Wer sein Auto – z.B. beim Fahren um eine enge Kurve – beschädigt, kann den Schaden daher selbst dann nicht beim Betreiber des Parkhauses geltend machen, wenn dieser nicht auf die engen Verhältnisse in der Tiefgarage hingewiesen hat (LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.05.2017, Az.: 8 O 5368/16; siehe auch: “Keine Haftung der Parkhausverwaltung“). Danach kann von einem Autofahrer erwartet werden, dass er mit den Abmessungen seines Fahrzeugs vertraut ist. Erhöhte Sorgfalt ist aber nicht nur beim Ein- und Ausparken erforderlich, sondern auch beim Fahren im Parkhaus selbst (vgl. AG München, Urt. v. 19.09.2016 – Az.: 122 C 5010/16).
Dies gilt nicht nur für das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, sondern auch in Hinblick auf die übrigen Regeln der StVO. Denn, wie das OLG München in einem Urteil vom 27.05.2020 (Az.: 10 U 6767/19) feststellte, kann auch ein Parkhaus öffentlicher Verkehrsraum sein. Voraussetzung ist allerdings, dass es für jedermann zugänglich oder für eine für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und entsprechend benutzt wird. (BGH, Beschl. vom 05.10.2011, Az. 4 StR 401/11). Allerdings bedeutet dies nicht, dass z.B. die Regel „rechts vor links“ nicht automatisch auch für jeden Kreuzungsbereich auf dem Parkplatz oder im Parkhaus gilt (hierzu: “Rechts vor links im Parkhaus?“).
Entscheidend ist, dass die Fahrspuren dem fließenden Verkehr dienen und eindeutigen Straßencharakter haben (LG Saarbücken v. 15.02.2019, Az. 13 S 115/19). Anzeichen hierfür sind eine entsprechende bauliche Ausgestaltung oder Fahrbahnmarkierungen „für eine gekennzeichnete Straßen- oder Wegeführung sein, die der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge dient und die Fahrbahn hinreichend vom dem Abgrenzung von den Parkboxen abtrennt“. Bei Zu- und Abfahrten von sowie bei Parkboxen ist dies selbst dann nicht der gegeben, „wenn eine Beschilderung und auf der Fahrbahn befindliche Fahrtrichtungspfeile auch auf die Ausfahrt des Parkhauses hinweisen.“ Ungeachtet dessen, muss beim Befahren eines Parkplatzes stets mit ein- und ausparkenden bzw. -fahrenden Fahrzeugen gerechnet werden rechnen, so dass eine besondere Rücksichtnahmepflicht gilt. Dies kann dazu führen, dass auch der Vorfahrtsberechtigte mit 50 Prozent haftet (z.B. AG München, Urt. v. 23.06.2016, Az. 333 C 16463/13).
Vorhandene Schilder haben zwar keine bindende Wirkung i.S. einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Haftung. Ihre Verwendung außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs z.B. zur Verkehrsregelung auf privaten Grundstücken jedoch nicht nur zulässig, sondern sogar erwünscht (vgl. BGH, Beschl. v. 22. 04.2004, Az.: I ZB 15/03). Als Folge kann ihre Nichtbeachtung eine Mithaftung begründen, „da ihr Regelungsgehalt jedenfalls im Rahmen des gegenseitigen Rücksichtnahmegebots entsprechend zu beachten ist“ (z.B. LG Düsseldorf, Urt. v. 21.08.2014, Az. 16 O 126/13).
Die Missachtung einer eindeutigen Beschilderung (hier: Vorfahrt gewähren) kann auch in einem Parkhaus nicht immer als erheblicher Sorgfaltsverstoß gewertet werden, der eine alleinige oder überwiegenden Haftung begründet. Mit entscheidend ist z.B., ob das “übersehene” Verkehrszeichen gut erkennbar angebracht ist und ob mit einem Fahrzeug auf der bevorrechtigten Fahrgasse hätte gerechnet werden müssen.
Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls, die die Beteiligten oftmals unterschiedlich sehen. Es gilt daher auch hier: Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und vermeiden Sie spontane Schuldeingeständnisse vor Ort. Die Anwälte der Kanzlei Voigt stehen Ihnen auch hier zur Seite!
Urteilstext: LG Saarbrücken, v. 23.12.2020, Az. 13 S 122/20
Ist die Zufahrtsschranke zu einem Parkplatzgelände geschlossen, gehört dieser nicht mehr zum öffentlichen Verkehrsraum. Denn der Wille des Verfügungsberechtigten, den Parkplatz ab diesem Zeitpunkt der Allgemeinheit nicht mehr zur Verfügung zu stellen, ist durch das Schließen der Schranke nach außen hin manifest geworden (BGH, Beschl. v. 30.01.2013, Az. 4 StR 527/12).
Einzelfallabhängig kann die Zugehörigkeit zum öffentlichen Verkehrsraum aber auch verneint werden, ohne dass eine Absperrung vorhanden ist (z.B. OLG Hamm, Beschl. v. 15.09.2016, Az. 4 RVs 107/16 für einen versteckt gelegenen Bordellparkplatz).