Landgericht Köln, Urteil vom 19.09.2020, Az. 5 O 58/18
Ein Autofahrer stand an einer roten Ampel. Ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr mit Blaulicht und Martinshorn fuhr aus der Gegenrichtung zunächst an ihm vorbei und wendete dann über die durchgezogene Linie hinter seinem Auto. Der Fahrer war der Ansicht, dass das Einsatzfahrzeug dabei das Heck seines Fahrzeugs an zwei Stellen beschädigt habe. Er holte ein Sachverständigengutachten ein und verlangte von der Stadt Köln Schadensersatz in Höhe von insgesamt 1.928,71 Euro.
Die Stadt weigerte sich, den Schaden zu regulieren. Bei dem Wendemanöver sei der Einsatzwagen nur mit Schrittgeschwindigkeit gefahren, so dass es zu keiner Berührung der Fahrzeuge gekommen sei. Außerdem habe der Autofahrer mit seinem Wagen ausweichen können, um dem Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn Platz zu machen. Dagegen wandte der Autofahrer ein, er sei so dicht wie möglich an das vorausfahrende Fahrzeug herangefahren, um auszuweichen. Da sich Autofahrer und Stadt nicht einigen konnten, ging der Fall vor Gericht.
Das Gericht vernahm eine Augenzeugin, die bestätigen konnte, dass das Einsatzfahrzeug den Wagen des Autofahrers gestreift hatte. Damit stand fest, dass die Stadt für den entstandenen Schaden haften musste. Denn grundsätzlich müsse einem Einsatzfahrzeug mit Martinshorn und Blaulicht freie Bahn gewährt werden. Dem Autofahrer konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass er eine Ausweichmöglichkeit hatte. Die Kollision sei daher für ihn unvermeidbar gewesen, so dass der Fahrer des Einsatzfahrzeuges den erforderlichen Abstand hätte einhalten müssen. Da er dies nicht getan hatte, traf ihn und damit die Stadt Köln die volle Haftung.
Doch die beiden geltend gemachten Heckschäden ließen das Gericht zweifeln. Zur Klärung ließ es den Unfallhergang durch einen Sachverständigen rekonstruieren. Dieser konnte bestätigen, dass die Schürfspuren an der rechten Seite des Hecks mit den Schäden am Einsatzfahrzeug übereinstimmten. Sie waren also unfallbedingt. Das linke Heck wies jedoch Schäden auf, die der Sachverständige nicht mit dem Unfallhergang in Einklang bringen konnte. Seiner Einschätzung nach handelte es sich um Vorschäden, die bereits zum Unfallzeitpunkt vorhanden gewesen wären.
Das Gericht sprach dem Autofahrer daher den Ersatz des Unfallschadens zu. Den Ersatz der nicht unfallbedingten Vorschäden lehnte es jedoch ebenso ab wie die Kosten des Sachverständigengutachtens. Letzteres sei unbrauchbar gewesen, weil es die Vorschäden als Unfallschäden ausgewiesen habe.
Einsatzfahrzeugen, die mit Blaulicht und Martinshorn Sonderrechte in Anspruch nehmen, ist grundsätzlich freie Fahrt zu gewähren. Ein Ausweichen ist jedoch nicht immer möglich. In diesen Fällen entbinden die Sonderrechte den Fahrer des Einsatzfahrzeugs jedoch nicht von der Pflicht zur Rücksichtnahme. Kommt es zu einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug, gelten die gleichen Haftungsregeln wie für alle anderen Autofahrer.
Wenn Sie bei einem Verkehrsunfall einen Schaden erlitten haben, ist die frühzeitige Einschaltung eines Rechtsanwalts so gut wie unverzichtbar!
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