Parkraum ist nicht nur knapp, er wird auch immer knapper. Kein Wunder also, dass immer mehr Autofahrer Park- und Halteverbote ignorieren oder die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) kreativ auslegen. Doch das kann teuer werden, wie ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) München vom 28.04.2020 (Az. M 7 18.5617) zeigt.
Eine Autofahrerin hatte ihren Wagen abends in einer übersichtlichen Kurve abgestellt. Die Polizei ließ das Auto gegen 23 Uhr abschleppen und stellte dafür rund 220 Euro in Rechnung. Die Autofahrerin war damit nicht einverstanden. Sie empfand das Abschleppen als nicht gerechtfertigt und zog vor Gericht
Die Autofahrerin meinte, sie habe ihr Auto verkehrsgerecht geparkt. Die Straße auf der sie das Auto geparkt hatte, verlief in einem weiten Bogen und war daher übersichtlich, das Auto nicht verkehrswidrig in einer scharfen Kurve geparkt, wie die Polizei in ihrer Begründung der Abschleppmaßnahme ausführe. Das Tatbestandsmerkmal der scharfen Kurve wäre nur dann erfüllt, wenn dort ein parkendes Fahrzeug ein unvermutetes Hindernis für den Straßenverkehr darstellen würde. Dies sei ersichtlich nicht der Fall.
Die Polizei vertrat eine andere Auffassung. Im Bereich von scharfen Kurven – (
) hier eine 90-Grad-Kurve – sei jedes Halten auf der Fahrbahn unzulässig, weil Haltende dort unvermutete Hindernisse bilden würden. Weiter stelle das Fahrzeug eine Sichtbehinderung für andere Verkehrsteilnehmer dar. In der Berliner Straße herrsche aufgrund eines dort befindlichen Hotels reger Kfz-Verkehr. Zudem würden zahlreiche Fahrradfahrer die Fahrbahn benutzen, weil die Nutzung des Radwegs dort nicht verpflichtend sei. Insoweit habe das Fahrzeug der [Autofahrerin] konkret den fließenden Verkehr behindert.
Sie sah sich daher in der Pflicht, den Wagen abschleppen zu lassen.
Das Gericht sah das Handeln der Polizei als gerechtfertigt. Nach § 12 Absatz 1 Nr. 2 StVO ist schon das Halten im Bereich von scharfen Kurven unzulässig. Dazu führte das Gericht aus: Eine Kurve ist ein gekrümmter Straßenverlauf bezogen auf eine einheitliche Fahrbahn (
). Scharf ist eine Kurve, wenn ihr Radius so klein ist, dass für Kraftfahrzeuge die Gefahr besteht, unabsichtlich auf die Gegenfahrbahn zu gelangen.
Und bei genauer Betrachtung hatte die Autofahrerin in einer solchen scharfen Kurve geparkt, die im 90 Grad Winkel abknickte.
Dass die Straße an der Stelle übersichtlich gewesen sei, war für das Gericht ohne Bedeutung: In scharfen Kurven darf wegen der dort immer gefährlichen Sichtbehinderung durch haltende Fahrzeuge auch dann nicht gehalten/geparkt werden, wenn die Kurve selbst übersichtlich ist (
).
Weiter erläuterte das Gericht: Das Verbot des Kurvenparkens dient dem Verkehrsfluss im Straßenraum und dem möglichst weitgehenden Ausschluss von Gefährdungen, die im Falle seiner Zulassung durch Brems- und Ausweichmanöver entstehen könnten. Eine Behinderung des fahrenden Verkehrs soll vermieden werden. Das Verbot trägt zudem dem Umstand Rechnung, dass Kraftfahrzeuge in Kurvenbereichen nicht per se zum Fahren auf Sicht verpflichtet sind und darauf vertrauen dürfen, dort durch stehenden Verkehr unbeeinträchtigt zu bleiben (
). Vor diesem Hintergrund wird das Halten durch die Worte im Bereich von nicht nur in, sondern auch so nahe vor oder hinter scharfen Kurven verboten, dass sich die Gefahr, die ein haltendes Kfz bilden könnte, in der Kurve nicht auswirken kann. Zudem gilt das Verbot für beide Fahrbahnseiten, nicht nur für die Innenseite. (
).
Parken in scharfen Kurven kann nicht nur ein Bußgeld und die Abschleppkosten zur Folge haben. Die Vorschrift des § 12 Absatz 1 Nr. 2 StVO verbietet bereits das Halten im Bereich von scharfen Kurven, um der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vorzubeugen.
Kommt es zu einem Unfall, kann das verbotswidrige Parken eine Mithaftung begründen. Der Rechtsprechung zufolge, genügt ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung des Fahrzeuges. Und auch abgestellte Fahrzeuge sind in
Betrieb, wenn sie den Verkehr in verkehrsgefährdender Weise beeinflussen können (z.B. AG Pforzheim, Urt. v. 19.09.2024, Az. 2 C 17490/23.
Dies hat zur Folge, dass der Versicherer des anderen Unfallbeteiligten den Unfallschaden nicht vollständig reguliert, obwohl das Fahrzeug geparkt war. Um solche Fragen von vornherein zu klären und eine ordnungsgemäße Schadensregulierung zu erwirken, lohnt sich das frühzeitige Einschalten eines erfahrenen Rechtsbeistands.
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Aktualisiert am 30.10.2024