Wer eine rote Ampel überfährt und dadurch einen Unfall verursacht, muss regelmäßig mit einem Fahrverbot rechnen. Doch es kann auch anders kommen – wie ein Urteil des Amtsgerichts (AG) Mettmann vom 06.02.2020 (Az. 32 OWi-923 Js 1085/19-251/19) zeigt.
Was war passiert?
An einer Kreuzung war die eigentliche Ampelanlage aufgrund einer Baustelle zwar abgeschaltet, aber nicht verhüllt. Circa 1 bis 2 Meter rechts dahinter war eine Baustellenampel aufgestellt. Eine 79-jährige Autofahrerin ohne Voreintragungen überfuhr diese auf Rot geschaltete Baustellenampel und verunfallte mit einem anderen Fahrzeug, dessen Baustellenampel auf Grün geschaltet war.
Die Autofahrerin erhielt daraufhin einen Bußgeldbescheid. Sie ging dagegen vor und die Angelegenheit landete beim AG Mettmann.
Die Entscheidung des Gerichts
Das AG Mettmann ging zwar davon aus, dass die Autofahrerin mit der erforderlichen Sorgfalt die rote Ampel hätte wahrnehmen können. Allerdings berücksichtigte es zu ihren Gunsten, dass die Verkehrslage nicht ganz übersichtlich war, was auch die Fahrerin des anderen Fahrzeuges bestätigt hatte.
Wörtlich heißt es dazu in der Entscheidung: Die Zeugin S. hat bestätigt, dass zum Zeitpunkt des Unfalls wegen Bauarbeiten die eigentlichen Lichtzeichenanlagen nicht in Betrieb gewesen sein, sondern Baustellenampel aufgestellt gewesen seien, wobei die eigentlichen Ampeln nicht abgedeckt gewesen seien. (
) Da sie regelmäßig auch in der Fahrtrichtung der Betroffenen fahre, könne sie sagen, dass die Hilfsampel aus Sicht der Betroffenen schon weit rechts gestanden habe, sodass man sie auch für die Ampel, die für Rechtsabbieger gelten solle, hätte halten können.
Ebenfalls erklärte die Polizei, dass es zu dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Baustellenampel in diesem Kreuzungsbereich vermehrt zu Unfällen gekommen sei. Die eigentliche Lichtzeichenanlage sei ausgeschaltet, aber nicht abgedeckt gewesen. Normalerweise sei es jedoch üblich, dass Lichtzeichenanlagen, welche nicht im Betrieb sind, abgedeckt werden würden.
Das Gericht verschaffte sich sogar einen eigenen Eindruck: Auf den Lichtbildern (
), ist ersichtlich, dass die reguläre Lichtzeichenanlage außer Betrieb, aber nicht abgedeckt ist. Auch ist nicht ersichtlich, dass in anderer Weise darauf hingewiesen wird, dass diese Lichtzeichenanlage nicht gilt. Die kleinere Baustellenampel ist erst bei genauerem Hinsehen erkennbar. Zudem ist anhand der Beschilderung erkennbar, dass die Fahrtrichtung der Betroffenen Vorfahrt hat.
Aus Sicht des Gerichts lag keine gröbliche Pflichtverletzung vor, die in der Regel zum Fahrverbot führt. Hier konnte allerdings vom Fahrverbot abgesehen werden, da insoweit besondere Ausnahmeumstände in der Tat offensichtlich gegeben sind und deshalb erkennbar nicht der von § 4 BKatV erfasste Normalfall vorliegt.
Insbesondere die Häufung ähnlich gelagerter Unfälle war für das Gericht ein Indiz dafür, dass die nicht verhüllte, abgeschaltete Ampel irreführend war.
Das Bußgeld in Höhe von 240 Euro für den Rotlichtverstoß blieb jedoch bestehen.
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Ein Rotlichtverstoß, der einen Unfall zur Folge hat, zieht normalerweise ein sogenanntes Regelfahrverbot nach sich. Wie die Entscheidung jedoch belegt, existiert auch hier keine Regel ohne Ausnahme. Für Autofahrer, die auf das Autofahren angewiesen sind, kann ein abgewendetes Fahrverbot entscheidend sein. Mit einem erfahrenen Rechtsbeistand an der Seite stehen die Chancen deutlich besser. Sollten Sie Unterstützung bei einem drohenden Fahrverbot benötigen, helfen Ihnen die erfahrenen Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt gerne weiter.
Siehe auch
Darf man rote Ampeln umfahren?