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Passbilder zur Fahreridentifizierung?

Weil in Deutschland für Geschwindigkeitsverstöße nur der Fahrer belangt werden kann, stellt sich für Bußgeldbehörden regelmäßig die Frage Wer ist gefahren? Üblicherweise erhält der Halter, wenn er als einen Anhörungsbogen. Doch was tun, wenn dieser nur seine Personalien bestätigt, sich aber zu dem Vorwurf nicht äußert? Dürfen Bußgeldbehörden - in Zeiten der DSGVO - einfach Fotos von der Einwohnermeldebehörde anfordern, um sie mit dem Blitzerfoto abzugleichen?
Informationen
26.11.2020
ca. 3 Minuten

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat in seinem Beschluss vom 02.10.2020 (Az. 3 OWi 6 SsBs 258/20) eine klare Auffassung zu der Frage vertreten!

Was war passiert?

Ein Fahrzeug wurde mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften geblitzt. Daraufhin erhielt der Halter des Wagens von der Bußgeldstelle des zuständigen Polizeipräsidiums einen Anhörungsbogen. Diesen schickte der Halter zurück, wobei er sich nicht zum Tatvorwurf äußerte. Daraufhin bat die Bußgeldstelle die Einwohnermeldebehörde am Wohnort des Halters um ein Vergleichsfoto für die Fahreridentifizierung. Die Einwohnermeldebehörde kam der Bitte nach und übersandte das Foto Ende Juli 2019.

Für die Bußgeldbehörde stand nach einem Abgleich fest, dass der (zuvor schon mit Geschwindigkeitsüberschreitungen vorbelastete) Halter gefahren war. Somit erhielt dieser im Ende August 2019 einen Bußgeldbescheid über 150 Euro für die fahrlässige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften, verbunden mit einem einmonatigen Fahrverbot. Gegen den Bußgeldbescheid ging der Halter vor. Das Amtsgericht (AG) Mainz jedoch verurteilte ihn jedoch wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung zu einem Bußgeld vom 150 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot.

Der Halter legte gegen dieses Urteil Rechtsbeschwerde ein.

Die Entscheidung des Gerichts

Vor dem OLG rügte der Halter vor allem einen Verstoß gegen § 24 Absatz 2 und 3 Personalausweisgesetz (PAuswG), weil die Bußgeldbehörde sein Foto angefordert hatte. Aufgrund des Gesetzesverstoßes sei das Verfahren gegen ihn einzustellen. Die Richter in Koblenz teilten seine Auffassung nicht und wiesen die Rechtsbeschwerde ab.

Nach Auffassung des Gerichts waren die Voraussetzungen für das Anfordern des Fotos erfüllt und die Bußgeldbehörde war berechtigt das Foto anzufordern; insbesondere da die Daten bei dem Betroffenen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand hätten erhoben werden können. Es hätte zwar zur Klärung der Fahrereigenschaft die Möglichkeit bestanden, den Betroffenen durch Behördenbedienstete oder durch die Polizei in seiner Wohnung oder an seinem Arbeitsplatz aufzusuchen und ihn zum Vergleich mit dem Messfoto in Augenschein zu nehmen oder insoweit sogar eine Nachbarschaftsbefragung durchzuführen; jedoch wären solche Ermittlungshandlungen sowohl für die Behörden als auch für den Betroffenen unverhältnismäßig; selbst aus Sicht des Betroffenen dürften sie wesentlich stärker in seine Persönlichkeitssphäre eingreifen als die Erhebung seines Lichtbildes beim Pass- oder Personalausweisregister.

Ein grundsätzliches Verbot zur Anforderung von Fotos lasse sich nicht erkennen. Der Gesetzgeber hat, in dem er sogar das automatisierte Verfahren zugelassen hat, mit dieser spezielleren Norm zum Ausdruck bringen wollen, dass die Übermittlung von Lichtbildern durch die Passbehörden an die Ordnungsbehörden im Rahmen der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zulässig sein soll.

Praxistipp

Der Teufel steckt – wie so häufig – im Detail. Denn anders als in dem Koblenz wurde in dem einem Fall vor dem Amtsgericht (AG) Landstuhl das Lichtbild vom Einwohnermeldeamt angefordert, noch bevor der (potentielle) Betroffene überhaupt mit dem Tatvorwurf konfrontiert wurde. Dies hatte zur Folge, dass das Verfahren aus Opportunitätsgründen eingestellt wurden (Beschl. v. 08.01.2020, Az. 2 OWi 4211 Js 12883/19). Weiterhin heißt es in den Gründen: Angesichts der Vielzahl von Fällen besteht die Befürchtung, dass die beauftragten Polizeidienststellen im Saarland die datenschutzrechtliche Problematik ihres Vorgehens nicht einmal kennen oder verstehen.

Auch das AG Schleswig kam zu einer Verfahrenseinstellung (Beschluss vom 19.11.2018, Az. 53 OWi 24000/18). Dabei hatte der Betroffene als Halter zunächst einen Zeugenfragebogen erhalten. Nachdem er diesen mit seinen Personalien zurückgeschickt hatte, erhielt er einen Anhörungsbogen und sodann einen Bußgeldbescheid. Erst nachdem er gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hatte, forderte die Bußgeldbehörde das Foto an. Anderweitige Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere eine Halterfeststellung durch die Polizei wurden nicht betrieben. Ebenso erfolgte kein Abgleich mit dem Foto des Betroffenen auf der Homepage[.] (…)Vorliegend ist in keiner Weise ersichtlich, dass die Ermittlung der Person des Betroffenen nicht auch anderweitig möglich gewesen wäre.

In solchen Fällen heißt es in der Begründung dann: Das Verfahren ist aus Opportunitätsgründen einzustellen, da vorliegend ein erheblicher Verstoß der Bußgeldbehörde gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen vorliegt. Dieser führt zwar nicht zu einem Verfahrenshindernis oder einem Beweisverwertungsverbot und lässt auch nicht den staatlichen Strafanspruch entfallen, allerdings führt die Umgehung der Vorgaben des PAuswG dazu, dass die Sanktionierung mit einem Fahrverbot und einem Bußgeld mit der Rechtsordnung unvereinbar wäre.

Wann in solchen Fällen das Foto angefordert wurde, lässt sich für den Betroffenen erst nach einem Blick in die Ermittlungsakte klären. Und auch dann ist es für die Bewertung der Erfolgsaussichten maßgeblich einen erfahrenen Juristen an seiner Seite zu haben.

Auch hier gilt: Sprechen Sie mit uns! Voigt regelt!

Bildnachweis: janjf93 / Pixabay

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