehalten. Allerdings habe er die zweite Rückschau „unmittelbar vor dem Abbiegen“ versäumt. Nur deshalb könne die Betriebsgefahr des Lkw nicht vollständig zurücktreten.

Im Ergebnis ging das OLG Schleswig von einem Verhältnis der beiderseitigen Verursachungsbeiträge von 75 % zu 25 % zu Lasten des Beklagten aus.

Fazit

Auch dieses Urteil zeigt, dass es oft nur Kleinigkeiten sind, die über die Haftung entscheiden. Ob es sich dabei um eine kurze Unaufmerksamkeit oder – wie hier – um eine zweite Rückschau nicht unmittelbar vor dem Abbiegen, sondern „einige Sekunden zu früh“ handelt, spielt dabei keine Rolle.

Sollten Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt worden sein, kontaktieren sie uns unmittelbar!

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