Sturmschäden bezahlt die Teilkaskoversicherung
Gemäß Ziffer A.2.2.1.3 der Musterbedingungen des GDV, an denen sich viele Versicherungsunternehmen orientieren, sind Elementarschäden durch die Teilkaskoversicherung gedeckt. Dies gilt zumindest dann, wenn sie auf die die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug zurückzuführen sind.
Als Sturm gilt eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Entscheidend ist, dass die Schäden durch Gegenstände verursacht worden sind, die durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind, sind ausgeschlossen. Das kann z.B. vorliegen, wenn das Fahrzeug in eine Wasserlache hineingefahren (s.a. Wasserschlag) oder in einem – bekanntermaßen überflutungsgefährdeten – Gebiet abgestellt wird.
Auch Grundstückeigentümer können haften!
Wird ein vor einem Haus geparktes Fahrzeug – z. B. durch herabfallende Dachziegel – beschädigt, kann der Fahrzeughalter Ansprüche gegen den Hauseigentümer bzw. dessen Haftpflichtversicherer geltend machen. Denn ein ordnungsgemäß eingedecktes und gewartetes Dach muss selbst Windstärken von 12 bis 13 Beaufort standhalten, ohne dass sich Teile lösen (BGH, Urt. v. 23.03.1993, Az. VI ZR 176/92). Wenn sich dennoch Teile lösen, spricht zumindest ein erster Anschein dafür, dass der Grundstückseigentümer seinen Prüf- und Unterhaltspflichten nicht in hinreichendem Umfang nachgekommen ist (vgl. AG Aachen, Urt. v. 31.08.2006, Az. 80 C 471/05).
Laut Rechtsprechung müssen Dächer – zumindest bei älteren Gebäuden – mindestens einmal im Jahr und insbesondere nach heftigeren Wetterereignissen überprüft werden. Die Intensität der Prüfung muss dabei über eine oberflächliche Sichtprüfung hinausgehen (OLG Köln, Urt. v. 05.02.2004, Az. 12 U 112/03). Wer sich als Grundstückseigentümer entlasten will, sollte nachweisen können, dass er z.B. eine Fachfirma mit der regelmäßigen Überprüfung des Daches beauftragt hat (OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2002, Az. 22 U 76/02).
Was ist bei Schäden durch umgestürzte Bäume?
Wenn ein umstürzender Baum ein Fahrzeug auf einem gemieteten Stellplatz beschädigt, kommt eine Haftung des Grundeigentümers sowohl auf vertraglicher Grundlage (hier: Stellplatzmiete) als auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht in Betracht (AG Hannover, Urt. v. 17.01.2017, Az. 483 C 6691/16).
Allerdings reicht es auch bei Schäden durch herabfallende Äste nicht aus, lediglich zu behaupten, dass der Schadensfall durch vorbeugende Maßnahmen hätte verhindert werden können. Geschädigte müssen auch hier darlegen und beweisen, dass selbst wenn eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des für die Pflege des schadensverursachenden Baumes Verantwortlichen vermutet werden kann und dass bei einer ordnungsgemäßen Kontrolle des Baumes die Schädigung des Baumes erkannt und die Gefahr beseitigt worden wäre (BGH, Urteil vom 04.03.2004, Az. Ill ZR 225/03; Landgericht Coburg, Urteil vom 05.10.2024, Az. 11 O 76/21).
Der direkte Zusammenhang entscheidet!
Bleiben abgebrochene Äste aber zunächst im Baum hängen und fallen erst Stunden später auf ein darunter stehendes Fahrzeug, dürfte es an einem unmittelbaren Zusammenhang fehlen (AG Bremen v. 16.01.2015, Az. 7 C 323/14). Schwierig wird es auch für denjenigen, der gegen einen auf der Straße liegenden Gegenstand fährt, den der Sturm schon vor längerer Zeit dorthin geworfen hat (OLG Celle v. 14.07.1978, Az. 8 U 3/78).
Aufsteller vagabundierender Container und verwehter Toilettenhäuschen können haften!
Wenn umgewehte oder „wandernde“ Abfallbehälter Fahrzeuge beschädigen, kommt eine Haftung des Aufstellungs- oder Wartungsunternehmens in Betracht. Entscheidend ist, dass die Verantwortlichen wissen, dass sich der Behälter bei Sturm lösen kann, ihn aber nicht sichern. Macht sich der Container dann selbstständig und stößt gegen Fahrzeuge, haben deren Eigentümer Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens (AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 28.04.2016, Az. 913 C 322/14). Diese Konstellation dürfte im Übrigen nicht nur für Abfallcontainer relevant sein, sondern beispielsweise auch für Altkleider- oder Papiercontainer, die häufig ungesichert am Straßenrand oder auf Parkplätzen aufgestellt werden.
Was für Container gilt, gilt auch für mobile Toilettenkabinen. Auch diese sind ausreichend gegen Umstürzen auf die Fahrbahn und Wegwehen durch Sturm zu sichern. Dies kann sowohl durch die Wahl eines geeigneteren Aufstellungsortes als auch durch Bodenverankerungen erfolgen. Wer Sicherungsmaßnahmen unterlässt haftet, wenn das Häuschen bei einer Windstärke von 10 Bft verweht wird oder umkippt und z.B. ein davor abgestelltes Fahrzeug beschädigt.
