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Das Werkstattrisiko trägt der Versicherer!

AG Stade, Urteil vom 16.07.2025 – 61 C 192/25

Die Ausgangssituation war unspektakulär. Nach einem Verkehrsunfall mit klarer Verschuldenslage ließ die Geschädigte ihr Auto in einer Fachwerkstatt reparieren. Unspektakulär, da oftmals nicht anders zu erwarten, war auch, dass der Versicherer die Rechnung nicht vollständig bezahlen wollte.
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28.07.2025
ca. 2 Minuten
Richterhammer vor Büchern im Gerichtssaal

Ob dies wegen angeblich überhöhter Ansätze für Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt geschah, war dem Urteil nicht zu entnehmen. Schlimm war das jedoch nicht. Denn offensichtlich war, dass das Werkstattrisiko eine entscheidende Rolle spielte und der Versicherer zur Zahlung verurteilt wurde.

Interessant war dagegen, dass der Versicherer die im Vorfeld angebotene Abtretung der Rückgriffsansprüche gegen die Werkstatt nicht annahm, sondern der Geschädigten lediglich eine Freistellung anbot. An der Klage führte daher kein Weg vorbei.

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Geschädigte einen direkten Anspruch gegen die Versicherung hat (§ 7 StVG i. V. m. § 115 Abs. 1 S. 4 VVG). Die Zahlung konnte sie  auch direkt an die Werkstatt verlangen.

Werkstattrisiko und Erforderlichkeit der Kosten

Das Urteil hat die Grundsätze des Werkstattrisikos gut herausgearbeitet. Gibt ein Geschädigter sein Fahrzeug zur Reparatur in eine Fachwerkstatt und trifft ihn dabei weder ein Auswahl- noch ein Überwachungsverschulden, so hat der Versicherer des Unfallgegners auch die Kosten zu ersetzen, die sich nachträglich als unangemessen oder überhöht herausstellen.

Ob dies wegen nicht erbrachter Leistungen oder überhöhter Materialansätze erfolgt, ist dabei irrelevant. Maßgeblich ist die subjektbezogene Schadensbetrachtung, bei der der Geschädigte auf die ordnungsgemäße Leistung der Werkstatt vertrauen darf. Lediglich bei einem Auswahlverschulden oder kriminellem Zusammenwirken zwischen Werkstatt und Geschädigten sieht das anders aus.

Das AG Stade und der BGH liegen auf einer Linie!

Das AG Stade folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16.01.2024 – VI ZR 253/22). Zudem liegt es mit dem BGH auch dahingehend auf einer Linie, dass sich eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten im Schadensersatzprozess verbietet, solange der Schädiger das Werkstattrisiko trägt. Außerdem hat es klargestellt, dass ein Geschädigter, der die Reparaturrechnung nicht beglichen hat, die Zahlung der Reparaturkosten an die Werkstatt verlangen kann.

Prüfberichte sind ein untaugliches Mittel zum Versuch!

Der Versicherer versuchte, seine Position mit einem Prüfbericht zu stützen. Erfolg hatte er damit aber nicht. Denn abgesehen davon, dass er ein etwaiges Auswahlverschulden der Klägerin nicht darlegen konnte, datierte der Prüfbericht vom 26. 01.2024, der Reparaturauftrag war jedoch bereits am 05.01.2024 erteilt worden. Der Bericht war daher schon nicht geeignet, ein Auswahlverschulden der Klägerin zu belegen. Auch lagen keine Anzeichen für eine Preisüberschreitung oder Unwirtschaftlichkeit vor.

Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche

Die Klägerin hatte ihre Rückforderungsansprüche gegen die Werkstatt bereits Zug-um-Zug an den Versicherer abgetreten. Damit war der Versicherer gegenüber einer reinen Freistellungslösung nicht schlechter gestellt, da ihm die Möglichkeit offenstand, etwaige Rückforderungsansprüche direkt gegen die Werkstatt durchzusetzen. Ob dies angesichts des Prüfberichts erfolgreich sein wird darf allerdings bezweifelt werden. Jedenfalls ließ das Gericht eine Berufung nicht zu, da es keine grundsätzliche Bedeutung erkennen konnte.

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