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Beweise sind vollständig zu erheben!

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und der Grundsatz, dass Gerichte die Wahrheit erforschen müssen bevor sie ein Urteil erlassen, gelten auch im Bußgeldverfahren. Gerichte können Beweisanträge daher zwar ablehnen, wenn die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sind (§ 77 Abs. 2 OwiG). Die Ablehnung ist im Zweifel aber […]
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29.01.2021
ca. 2 Minuten
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und der Grundsatz, dass Gerichte die Wahrheit erforschen müssen bevor sie ein Urteil erlassen, gelten auch im Bußgeldverfahren. Gerichte können Beweisanträge daher zwar ablehnen, wenn die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sind (§ 77 Abs. 2 OwiG). Die Ablehnung ist im Zweifel aber näher zu begründen. Unterbleibt dies, steht den Betroffenen das Mittel der Rechtsbeschwerde zur Verfügung.
Was war passiert?
Ein Autofahrer war zu einer Geldbuße verurteilt worden, weil sein 7-jährer Sohn (Körpergröße unter 135,5 cm) angeblich ohne Kindersitz oder Sitzerhöhung auf der Rückbank gesessen haben sollte, wie dies nach § 21 StVO erforderlich gewesen wäre. Zum Beweis des Gegenteils hatte der Autofahrer angeboten den Bruder zu vernehmen, der ebenfalls auf der Rückbank gesessen hatte. Diesen Beweisantrag hatte das Gericht aber pauschal mit der Begründung abgelehnt, dass der kontrollierende Polizeibeamte bereits vernommen worden und die Vernehmung des Bruders zur Erforschung der Wahrheit daher nicht erforderlich sei.
Auch Entlastungszeugen müssen vernommen werden!
Der Autofahrer legte Rechtsbeschwerde ein und begründete diese nachvollziehbar mit der Versagung des rechtlichen Gehörs. Der Beweisantrag war ja ordnungsgemäß (§ 244 Abs. 3 StPO) und mit einem klar erkennbaren Beweisbegehren gestellt worden. Schließlich war der Bruder ein unmittelbarer Tatzeuge, der sich auch gleichzeitig am Tatort aufgehalten hatte und dessen Wahrnehmungsmöglichkeiten zum Zeitpunkt der Antragsstellung nicht zweifelhaft waren (vgl. hierzu: BGH, Beschl. v. 24.03.2014,  Az.: 5 StR 2/14). Seine Vernehmung hätte daher zur Entlastung des Betroffenen beitragen können.
Pauschale Ausführungen reichen nicht!
Das OLG Karlsruhe sah dies genauso. Der Hinweis darauf, dass der Polizeibeamte (als Belastungszeuge) bereits vernommen worden und die Vernehmung eines weiteren (Entlastungs)zeugen nicht mehr erforderlich gewesen sei, reichte ihm als Begründung nicht. Das Amtsgericht hätte nur dann auf gesonderte Ausführungen verzichten können, wenn bereits im Vorfeld klar gewesen wäre, dass die zusätzlich beantragte Beweiserhebung an der Überzeugung des Gerichts nichts geändert hätte und sie deshalb für die Aufklärung daher entbehrlich gewesen wäre. Ob dem so war, konnte den Ausführungen des Gerichts aber nicht entnommen werden.
Die Sache wurde zurückverwiesen
Folglich kam das OLG zu dem Schluss, dass die Vernehmung des Entlastungszeugen nicht pauschal mit der Begründung abgelehnt konnte, dass das Gegenteil der behaupteten und unter Beweis gestellten Tatsache durch die Aussagen der bisherigen Belastungszeugen bereits erwiesen gewesen sei. Da dem aber wohl nicht so war und das Amtsgericht die Tatsachen nur unvollständig erhoben hatte, mussten weitere Feststellungen getroffen und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen werden.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Beweisanträge werden immer wieder mit der Begründung abgelehnt, der Sachverhalt sei bereits klar erwiesen. Es soll hier nicht in Abrede gestellt werden, dass sich der Sachverhalt sich bereits nach der Vernehmung eines Teils der Zeugen schlüssig darstellen kann. Ob dies aber tatsächlich der Wirklichkeit entspricht, lässt sich oftmals Regel aber nur durch die Vernehmung sowohl der Be-, als auch der Entlastungszeugen ermitteln. Werden Beweisanträge ohne hinreichende Begründung abgelehnt, liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nahe und die Einlegung einer Rechtsbeschwerde sollte geprüft werden.
Die Anwälte der Kanzlei Voigt stehen Ihnen auch hier zur Seite!

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