Amtsgericht Fulda, Urteil vom 22.08.2024, Az. 32 C 96/24
Nachdem Versicherer mit ihren Kürzungen gegenüber Geschädigten keinen Erfolg mehr haben, haben Sie die Strategie geändert und das Angriffsziel gewechselt. Ansonsten hat sich aber nichts geändert.
Die Rechnung wird an einen Prüfdienstleister geschickt, dort maschinell geprüft und gekürzt. Anschließend heißt es dann, die Werkstatt habe falsch abgerechnet und die Forderung zu hoch.
Das Problem ist nur, dass Prüfberichte wertlos sind, wie die Rechtsprechung vielfach bestätigt hat. Mit einem fachkundig erstellten Sachverständigengutachten sind sie jedenfalls nicht ansatzweise vergleichbar.
Folglich haben Werkstätten nichts zu befürchten, wenn sie die Reparatur so durchführen, wie es das Gutachten vorgibt. Viele Versicherer kümmert das aber nicht.
In einem kürzlich von uns gewonnenen Prozess hat der Versicherer behauptet, die Werkstatt habe Kleinteile doppelt abgerechnet, nämlich sowohl konkret als auch in einer Pauschale. Außerdem bestritt er die Notwendigkeit der Beilackierung.
Das Amtsgericht Fulda hat die Behauptungen ohne viele Worte vom Tisch gewischt und festgestellt, dass sich die Vergütung der Werkstatt nach dem erteilten Auftrag richtet. Wenn also ein Geschädigter der Werkstatt das Gutachten vorlegt und den Auftrag zur Reparatur „nach Gutachten“ erteilt, dann umfasst der Reparaturauftrag die vom Kfz-Sachverständigen vorgesehenen Reparaturleistungen und ist mit dem ermittelten Bruttowerklohn zu vergüten.
Hinsichtlich der Kleinteile stellte das Gericht zwar fest, dass die Abrechnung der Kleinteile nicht exakt den Angaben im Gutachten entsprach. Darauf kam es aber nicht an. Denn eine Abrechnung nach Einzelpositionen war nicht vereinbart. Auch bei einer nach Einzelpositionen abgerechneten Reparatur werden regelmäßig Materialien verbraucht, bei denen eine Abrechnung nach Einzelpositionen nicht möglich oder unwirtschaftlich ist.
Hinsichtlich der Beilackierung hatte der Sachverständige festgestellt, dass der Farbton nicht so getroffen werden konnte, dass kein Unterschied zu den angrenzenden Teilen erkennbar war. Er hatte daher die Beilackierung der angrenzenden Teile für erforderlich gehalten und auch kalkuliert.
Für das Gericht war damit klar: Der Werkstatt konnte kein Vorwurf gemacht werden. Sie hatte die Arbeiten nicht nur durchgeführt, sondern auch entsprechend dem Gutachten kalkuliert. Dass die Rechnung davon – hier sogar zum Vorteil des Versicherers – abwich, war unerheblich, da auch einem Sachverständigen ein gewisser Spielraum zuzubilligen ist. Die Regressklage war daher abzuweisen.
Das Urteil zeigt: Beauftragt ein Geschädigter die Reparatur „gemäß Gutachten“, kann der Werkstatt kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie die Reparatur entsprechend durchführt. Hinzu kommt, dass maschinell erstellte Prüfberichte Sachverständigengutachten nicht das Wasser reichen können und Werkstätten nicht zum Selbstkostenpreis für die Versicherungswirtschaft tätig sind. Überhaupt kann der Reparaturmarkt nur funktionieren, wenn Werkstätten profitabel arbeiten und Gewinne erzielen können!
Sollte ein Versicherer das anders sehen, kontaktieren Sie uns!
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