Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind teilweise begleitet von Unsicherheiten, was aktuell erlaubt ist und was nicht. Das führt zu manch seltsamen Blüten im Ordnungswidrigkeitenrecht. So auch zu der Frage, ob fünf Personen, die nicht zu einem Hausstand gehören, in einem PKW fahren dürfen. Das Amtsgericht (AG) Stuttgart vertritt in seinem Beschluss vom 08.09.2020 (Az.: 4 OWi 177 Js 68534/20) eine eindeutige Auffassung.
Was war passiert?
Eine Autofahrerin fuhr im April 2020 mit einem vollbesetzten PKW in Richtung Stuttgarter Stadtzentrum. Die anderen Fahrzeuginsassen alle einen anderen Wohnsitz und gehörten nicht dem Hausstand der Fahrerin an. Dies hatte zur Folge, dass der Autofahrerin ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) vorgeworfen wurde.
Gegen die Autofahrerin erging ein Bußgeldbescheid, gegen den sie vorging.
Die Entscheidung des Gerichts
Für das Amtsgericht war die Rechtslage eindeutig: Es lag kein Verstoß vor. Denn die fünf Personen waren nicht im öffentlichen Raum zusammengekommen, wie es von der Verordnung untersagt wird. Stattdessen waren sie – wie es zugelassen war – außerhalb des öffentlichen Raumes in einem Privat-PKW zusammengekommen.
In dem Beschluss heißt es: Öffentlicher Raum im Sinne der Corona-VO sind der öffentliche Verkehrsraum i.S.v. § 2 LBO, öffentliche Verkehrsmittel (Bahn, Bus, Taxi) oder öffentliche Gebäude soweit sie öffentlich zugänglich sind, nicht aber private Wohnräume oder andere vom öffentlichen Raum klar abgegrenzte Bereiche (privater Garten, Terrasse o.a.).
Ein Privatfahrzeug wie der in diesem Fall genutzte Pkw ist nicht dem öffentlichen Raum zuzuordnen, denn es ist im Gegensatz zu einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht öffentlich zugänglich. Über den Zugang zu einem Privat-Pkw bestimmen nach dessen Nutzungszweck wie auch nach der Verkehrsanschauung ausschließlich der Pkw-Halter und / oder der Pkw-Führer.
Außerhalb des öffentlichen Raumes war am 24.04.2020 indes ein Zusammenkommen von bis zu fünf Personen unabhängig von verwandtschaftlichen Beziehungen oder einer häuslichen Gemeinschaft nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 CoronaVO BW in der vom 20.04.2020 bis 26.04.2020 geltenden Fassung erlaubt.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Die unterschiedlichen Regelungen der Länder haben in der Vergangenheit bereits zahlreiche Verunsicherungen und Unklarheiten zur Folge gehabt. Ebenso zeigt die Rechtsprechung der Gerichte, dass die Regelungen der Länder in dem einen Fall hinreichend konkret sind und in einem anderen zur Aufhebung von Verboten und Einschränkungen führen können.
Sollten Sie von einem ähnlichen Bußgeldbescheid betroffen sein oder Fragen zum Fahren mit mehreren Personen haben, kann ein fachkundiger Rechtsrat weiterhelfen. Die erfahrenen Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt stehen Ihnen gerne zur Seite.