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Sekundenschlaf bedeutet nicht zwingend grobe Fahrlässigkeit!

Müdigkeit am Lenkrad ist kein unbekanntes Phänomen und müdigkeitsbedingte Unfälle sind leider auch keine Ausnahmeerscheinung. Umso wichtiger ist es, das Phänomen des Sekundenschlafes ernst zu nehmen.
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13.09.2023
ca. 2 Minuten
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Bei erkennbaren Ermüdungsanzeichen kann zwar auch ein Zustand der Fahruntüchtigkeit vorliegen (z.B. OLG Celle, Urt. v. 01.07.2020, Az. 14 U 8/20; LG Leipzig, Beschl. v. 06.04.2020, Az. 6 Qs 22/20) und Gerichte stufen Übermüdung regelmäßig als geistigen oder körperlichen Mangel im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 1b StGB ein und folgern daraus auf eine fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB.

Führt Sekundenschlaf stets zum Entzug der Fahrerlaubnis?

Aber selbst wenn es infolge von Übermüdung bzw. einem Schwäche-/Ohnmachtsanfall zu einem Unfall gekommen sein sollte, muss dies nicht zwingend auch die Entziehung der Fahrerlaubnis bedeuten.  Selbst die Tatsache, dass ein Fahrzeugführer „Schlafapnoiker“ ist, muss – für sich alleine – noch nicht den dringenden Verdacht der Ungeeignetheit begründen (LG Traunstein, Beschl. v. 08.07.2011, Az. 1 Qs 225/11. Dasselbe gilt bei einem plötzlichen Blackout infolge von Unterzuckerung (LG Potsdam, Beschl. v. 07.07.2021, Az. 25 Qs 42/21 ).

Angesichts der gravierenden Konsequenzen, die ein Entzug Fahrerlaubnis mit sich bringt, reicht Sekundenschlaf alleine nicht aus. Vielmehr muss zuvor auch ein gravierender Übermüdungszustand vorgelegen haben, bei dem der Fahrzeugführer die Symptome für einen drohenden Sekundenschlaf bei sorgfältiger Selbstbeobachtung hätte erkennen und deuten können müssen, sich aber bewusst über die Warnzeichen hinweggesetzt hat (vgl. BayOLG, Urt. v. 18.08.2013, Az. St RR 67/ 03).

Sekundenschlaf ist nicht immer vorhersehbar!

Das OLG Celle hat in seinem Urteil dargelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen bei Sekundenschlaf grobe Fahrlässigkeit angenommen werden kann.

Unter Fortführung der bisherigen Rechtsprechung hat es insbesondere bestätigt, dass der Fahrlässigkeitsvorwurf stets individuell beurteilt werden muss. Denn ein Erfahrungssatz, wonach Sekundenschlaf sich stets durch intensive Übermüdungszeichen ankündigt fehlt (s.a. AG Düsseldorf, Urt. v. 05.11.2010, Az. 44 C 10657/09).

Im Gegensatz zu einem einfach fahrlässigen Sekundenschlaf, der nicht vorhersehbar sein muss, verbleibt für grob fahrlässiges Verhalten nur Raum, wenn neben der Müdigkeit insbesondere auch ein subjektiv nicht entschuldbarer Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorliegt. Explizit führt das Gericht hierzu aus, dass der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit voraussetzt, dass der Fahrer sich bewusst über von ihm erkannte Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt, d.h. sie ignoriert hat (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 31.02.2007, Az. I ZR 166/04).  

So hat z.B. das Landgericht Wiesbaden (Beschl. v. 22.06.2015, Az. 1 Qs 61/15) konstatiert,” ein Kraftfahrer nimmt, bevor er am Steuer einschläft, stets deutliche Zeichen der Übermüdung an sich wahr oder kann diese zumindest wahrnehmen. Dies beruht auf der in den berufenen Fachkreisen gesicherten Kenntnis, dass ein gesunder, bislang hellwacher Mensch nicht plötzlich von einer Müdigkeit überfallen wird” und dabei Bezug auf einen Beschluss des BGH (Az. 4 StR 66/69 v. 18.11.1969) genommen. 

Fazit

Sekundenschlaf ist weder stets vorhersehbar noch sind objektiv vorhandene Übermüdungserscheinungen stets subjektiv zwingend wahrnehmbar. Auch hier kommt sind also die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Wenn es infolge von Sekundenschlaf zu einem Unfall kommt, kann daher auch einfache Fahrlässigkeit vorliegen. Wer sich mit dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit konfrontiert sieht, sollte daher unbedingt und umgehend einen Anwalt hinzuziehen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Regeln des Anscheinsbeweises hier nicht greifen, sodass ein positiver Nachweis unverzichtbar ist.

Schließlich macht es einen Unterschied, ob ein Unfall grob oder nur einfach fahrlässig verursacht wurde.

Sprechen Sie mit uns! Voigt regelt! 

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