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Neupreisentschädigung / Neuwertentschädigung

Informationen
15.10.2024

Wird ein Neuwagen durch einen Unfall erheblich beschädigt, muss sich dessen Eigentümer nicht zwingend mit der Erstattung der erforderlichen Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Ausgleichszahlung für den merkantilen Minderwert begnügen. 

Unter bestimmten Voraussetzungen hat er Anspruch auf die Neupreisentschädigung und kann den Ersatz der Kosten für die Beschaffung eines gleichwertigen Neufahrzeugs verlangen (vgl. BGH, Urt. v. 09.06.2009, Az. VI ZR 110/08)

Das Fahrzeug darf jedoch nicht älter als einen Monat und nicht mehr als 1.000 km gefahren sein. Ein erheblicher Schaden liegt vor, wenn die Karosserie oder das Fahrwerk des Fahrzeugs so stark beschädigt sind, dass sie in wesentlichen Teilen neu aufgebaut werden müssen und nicht nur Montageteile ersetzt werden müssen.

Dem BGH zufolge (Urt. v. 09.06.2009, Az. VI ZR 110/08), „ist eine erhebliche Beschädigung zu verneinen, wenn der Unfall lediglich Fahrzeugteile betroffen hat, die im Rahmen einer fachgerecht durchgeführten Reparatur spurenlos ausgewechselt werden können, und die Funktionstüchtigkeit und die Sicherheitseigenschaften des Fahrzeugs, insbesondere die Karosseriesteifigkeit und das Deformationsverhalten nicht beeinträchtigt sind (wie beispielsweise bei der Beschädigung von Anbauteilen wie Türen, Scheiben, Stoßstangen, etc.).“  

Hingegen ist eine erhebliche Beschädigung regelmäßig dann anzunehmen, wenn die fachgerechte Instandsetzung tragender oder sicherheitsrelevanter Teile, insbesondere das Fahrzeugchassis, nicht völlig unerhebliche Richt- oder Schweißarbeiten am Fahrzeug erfordert (vgl. OLG Celle, Urt. v. 20.06.2002, Az. 14 U 209/01; v. 19.06.2003,  Az. 14 U 268/02 ).

In einem Urteil des LG Mönchengladbach heißt es z.B.: “Ist ein Fahrzeug erst 15 Tage alt und weist es eine Laufleistung von nur 412 km auf, so kann der Geschädigte den durch einen Verkehrsunfall erlittenen Fahrzeugschaden auch dann auf Neuwagenbasis abrechnen, wenn lediglich ein Heckabschlussblech neu eingeschweißt und eine neue Fahrzeug-Ident-Nummer eingeschlagen wird und diese Reparaturarbeiten bei sorgfältigster Reparatur nur von einem Fachmann erkannt werden können. Die Beschädigung ist angesichts der Reparaturkosten von 1.698,81 € (= 13% des Neupreises) insbesondere deshalb als erheblich anzusehen, weil durch die Schweißarbeiten die Herstellergarantie hinsichtlich des werksseitigen Korrosionsschutzes entfallen kann” (LG Mönchengladbach, Urt. v. 25.10.2005, Az. 5 S 53/05). Das Urteil nimmt dabei u.a. Bezug auf das OLG Zweibrücken (Urt. v. 21.04.1999, Az. 1 U 228/88; v. 28.01.2004, Az. 1 U 136/03), wonach ein Geschädigte beim Einschweißen des Rückwandbleches auch bei technisch einwandfreier Reparatur auf Neuwagenbasis abrechnen kann.

Zudem muss der Geschädigte sein Interesse am Eigentum und an der Nutzung eines Neufahrzeugs durch den Kauf eines Neufahrzeugs nachgewiesen haben (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.2020, Az. VI ZR 271/19).

Neupreisentschädigung in der Kaskoversicherung

 In der Kaskoversicherung sind die Bedingungen des Versicherungsvertrages von entscheidender Bedeutung. So hat z.B. das  LG Offenburg (Urt. v. 30.10.2020, Az. 2 O 131/20, m.w.N.) entschieden, dass dann, wenn die Bedingungen einen Anspruch auf Zahlung der Neupreisentschädigung nur für Lkw über 3,5 t zulässige Gesamtmasse sowie Pkw unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen vorsehen, Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung bis zu 3,5 t mit der Aufbauart Van  nicht unter die Neupreisentschädigungsklausel fallen.

Verspricht ein Versicherer, im Schadensfall anstelle des Wiederbeschaffungswertes den Neupreis zu zahlen, wenn innerhalb von 36 Monaten nach Erstzulassung des Fahrzeugs ein Totalschaden oder der Verlust des Fahrzeugs eintritt, dann ist hierfür die Definition des Totalschadens in den vereinbarten Bedingungen entscheidend.

Hier gelten die allgemeinen Maßstäbe des Versicherungsvertragsrechts und die Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie versteht. Entscheidend ist dabei, was ein Versicherungsnehmer ohne Spezialkenntnisse versteht und was er will. Dabei ist in erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind

Das OLG Hamm hat hierzu festgestellt, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer neben dem Wortlaut der Klausel für die Neupreisentschädigung hinsichtlich des Begriffs „Totalschaden“ die für den Versicherungszweig der Kaskoversicherung maßgeblichen Versicherungsbedingungen in den Blick nehmen und erkennen wird, dass der Begriff dort eindeutig und losgelöst von den für das Haftpflichtrecht maßgeblichen Grundsätzen eigenständig definiert ist (OLG Hamm, Urt. v. 24.06.2021, Az. 20 U 96/21).

In Bezug auf die Klausel ist festzuhalten, dass diese wirksam in den Versicherungsvertrag einbezogen sein und einer Inhaltskontrolle standhalten muss. Einzelfallabhängig kann daher auch ein anderes Ergebnis möglich sein.

 Übrigens

Macht der Versicherungsnehmer eine Neuwertentschädigung geltend, ist die falsche Angabe der Gesamtlaufleistung eines PKW unerheblich und wirkt sich nicht zum Nachteil des Versicherers aus (OLG Dresden, Beschl. v. 08.08.2022, Az. 4 U 87/22).

Ist in den Bedingungen einer Kasko-Versicherung eine Kfz-Entschädigung zum Neupreis vereinbart, sind für dessen Höhe ort- und marktübliche Rabatte heranzuziehen. Ob der Versicherungsnehmer bei dem Erwerb eines Ersatzfahrzeugs tatsächlich einen Rabatt erhalten hat, ist unerheblich (OLG Dresden, Beschl. v. 24.10.2022, Az. 4 U 1545/2).

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Ansprechpartner

Olaf Theile

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