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Versicherer dürfen nicht einfach drauf los regulieren!

AG Nürnberg, Urteil v. 27.04.2022, Az. 35 C 5704/21

Nach einem Unfall kann es passieren, dass der Versicherer eines Unfallbeteiligten den Schaden des Unfallgegners reguliert, obgleich sich doch alles ganz anders zugetragen hat, als es dieser geschildert hat und dem Unfallbericht der Polizei zu entnehmen ist.
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22.11.2023
ca. 3 Minuten
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Und als ob der Unfall als solcher nicht bereits ärgerlich genug wäre, drohen zu allem Überfluss auch noch die Anpassung der Schadenfreiheitsklasse und die daraus resultierende Beitragserhöhung (hierzu BGH, Urt. v. 19.01.2011, Az. IV ZB 29/10). Zur „Ehrenrettung“ der Versicherer sei angemerkt, dass diese Fälle die Ausnahme und der Regelfall die Verkürzung der berechtigten Ersatzleistungen zu Lasten tatsächlich anspruchsberechtigter Geschädigter sind.

Aber sie kommen eben vor, wie die hier zugrundeliegende Entscheidung eindrücklich bestätigt.

Was gilt für die Regulierungsbefugnis in der Kfz-Haftpflicht?

Ziffer A.1.1.4 der GDVMusterbindungen berechtigt den Versicherer, gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachte Schadenersatzansprüche in dessen Namen zu erfüllen oder abzuwehren und alle dafür zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens abzugeben.

Exkurs zur Regulierungspraxis

Ob ein Versicherer die geltend gemachten Ansprüche freiwillig und in voller Höhe befriedigt oder ob er es auf eine Klage ankommen lässt, liegt in seinem Ermessen. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass Versicherer lieber strategisch kürzen, als ihre Verpflichtungen aus §§ 115 VVG i.V.m. § 1 PfVG und 249 Abs. 1 BGB ordnungsgemäß zu erfüllen. Dahinter steht das Kalkül, Geschädigte würden eher eine Verkürzung des Schadensersatzanspruchs akzeptieren als einen Rechtsstreit zu riskieren. Dieses Kalkül geht auch immer wieder auf. Denn viele Unfallgeschädigte wissen nicht, dass sie gegenüber dem Versicherer des Unfallverursachers nicht nur einen Anspruch auf Ersatz der materiellen und gesundheitlichen Schäden, sondern auch auf Ersatz der zu ihrer Durchsetzung erforderlichen Anwaltskosten haben. Dass ohne einen Anspruch gezahlt wird, ist eher die Ausnahme.

Das Ermessen des Versicherers hat Grenzen!

Der BGH hat bereits 1980 festgestellt: Es ist dem Ermessen des Versicherers überlassen, ob er freiwillig zahlt oder es auf einen Prozess ankommen lässt. Die Freiheit stößt jedoch dort an ihre Grenzen, „wo die Interessen des Versicherungsnehmers berührt werden und wo diese deshalb die Rücksichtnahme des Versicherers verlangen. Das gilt beispielsweise dann, wenn ein Schadensfreiheitsrabatt des Versicherungsnehmers auf dem Spiele steht oder wenn über die Versicherungssumme hinausgehende Ansprüche des geschädigten Dritten durch das Verhalten des Versicherers präjudiziert werden könnten“ (BGH, Az. IVa ZR 25/80 v. 20.11.1980).

Munter und frei und drauf los regulieren ist also nicht (z.B. AG Frankfurt, Urt. v. 10.08.2011, Az. 30 C 478/11 (47); AG Düsseldorf, Urt. v. 10.11.2010, Az. 38 C 7609/10; LG Düsseldorf, Urt. v. 06.11.2009, Az. 22 S 160/09).

Dies gilt insbesondere dann, wenn die vom Unfallgegner geltend gemachten Ansprüche nach den gegebenen Beurteilungsgrundlagen eindeutig und leicht nachweisbar unbegründet sind.

Hat der Versicherer die Rechtslage indes sorgfältig geprüft, um die Aussichten für eine Abwehr der Ansprüche nach Grund und Höhe möglichst zuverlässig einschätzen zu können, dürfte der Nachweis einer Pflichtverletzung zum Nachteil des Versicherungsnehmers eher schwer fallen.

Umgekehrt kommt sind aber eben auch völlig unsachgemäße Schadensregulierungen, bei denen die vom Unfallgegner geltend gemachten Ansprüche “auf gut Glück” befriedigt werden, obwohl sie “nach den gegebenen Beurteilungsgrundlagen eindeutig und leicht nachweisbar unbegründet sind” (LG Düsseldorf, Urt. v. 06.11.2009, Az. 22 S 160/09AG Düsseldorf, Urt. v. 04.07.2018, Az. 291c C 29/18).

In dem vom AG Nürnberg zu beurteilenden Sachverhalt hatte der Versicherer seine Regulierungsentscheidung getroffen, nachdem er Einsicht in die in die Ermittlungsakte genommen, die Stellungnahme ausgewertet sowie die Meinung eines weiteren Sachverständigen eingeholt hatte. Den geltend gemachten Anspruch auf Rückgängigmachung von Rückstufung und Beitragserhöhung wies es daher zurück.

Fazit

Regulierungsentscheidungen von Versicherern sind grundsätzlich eine Überprüfung wert. Die Fälle, in denen Versicherer zu Unrecht regulieren und in denen Versicherungsnehmer wegen eines Rückstufungsschadens vor Gericht ziehen, dürften zwar vergleichsweise selten sein.

Die Aussicht auf eine Mehrprämie – bei vergleichsweise geringfügigem Schadenaufwand – könnte jedoch dazu verleiten, hier nicht ganz so genau hinzusehen. In einem solchen Fall könnte das Regulierungsermessen dann eher großzügig und zu Lasten des eigenen Kunden ausgeübt werden.

Sprechen Sie mit uns, damit Sie sowohl Ihrem eigenen als auch dem Versicherer des Unfallgegners auf Augenhöhe gegenübertreten können und vollständig entschädigt werden! Wir kennen die Strategien der Versicherer und wissen wie man damit umgeht!

Voigt regelt!

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