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Fahrzeugeinziehung als zahnloser Tiger?

Wer an einem verbotenen Autorennen nach § 315d Strafgesetzbuch (StGB) teilnimmt, sollte nach dem Willen des Gesetzgebers die Strafe auch spüren. Dies war mitunter ausschlaggebend dafür mit § 315f StGB die Einziehung des oftmals liebevoll gehegten, gepflegten und getunten Fahrzeugs zu ermöglichen. Doch wie sieht das – knapp drei Jahre später – in der Praxis […]
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30.09.2020
ca. 3 Minuten
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Wer an einem verbotenen Autorennen nach § 315d Strafgesetzbuch (StGB) teilnimmt, sollte nach dem Willen des Gesetzgebers die Strafe auch spüren. Dies war mitunter ausschlaggebend dafür mit § 315f StGB die Einziehung des oftmals liebevoll gehegten, gepflegten und getunten Fahrzeugs zu ermöglichen. Doch wie sieht das – knapp drei Jahre später – in der Praxis aus? Das zeigt das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in seinem Beschluss vom 18.08.2020 (Az.: 2 Ws 108/20) auf.

Was war passiert?

Zwei Autofahrer lieferten über ca. zwei Kilometer ein spontanes Rennen, mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 136,7 km/h. Dabei führten sie abrupte Spurwechsel, riskante Überholmanöver durch und missachteten möglicherweise ein rote Ampel.

Die Staatsanwaltschaft ließ die am Rennen beteiligten Fahrzeuge zunächst als Beweismittel beschlagnahmen.

Das Amtsgericht (AG) Bochum verurteilte die beiden Autofahrer wegen Durchführung von und Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen zu Geldstrafen von jeweils 120 Tagessätzen zu je 60,00 Euro und den Halter eines der beiden Fahrzeuge wegen Beihilfe hierzu zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 80,00 Euro. Außerdem entzog das Gericht den beiden Autofahrern die Fahrerlaubnis und verhängte eine viermonatige Sperrfrist.

Von Einziehung abgesehen

Das Amtsgericht hat jedoch von der Einziehung der beteiligten Fahrzeuge abgesehen. Dabei hat es die Vorschrift des § 315f StGB und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einander gegenübergestellt. Gleichzeitig ließ es die gängige Praxis bei der Einziehung auf Grundlage anderer Vorschriften nicht außer Acht: Es sei zudem zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 21 Abs. 3 StVG eine vergleichbare Vorschrift für das Fahren ohne Fahrerlaubnis geschaffen habe, welche in der Praxis aber so gut wie nie angewendet werde; auch bei Trunkenheitsfahrten i. Sinne von §§ 315c und 316 StGB werde von der Möglichkeit der Einziehung nach § 74 StGB regelmäßig kein Gebrauch gemacht.

Die Abwägung sprach gegen eine Einziehung!

Bezüglich der Tat sprachen Argumente sowohl für als auch gegen eine Einziehung. Mit auschlaggebend war, dass beide weder straf- noch verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten seien, beide bereits seit ca. 11 Monaten auf den Besitz der Fahrzeuge hätten verzichten müssen, sie mit erheblichen Standgebühren für die Fahrzeuge belastet würden und beide in der Hauptverhandlung glaubhaft ihre Absicht dargelegt hätten, ihren jeweiligen Pkw veräußern zu wollen. Bezüglich der verwendeten Fahrzeuge sei in die Abwägung einzustellen, dass es sich zwar einerseits angesichts der hohen Motorisierung um typische Fahrzeuge für Kfz-Rennen handele, diese aber nicht getunt gewesen seien, sondern es sich um Serienmodelle und zudem um die einzigen Fahrzeuge der Angeklagten handele.

Letzten Endes kam das Amtsgericht zu dem Schluss, dass eine Einziehung nicht angezeigt sei. Die Staatsanwaltschaft war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legte Berufung ein. Das angerufene Landgericht(LG) Bochum schloss sich den Überlegungen des Amtsgerichts hinsichtlich der Einziehung der Fahrzeuge an. Dass die Fahrzeuge – wie von der Staatanwaltschaft vermutet – gerade für die Teilnahme an Straßenrennen angeschafft worden sein sollen, stelle eine haltlose Unterstellung dar. (…) Mit Blick auf den erheblichen Wert der Fahrzeuge könne auch eine, im Übrigen durch nichts belegte, Wiederholungsgefahr die Einziehung nicht retten. Die Einziehung erweise sich als in jeder Hinsicht unverhältnismäßig.

Doch die Staatsanwaltschaft legte auch dagegen Beschwerde sin. Weil dieser vom Landgericht nicht abgeholfen wurde, ging die Angelegenheit zum OLG Hamm.

Die Entscheidung des OLG

Das OLG Hamm sah in den Urteilsgründen des Amts- bzw. Landgerichts eine korrekte Abwägung: Das Landgericht bzw. das Amtsgericht (…) hat insoweit zutreffend die für und gegen eine Einziehung sprechenden Argumente herausgearbeitet und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Bedeutung beigemessen. (…) [D]ie Beschwerde (…) wäre allenfalls dann erfolgreich, wenn (…) die Einziehung zwingend anzuordnen und damit die Beschlagnahme zwingend aufrechtzuerhalten wäre. Dies vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen.

Danach wurde die Entscheidung beider Gerichte als vertretbar gewertet, in dem konkreten Fall von einer Einziehung abzusehen. Zumal die Beteiligten bislang verkehrs- und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind, geständig waren und während der 17-monatigen Beschlagnahme die Standgebühren sowie der Wertverlust der Fahrzeuge gegen eine Einziehung sprachen.

Fazit

Wer an einem verbotenen Rennen teilnimmt, muss gegebenenfalls mit einer Einziehung seines Fahrzeugs rechnen. Doch nicht immer wird dies konsequent auch betrieben. Wie dieses Urteil zeigt, sind zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen. Wer beispielsweise schon mit ähnlichem Verhalten bereits aufgefallen ist oder ein speziell getuntes (Zweit-)Fahrzeug nur für Rennzwecke sein eigen nennt, muss eher mit einer Einziehung rechnen.

Letzten Endes wird das Gericht von Einzelfall zu Einzelfall abwägen, was für und gegen eine Einziehung spricht. Daher ist gut beraten, wer rechtzeitig einen fachkundigen Rechtspeistand heranzieht. Dies gilt umso mehr, wenn statt einem einfachen Geschwindigkeitsverstoß ein ungerechtfertigter Vorwurf des verbotenen Rennens im Raum steht.

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