Auch für Anhänger gilt die verschuldensunabhängige Haftung aus der Betriebsgefahr. Voraussetzung ist auch hier, „dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung steht.“ (vgl. BGH vom 21.01.2014, Az. VI ZR 253/13). Die Art des Anhängers spielt dabei grundsätzlich keine Rolle.
An diesem Bezug fehlt es z.B., wenn der Anhänger außerhalb des allgemein zugänglichen Verkehrsraums abgestellt ist (vgl. BGH vom 27.05.1975, Az. VI ZR 95/74). Wer z.B. im Bereich eines Volksfestes gegen die ausgestellte Klappe des Getränkeausschanks stößt (OLG Saarbrücken vom 03.11.2009, Az. 4 U 238/09) oder durch die herabfallende Deichsel eines dort abgestellten Wohnanhängers einen Schaden erleidet (OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 08.04.2014, Az. 1 U 1206/13), hat keinen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG.
Dem BGH zufolge ist es indes unerheblich, ob sich der Unfall im privaten oder öffentlichen Verkehrsraum ereignete. Der gefestigten Rechtsprechung des VI Zivilsenats des BGH zufolge, erfordert der Betrieb eines Fahrzeugs im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG zwar nicht seinen Einsatz auf öffentlicher Verkehrsfläche (BGH, Urt. v. 24.03.2015, Az. VI ZR 265/14, m.w.N.). Der Betrieb ist allerdings erst dann als unterbrochen oder beendet zu betrachten, „wenn das Fahrzeug von der Fahrbahn gezogen und an einem Ort außerhalb des allgemeinen Verkehrs aufgestellt wird.“ Wenn ein – auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz abgestellter – Sattelauflieger durch starken Seitenwind in Bewegung gerät und ein daneben geparktes Fahrzeug beschädigt, so ist auch dieser Schaden dem Betrieb des Anhängers zuzurechnen (BGH, Urt. v. 11. 02.2020, Az. VI ZR 286/19).
Ein Lastzug – verschiedene Versicherer
Sollten Zugmaschine und Sattelauflieger bei unterschiedlichen Haftpflichtversicherern versichert sein, hat der Versicherer der Zugmaschine Anspruch auf anteilige Erstattung des von ihm erbrachten Regulierungsbetrags (BGH, Urt. vom 04. Juli 2018, Az. IV ZR 121/17). Siehe hierzu auch: Zum Innenausgleich unterschiedlicher Versicherer eines LKW-Gespanns im Schadensfall.
Neuregelung der Haftungsbestimmungen zum 17.07.2020
Nachdem das Bundeskabinett in seiner Sitzung vom 08.01.2020 die Reform der Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr beschlossen hatte, trat das Gesetz zur Haftung bei Unfällen im Straßenverkehr am 17.07.2020 in Kraft.
Das Gesetz ändert die Haftung bei Unfällen mit Anhängern dahingehend, dass jetzt der Versicherer des Zugfahrzeugs eintrittspflichtig ist. Die Änderung gilt unterschiedslos sowohl für LKW-Gespanne und Sattelzüge als auch Wohnwagengespanne oder andere Freizeitanhänger.
Warum wurde die Haftung neu geregelt?
Dem Referentenentwurf zufolge, hatte die alte Rechtslage zu einer Steigerung der Versicherungsprämien in der Anhängerhaftpflichtversicherung und somit der Betriebskosten für Anhänger geführt. Zudem warf sie „erhebliche Probleme bei der Abrechnung mit Anhängerhaltern und ihren Versicherern aus Staaten auf, deren Rechtsordnungen eine Pflichtversicherung für Anhängerhalter nicht vorsehen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird aber auch den von den Fahrzeugen des Gespanns jeweils gesetzten Betriebsgefahren zumeist nicht gerecht.“
Was bewirkt die Neuregelung?
Die Neuregelung schreibt die Haftungsverteilung der Fahrzeughalter bei Gespannen im Innenverhältnis ausdrücklich fest und passt die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit an die bei einem Gespannunfall von den beteiligten Haltern jeweils gesetzten Gefahren an.
Damit wird – wenn ein Gespann an dem Unfall beteiligt ist – für die Halter von Zugfahrzeug und Anhänger zu der Regulierungspraxis vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.10.2010 (Az. IV ZR 279/08) zurückgekehrt. Dem Urteil zufolge hatten „bei der Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger im Regelfalle nach einem durch das Gespann verursachten Schaden der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeugs und der des Anhängers den Schaden im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen”.
Für die Halter von Zugfahrzeug und Anhänger gilt ein Regel-Ausnahme-Grundsatz.
Die Haftung der Halter von Anhänger und Zugfahrzeug im Innenverhältnis betreffend, bestimmt die Neuregelung ausdrücklich, dass „der Schaden weiterer Unfallbeteiligter grundsätzlich vom Halter des Zugfahrzeugs zu tragen ist.“ Etwas anders soll nur dann gelten, wenn der Anhänger gefahrerhöhend gewirkt hat. Das bloße Ziehen des Anhängers reicht dazu im Allgemeinen nicht aus. Für abgestellte, führerlose Anhänger ordnet § 19 Abs. 3 STVG die entsprechende Anwendung des § 18 StVG an.
Zur früheren Rechtslage: Zum Innenausgleich unterschiedlicher Versicherer eines LKW-Gespanns im Schadensfall.
Das Versicherungsvertragsgesetz wurde ebenfalls angepasst
Sofern zwei Versicherer beteiligt sind, z.B. wenn ein Gespann einen Schaden verursacht und Zugfahrzeug und Anhänger bei unterschiedlichen Versicherern versichert sind, sind im Regelfall beide dem geschädigten Dritten gegenüber zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet.
Im Innenverhältnis verpflichtet § 78 Absatz 2 VVG die Versicherer von Zugfahrzeug und Anhänger dazu, im Verhältnis zueinander, zu Anteilen nach Maßgabe der Beträge, die Leistung zu erbringen, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen haben. Im Regelfall bedeutet dies, dass grundsätzlich jeder Versicherer die Hälfte des Schadens zu tragen hat.
Für den Fall, dass sich aus haftungsrechtlichen Regelungen eine andere Haftungsverteilung ergeben sollte, stellt der neu eingefügte § 78 Absatz 3 VVG – für den Innenausgleich der Versicherer – ausdrücklich auf die Haftungsverteilung gemäß § 19 Abs. 4 StVG ab.
Historie / Gesetz zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr
Regierungsentwurf vom 16.03.2020