Landauf, landab sind zahlreiche Gerichte mit Gerichtsverfahren stark ausgelastet. Das befreit jedoch nicht von einer ordnungsgemäßen Urteilsbegründung. Das meinte auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg mit seinem Beschluss vom 17.06.2019 (Az.: 2 Rev 34/19), mit dem es die Entscheidung eines Amtsgerichts aufhob.
Was war passiert?
Ein Fahrer war vom zuständigen Amtsgericht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. In den Urteilsgründen hieß es dazu schlichtweg: Am 2.5.2018 gegen 12.20 Uhr befuhr der Angeklagte während eines Haftausgangs mit dem Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … den S…weg in Hamburg, ohne – wie er wusste – im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein
. Weil der Fahrer nicht mit der Verurteilung einverstanden war, ging er gegen das amtsgerichtliche Urteil vor.
Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG Hamburg war der Auffassung, dass die Urteilsbegründung zu kurz gefasst sei. Dass der Fahrer ein Kraftfahrzeug
gefahren habe, ohne (
) im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein
erfülle nicht die Anforderungen an die Feststellungen zur Tat. Dazu heißt es in dem Urteil: Der Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG setzt unter anderem voraus, dass der Täter ein Kraftfahrzeug führt. Dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal hat das Amtsgericht nicht mit Sachverhaltsangaben ausgefüllt. Die Feststellung des Befahrens einer Straße mit einem Kraftfahrzeug stellt eine, bloße Wiederholung des Gesetzestextes dar und ist unzureichend, da es sich nicht um einen allgemein geläufigen Rechtsbegriff handelt und sich aus dem Begriff Kraftfahrzeug für sich genommen keine ausreichende Spezifizierung ergibt.
Weiter führt das Oberlandesgericht dazu aus, dass nach § 1 Absatz 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) als Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein
, Kraftfahrzeuge sind – also beispielsweise auch Fahrräder mit Hilfsmotor oder auch E-Scooter. Allerdings setzt die Strafbarkeit voraus, dass derjenige, der fährt, nicht über die Fahrerlaubnis verfügt, die erforderlich wäre. Für die beispielhaft genannten Räder mit Hilfsmotor oder E-Scooter jedoch ist (nach derzeitigem Stand) keine Fahrerlaubnis erforderlich.
Daher hätte das Amtsgericht konkreter ausführen müssen, welche Art von Kraftfahrzeug gefahren wurde. Denn nur daraus folgt, welche Art von Fahrerlaubnis erforderlich gewesen wäre und ob der Fahrer tatsächlich nicht über diese verfügte.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Wie dieser Beschluss zeigt: Ein kurzes und knappes Urteil kann auch zu kurz sein. Ein geschulter Blick kann daher hilfreich sein, um festzustellen, ob ein Urteil oder Bußgeldbescheid gegebenenfalls Unzulänglichkeiten aufweist. Die erfahrenen Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt helfen Ihnen gerne weiter.