Das Einfahren in die Tiefgarage verlief problemlos, doch das Ausfahren bereite der Fahrerin eines geleasten SUV Probleme. Aufgrund der Abmessungen des Fahrzeugs war der Fahrerin bewusst, dass sie die hochgezogene Bordsteinkante der Ausfahrt mit den Rädern erfassen und somit beschädigen würde. Dennoch fuhr sie vorsichtig die Ausfahrt hoch und es kam zu Beschädigungen an den Felgen hinten links und vorne rechts.
Die Leasinggeberin und Halterin machte Schadensersatz bei dem Betreiber der Tiefgarage – einem Hotel – geltend. Aus ihrer Sicht hätte der Betreiber “durch Hinweisschilder auf die engen Verhältnisse in der Tiefgarage (…) aufmerksam machen müssen”. Weil der Betreiber jedoch nicht zahlte, zog die Halterin vor Gericht.
Das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth wies die Klage der Halterin ab (Urt. v. 16.05.2017, Az. 8 O 5368/16). Zum Vorwurf der fehlenden Hinweisschilder erläuterte das Gericht, dass ein vollständiger Schutz vor jeglicher Schädigung nicht möglich sei. Vielmehr sei nur vor solchen Gefahren zu schützen, die bei angemessener Sorgfalt nicht erkennbar und vermeidbar sind. Hier “hätte sich die Fahrerin, welcher die Abmessungen des Fahrzeugs bewusst waren, vorher davon überzeugen müssen, ob die Tiefgarage für ihr Fahrzeug geeignet ist oder nicht.“
Darüber hinaus war das Gericht der Auffassung, dass die Fahrerin sich hätte Unterstützung holen können, zum Beispiel an der Hotelrezeption. So hätte sie sich von einem Hotelmitarbeiter einweisen lassen können. Letztendlich hätte – unter Zuhilfenahme eines Hotelmitarbeiters – auch die Einfahrt als Ausfahrt genutzt werden können.
In einem anderen Sachverhalt wollte ein Autofahrer seinen Wagen in einer Tiefgarage rückwärts einparken – dabei stieß er gegen einen rot lackierten Schutzbügel. Dieser war an der Parkhauswand um ein Regenfallrohr angebracht und ragte über den Bodensockel hinaus. Den entstanden Schaden in Höhe von rund 1.300 Euro sollte die Parkhausverwaltung erstatten. Unter anderem machte der Autofahrer die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geltend, da der Bügel nicht mit gelb-schwarzen Streifen markiert gewesen sei. Da die Parkhausverwaltung nicht zahlte, verklagte der Autofahrer sowohl den Parkhausbetreiber als auch die Parkhausverwaltung.
Das Amtsgericht (AG) München wies die Klage des Autofahrers ab (Urt. v. 19.09.2016, Az. 122 C 5010/16). Nach Auffassung des Gerichts hätte er sich beim rückwärts Einparken so verhalten sollen, wie beim rückwärts Fahren im Straßenverkehr und damit besondere Vorsicht walten lassen. Dazu gehöre das sich einweisen lassen und auch das Aussteigen, um den Bereich hinter dem Fahrzeug in Augenschein zu nehmen, um das Fahrverhalten entsprechend anzupassen. Zur Not hätte der Fahrer vorwärts einparken müssen.
Auch sah das Gericht auf Seiten des Fahrers einen Verstoß gegen das Sichtfahrgebot. Weil die Lichtverhältnisse schlecht waren, hätte der Fahrer mit Hindernissen rechnen müssen, die schlecht erkennbar waren. Damit wäre er verpflichtet gewesen, besonders vorsichtig und auf Sicht zu fahren.
In vergleichbarer Weise hatte das OLG München im Jahre 2009 einem Autofahrer, dessen Fahrzeug beim Abstellen auf einer Duplex-Einstellfläche eines Hotels beschädigt worden war, ein hälftiges Mitverschulden zur Laste gelegt, da dieser den an der angrenzenden Säule beim Bedienelement angebrachten Aushang in der Größe zweier übereinander befestigter vertikaler DIN A 4 Blätter, an dessen unterem Ende auf die maximal zulässigen Fahrzeugabmessungen hingewiesen wurde, weder bemerkt noch beachtet hatte (OLG München, Urt. v. 03.02.2009, Az. 5 U 5270/08).
Wer eine Gefahrenlage schafft oder eröffnet, ist zwar grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (z.B. BGH, Urt. v. 03.06.2008, Az. VI ZR 223/07; Urt. v. 04.12.2001, Az. VI ZR 447/00).
Eine Umbau-, Nachrüst- oder Hinweispflicht soll sich für die Betreiber älterer Parkhäuser, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung den bauordnungsrechtlichen Vorschriften entsprachen, nur dann bestehen, wenn die Einfahrt zum Parkhaus in ihrem derzeitigen baulichen Zustand mit einer besonderen Gefahr für die Nutzer des Parkhauses verbunden wäre und die Beklagte diese besondere Gefahr erkannt hätte oder bei gehöriger Anstrengung hätte erkennen können (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 02.03.2010, Az. VI ZR 223/09; LG Saarbrücken, Urt. v. 19.06.2016, Az. 13 S 76/16; OLG Frankfurt, Beschl. v. 06.12.2012, Az. 3 U 169/12).
Wird ein Fahrzeug bei der Ausfahrt aus einer Garage durch ein sich senkendes oder herabfallendes Rolltor beschädigt, muss der Geschädigte beweisen, dass er die Fahrt bei auf „Grün“ angetreten hat und das Rolltor ohne Verzögerung passiert hat bzw. passieren wollte. Dem Amtsgericht München zufolge, besteht für den Fall, dass ein Autofahrer bei „Rot“ angefahren ist um das zu Tor passieren, muss ein Betreiber im Rahmen der Verkehrssicherungspflichten keine extra Sicherungssysteme bereithalten. Vorhandene und notwendige Sicherungssysteme sind allerdings regelmäßig zu warten. (Urt. v. 28.04.2023, Az. 1290 C 17690/22 WEG)
Die Nutzung von Tiefgaragen und Parkhäusern erfolgt regelmäßig auf eigene Gefahr. Der Autofahrer muss vernünftige Vorsicht walten lassen. Das bedeutet allerdings nicht, dass er in jedem Fall leer ausgeht. Wird tatsächlich gegen Verkehrssicherungspflichten verstoßen, kann sehr wohl ein Schadensersatzanspruch bestehen.
Ob und wann dies der Fall ist, kann Ihnen ein erfahrener Rechtsanwalt beantworten.
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