Amtsgericht Berlin-Mitte, Beschluss vom 06.08.2025, Az. 112 C 42/25 V
Nachdem ein Versicherer den vollständigen Ersatz der Sachverständigenkosten verneint hatte, erhob der Sachverständige Klage auf Erstattung restlichen Sachverständigenhonorars. Das Gutachten war erforderlich geworden, nachdem die Geschädigte unverschuldet in einen Autounfall verwickelt worden war.
Die sogenannte Aktivlegitimation, also das Recht aus einem eigenen Anspruch klagen zu können, folgte daraus, dass der Geschädigte seine Forderungen gegen den Versicherer, soweit sie das Sachverständigenhonorar betrafen, an den Sachverständigen abgetreten hatte.
Die Klage war notwendig geworden, nachdem der Versicherer zwar einen Teil der Sachverständigenkosten in Höhe von 697,03 € brutto gezahlt, jedoch die Zahlung weiterer 477,50 € brutto verweigert hatte.
Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Grundsätze des Sachverständigenrisikos vollumfänglich Umfang anwendbar sind, wenn ein Geschädigter die geltend gemachten Gutachterkosten bereits an den Sachverständigen gezahlt hat.
Dasselbe gilt, wenn der Geschädigte die mit der Klage geltend gemachten Gutachterkosten noch nicht an den Sachverständigen gezahlt hat, aber die Zahlung der Gutachterkosten nicht an sich selbst, sondern an den Sachverständigen verlangt, z.B. Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (dieses Risiko betreffender) Regressansprüche gegen den Sachverständigen an den Versicherer.
Dagegen greifen die vom Bundesgerichtshof (BGH) entwickelten Grundsätze zum Sachverständigenrisiko (vgl. BGH-Urt. v. 12.03.2024 (VI ZR 280/22)) nicht, wenn die Forderung gegenüber dem Versicherer an den Sachverständigen abgetreten worden ist und dieser – aus abgetretenem Recht klagt.
In dieser Konstellation trägt der Abtretungsempfänger (d.h. der Sachverständige) das Risiko und das Gericht muss die Rechnung vollumfänglich prüfen.
Das Gericht hielt das vom Sachverständigen angesetzte Grundhonorar von 897,00 € netto – entsprechend rund 11 % der festgestellten Schadenshöhe von 8.443,08 € – für angemessen und ortsüblich (§ 632 Abs. 2 BGB), unabhängig davon, ob eine ausdrückliche Preisvereinbarung getroffen wurde. Die Heranziehung der BVSK-Honorartabelle 2022 sei jedenfalls branchenüblich.
Die Nebenkosten des Gutachtens waren ebenfalls erstattungsfähig. Bei der Schätzung stützte sich das Gericht auf die Regelungen des JVEG sowie die einschlägige Rechtsprechung. Als angemessen anerkannt wurden die Fotokosten von 36,00 € netto (für 18 Fotos à 2,00 €), eine Pauschale für Porto, Telefon und Schreibkosten von 15,00 € netto sowie EDV-Kosten von 14,00 € netto.
Die Einwände des Versicherers gegen die Anzahl der Fotos wies das Gericht zurück. Eine umfassende Dokumentation sei – insbesondere im Hinblick auf mögliche Einwendungen des Versicherer bezüglich Vorschäden oder des Schadensumfangs – unverzichtbar.
Entsprechend verurteilte das Gericht den Versicherer zur Zahlung der restlichen Gutachterkosten in Höhe von 477,50 Euro brutto sowie Zinsen gemäß §§ 286, 288, 291 BGB.
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