Einem Urteil des LG Osnabrück vom 10.07.2019 (Az. 4 S 125/19) zufolge, kann ein außergewöhnliches Naturereignis erst bei Windstärken im mittleren Bereich von 14 Beaufort anerkannt werden (LG Dortmund, Urt. v. 27.04.2017, Az. 11 S 72/16). Eine Windstärke von 10 Beaufort stellt jedenfalls kein außergewöhnliches Naturereignis dar, welches die Haftung eines Gebäudeunterhaltungspflichtigen oder sonst Verkehrssicherungspflichtigen ausschließen könnte (OLG Stuttgart, Urt. v. 13.11.2016, Az. 4 U 97/16).
Allerdings haftet ein Besitzer bzw. der zur Sicherung eines Toilettenhäuschens Verpflichtete grundsätzlich nicht für Schäden, die durch das Umstürzen des Häuschens aufgrund eines Orkans entstehen, wenn das Häuschen über ein Eigengewicht verfügt, welches ein Umstürzen bei normalen Witterungsverhältnissen unmöglich macht. Das AG Ratingen (Urt. v. 21.12.1990, Az. 8 C 1768/90) und das LG Köln (Urt. v. 14. 10.2008, Az. 11 S 421/07) haben Fahrzeughaltern ein Mitverschulden angerechnet, nachdem diese das Fahrzeug trotz Kenntnis um einen Sturm bzw. einen drohenden Orkan neben dem Häuschen abgestellt hatten.
Wer haftet bei sturmbedingten Verkehrsunfällen?
Kommt es zu einem Unfall, weil Seitenwinde Wohnmobile, Lastkraftwagen oder Wohnwagengespanne aus der Spur drängen oder am Straßenrand geparkte Fahrzeuge umwerfen, ist entscheidend, ob höhere Gewalt vorliegt oder ob der Unfall dem Betrieb des Fahrzeugs zuzurechnen ist. Eine Leistung des Versicherers gibt es nach § 7 Abs. 1 StVG nur, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verursacht worden ist. Versicherer versuchen sich daher gerne mit dem Hinweis auf Höhere Gewalt aus der Affäre zu ziehen (vgl. LG Flensburg v. 18.12.1987, Az. 7 S 85/87). Trifft der Sturm oder das Unwetter unvorhergesehen ein, hat der Versicherer damit in aller Regel aber schlechte Karten. Anders sieht es aus, wenn aufgrund von Warnungen oder Vorhersagen mit dem Wetterereignis zu rechnen war (vgl. AG Ottweiler v. 12.05.2009, Az. 2 C 187/08).
Der direkte Zusammenhang entscheidet!
Die Teilkaskoversicherung zahlt übrigens auch dann nicht, wenn der Fahrer bei einer Sturmböe gegenlenkt und dabei die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert. Die Gerichte begründen das Fehlen des erforderlichen Zusammenhangs zwischen Sturmeinwirkung und Unfallschaden damit, dass erst die Handlung des Fahrers und nicht bereits der Sturm den Schaden verursacht hat (vgl. OLG Hamm v. 15.06.1988, Az. 20 U 261/87). Anders verhält es sich, wenn eine Sturmböe unmittelbar zum Unfall geführt hat (LG Rostock v. 25.07.2003, Az. 3 O 421/02).
Was gilt für die Darlegungslast?
Das OLG Saarbrücken hat in einem Urteil 09.10.2020 (Az. 5 U 61/19) ausgeführt, dass „zur schlüssigen Darlegung des Versicherungsfalles „Sturm“ die Behauptung des Versicherungsnehmers (ausreicht), versicherte Sachen seien zu einem konkreten Zeitpunkt nach einer der in den Versicherungsbedingungen genannten Alternativen durch Sturm (Windstärke 8 Bft.) zerstört oder beschädigt worden. Weitergehender Vortrag auch zu den in den Bedingungen gewährten Beweiserleichterungen, bei deren Vorliegen ein Sturm unterstellt wird, ist dazu nicht erforderlich“.
Bei Vorliegen von Vorschäden (hier an einem Gartenzaun) ist der Nachweis einer Mitursächlichkeit eines Sturms für Substanzschäden an der versicherten Sache erbracht, wenn feststeht, dass die Windstärke am Schadensort 8 Bft betragen hat (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 21.20.2020, Az. 1 U 181/19).
Einem Beschluss des des OLG Nürnberg vom 25.06.2024 (Az. 8 U 775/24) zufolge, muss ein Versicherungsnehmer, wenn er sich auf Schäden Sturm beruft, die durch einen Sturm verursacht worden sein sollen “darlegen und beweisen, dass zum Zeitpunkt der Beschädigung tatsächlich ein Sturm mit der entsprechenden Windstärke geherrscht hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die geltend gemachten Schäden grundsätzlich durch eine bestimmte Naturgewalt verursacht worden sein können, sondern ob dies im konkreten Fall so war. Ist dies zweifelhaft und kommen andere Ursachen in Betracht, muss der Versicherungsnehmer den vollen Beweis führen. Beweiserleichterungen kommen ihm nicht zugute.
Demnach muss er einen Lebenssachverhalt darlegen, aus dem sich ergibt, dass die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache für den eingetretenen Schaden gewesen ist, also eine andere Unfallursache ausscheidet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder andere Möglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens oder aus sonstigen Gründen eine größere Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.07.2000, Az. 12 U 311/99.)”