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PTB verbietet Rohmessdatenspeicherung!

Wer mit vermeintlich überhöhter Geschwindigkeit geblitzt wird, kann sich gegen die gemessene Geschwindigkeit wehren, wenn er die Messung angreift. Ob die Messung korrekt war oder nicht, lässt sich allerdings nur mit den vollständigen Daten überprüfen, wozu auch die Rohmessdaten gehören. Fehlen diese, kann das zur Einstellung des Verfahrens führen. Das allerdings missfiel scheinbar der Physikalisch-Technischen […]
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17.04.2020
ca. 3 Minuten
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Wer mit vermeintlich überhöhter Geschwindigkeit geblitzt wird, kann sich gegen die gemessene Geschwindigkeit wehren, wenn er die Messung angreift. Ob die Messung korrekt war oder nicht, lässt sich allerdings nur mit den vollständigen Daten überprüfen, wozu auch die Rohmessdaten gehören. Fehlen diese, kann das zur Einstellung des Verfahrens führen. Das allerdings missfiel scheinbar der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), wie ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 23.03.2020 (Az.: 2 Ss-OWi 256/20) zeigt.

Was war passiert?

Ein Autofahrer wurde mit vermeintlich überhöhter Geschwindigkeit von einem PoliScan FM 1 geblitzt. Gegen den Bußgeldbescheid ging er vor und beantragte auch Akteneinsicht. Weil ihm dabei scheinbar nicht alle Daten zur Verfügung gestellt wurden, ging er vor Gericht. Das zunächst zuständige Amtsgericht (AG) Frankfurt am Mail wies mit Urteil vom 06.11.2019 seine Forderung zurück. Dagegen reichte er Rechtsbeschwerde ein.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt kam seiner Forderung ebenfalls nicht nach. Stattdessen nutzte es die Gelegenheit, um deutlich zu machen, dass das Urteil des Saarländischen Verfassungsgerichts (wonach unter anderem die Messdaten aufgrund des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs beiden Parteien zur Verfügung stehen sollten) keine Bedeutung in Hessen habe. Ohnehin würden die darin gemachten Ausführungen bereits in rechtlicher Hinsicht in der Sache nicht überzeugen.

Gleichzeitig machte der Richter in seinen Urteilsgründen deutlich, dass die PTB im Februar schlichtweg eine neue Baumusterprüfungsbescheinigung für den PoliScan FM 1 erlassen hat, womit sie Tatsachen schafft und dem Streit um die Rohmessdaten den Boden unter den Füßen wegzieht, indem sie die Speicherung der Daten verbietet! Und das obgleich Gerichte angeregt hatten genau diese Daten zu speichern! So zuletzt auch das OVG des Saarlandes mit Beschluss vom 30.03.2020.

In der Begründung aus Frankfurt versteckt sich die PTB hinter technischen Gründen, aber die tatsächliche Intention bleibt nicht versteckt:

Aus technischen Gründen hat die PTB gestützt auf Anlage 2. 7.1. MessEV am 28. Februar 2020 in der neuen Baumusterprüfbescheinigung DE-17-M-PTB0033, Revision 1 für die hier streitgegenständliche Messanlage Poliscan FM 1 die Speicherung von sog. Hilfsgrößen untersagt (Zif. 1.2.3. S. 23 und Zif. 5.1. S. 32 der Baumusterprüfbescheinigung). Hintergrund ist die missbräuchliche Verwendung dieser gespeicherten Hilfsgrößen in sog. Gutachten.

Gleichlautende Formulierungen finden sich auch in der Baumusterprüfbescheinigung DE-17-M-PTB-0017, Revision 3 für das Messgerät ES 8.0.

In beiden Baumusterprüfbescheinigung ist eine entsprechen Umrüstklausel für Altgeräte vorgesehen.

Die rechtliche Folge dieser Entscheidung durch die PTB ist, da die Messgeräte außer dem Falldatensatz keine ‚Hilfsgrößen‘ mehr speichern, dass allfällige Beiziehungsanträge und Einsichtsanträge gegenstandslos sind. Die sog. ‚Parität des Wissens‘ zwischen Verfolgungsbehörde und Betroffenen ist damit sichergestellt. Es existieren nur noch die Daten (Falldaten), die die Verwaltungsbehörde zur Begründung ihres Vorwurfs verwenden darf. Die Frage, ob das rechtliche Gehör dadurch verletzt wird, dass mögliche weitere Daten aus dem Messgerät dem Betroffenen nicht zugänglich gemacht werden bzw. werden können, hat sich damit erledigt.

Dementsprechend scheiterte auch der Autofahrer mit seinem Antrag.

Kanzlei Voigt Praxistipp

Es ist bedenklich, dass die PTB (auch!) von Gerichten befürwortete Speicherung von sogenannten ‚Hilfsdaten‘ schlichtweg verbietet, um Gutachten, die eine Überprüfung der Messung zum Inhalt haben, faktisch unmöglich zu machen. Statt mehr Transparenz zu schaffen und die Richtigkeit der Messung überprüfbar zu machen, wird lieber auf eine Speicherung der Daten verzichtet. Rechtlich gesehen ist dieses Vorgehen bedenklich.

In wie weit andere Gerichte die Auffassung aus Frankfurt übernehmen oder ob dieses Vorgehen zum Anlass nehmen sich der Rechtsansicht des Verfassungsgerichts des Saarlandes anzuschließen, bleibt abzuwarten. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten. Sollten Sie von derartigen Messungen betroffen sein, helfen Ihnen die erfahrenen Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt gerne weiter.

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