VG Aachen, Urteil vom 30. März 2021, Az. 10 K 1571/19
Verkehrszeichen sind nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz so aufzustellen oder anzubringen, dass sie ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon “mit einem raschen und beiläufigen Blick” erfassen kann (VG Aachen, Urteil vom 30. März 2021, Az. 10 K 1571/19); BVerwG, Urteil vom 06. April 2016, Az. 3 C 10/15).
Wird dieser Grundsatz beachtet, äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Es handelt sich um eine besondere Form der öffentlichen Bekanntmachung. Wer sein Auto abstellt, sollte dies daher nicht “blind” und im Vertrauen darauf tun, dass der Parkplatz nicht von einem sich daher sicherheitshalber über die Beschilderung der letzten 30 Meter des zurückliegenden Straßenstücks vergewissern.
Was war passiert?
In einer Straße wurden mobile Verkehrszeichen aufgestellt, die für den gesamten Bereich ein fünftägiges absolutes Halteverbot anordneten. Ein Autofahrer hatte diese Schilder übersehen und sein Auto vor seinem Haus – im absoluten Halteverbot – geparkt. Mitarbeiter der Stadt veranlassten, dass das Fahrzeug abgeschleppt wurde. Der Autofahrer hatte durch das Fenster seiner Wohnung zwar etwas blinken gesehen und dem Mitarbeiter gesagt, er werde sich umziehen und das Auto dann umgehend entfernen. Als er aber nach ca. 7 Minuten nicht erschienen war, wurde das Fahrzeug dennoch abgeschleppt. Die Kosten wurden mit 144,91 Euro festgesetzt. Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Autofahrer Klage vor dem VG Koblenz. Er behauptete, auf der von ihm befahrenen Strecke sei kein Halteverbotsschild erkennbar gewesen. Die Maßnahme sei daher rechtswidrig.
Das VG Koblenz hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.10.2018 – Az. 5 K 782/18.KO.) Das Gericht hielt die Schilder für ausreichend erkennbar und stufte das absolute Halteverbot als wirksam angeordnet ein. Begründet hat es dies damit, dass die Anforderungen an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr regeln, geringer seien, als für solche im fließenden Verkehr. Wer sein Auto abstellen will oder bereits abgestellt habe, müsse daher sich über die Beschilderung vergewissern. Dies sei auch zumutbar. Der Autofahrer hätte sich daher nach dem Verlassen seines Fahrzeugs entsprechend umschauen müssen. In diesem Fall hätte er sowohl das – zehn Meter hinter dem Auto aufgestellte – Halteverbotsschild als auch die Schilder auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite problemlos erkennen können.
Das Gericht wertete die Abschleppmaßnahme auch als verhältnismäßig. Da die Verkehrssituation sehr angespannt gewesen sei, habe – nach einer Wartezeit von ca. sieben Minuten – nicht weiter auf den Kläger gewartet werden müssen. Da auch die Höhe der festgesetzten Gebühren angemessen gewesen sei, sei angefochtene Gebührenbescheid insgesamt rechtmäßig.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass – z.B. wegen anstehender Bauarbeiten – Halteverbotszonen mit mobilen Schildern eingerichtet werden. Für diejenigen, deren ursprünglich erlaubt geparktes Fahrzeug aus einer nachträglich eingerichteten Haltverbotszone abgeschleppt worden ist gilt, dass sie die Kosten nur tragen müssen, wenn das Verkehrszeichen mit einer Vorlaufzeit von mindestens drei vollen Tagen aufgestellt worden ist. Denn nur ein solcher Vorlauf deckt auch eine typische Wochenendabwesenheit ab (BVerwG, Urt. v. 24.05.2018, Az. 3 C 25/16). Wer verhindern möchte, dass Abschleppkosten oder Bußgeldbescheide das Budget beeinträchtigen, sollte sich nach dem Abstellen nochmals umschauen, ob er sein Fahrzeug am Abstellort auch wirklich parken darf. Ob eine Abschleppmaßnahme und ein damit verbundener Gebührenbescheid rechtmäßig ist, kann nur nach Abwägung aller konkreten Einzelfallumstände entschieden werden.
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