Schwerlasttransporte bedürfen einer Ausnahmegenehmigung. Dass diese mitunter nicht die gesamte Fahrstrecke erfassen, zeigt der Fall eines LKW-Fahrers vor dem Amtsgericht (AG) Tübingen (Urteil vom 13.05.2020 – Az.: 16 OWi 16 Js 17045/19). Doch kann sich der Fahrer auf den Disponenten verlassen und was muss er prüfen?
Was war passiert?
Ein LKW-Fahrer sollte laut Auftrag mit einem Sattelzug mit Tiefladeauflieger einen Bagger zu einem Entsorgungszentrum transportieren. Insgesamt erreichte der Zug ein Gesamtgewicht von knapp 57,3 Tonnen und aufgrund des Baggers eine Breite von 3 Metern. Für den Transport lag eine halterbezogene Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums für eine Breite von 3 Metern und ein Gesamtgewicht von 41,8 Tonnen sowie eine Ausnahmegenehmigung des Landratsamts für ein Gesamtgewicht bis zu 67,5 Tonnen und eine Breite von bis zu 3,25 Metern vor.
Allerdings war in den Nebenbestimmungen unter anderem die Dauererlaubnis des Landratsamts auf die im Zuständigkeitsbereich des Landkreises verlaufenden klassifizierten Straßen
beschränkt. Die Zielstraße, in der das Entsorgungszentrum lag, gehörte jedoch nicht zu diesen klassifizierten Straßen. Als der LKW-Fahrer mit dem Zug in die Zielstraße einbog, wurde er von einer Polizeistreife angehalten, vermessen und gewogen.
Daraufhin wurde dem LKW-Fahrer vorgeworfen gegen das nach StVZO zulässige Gesamtgewicht und die zulässige Breite verstoßen zu haben. Gegen den Bußgeldbescheid wandte er sich mit einem Einspruch und so kam die Angelegenheit vor Gericht.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht stellte fest, dass der LKW-Fahrer aufgrund der Gesamtbreite von 3 Metern gegen die zulässige Fahrzeugbreite von 2,55 Meter verstieß (§ 22 Absatz 2 Straßenverkehrs-Ordnung [StVO]). Gleichzeitig überschritt das siebenachsige Fahrzeuggespann die nach § 34 Absatz 6 Nr. 5 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) das zulässige Gesamtgewicht von 40 Tonnen.
Für die Überschreitung der Maße hätte es einer Erlaubnis bedurft (§§ 29 Absatz 3 Satz 1, 46 Absatz 2 StVO, § 70 StVZO). Die Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums jedoch griff nicht, weil diese auf 41,8 Tonnen beschränkt war. Die Genehmigung des Landratsamts dagegen umfasste nicht die Zielstraße. Die [Zielstraße] ist weder eine Bundes-, noch eine Landes-, noch eine Kreisstraße. Dies hätte der Betroffene bei sorgsamer Lektüre und Planung der Fahrt vor Fahrtantritt auch erkennen können. Ebenso hätte er erkennen können, daß [sic!] die [Zielstraße] deshalb keine klassifizierte Straße ist und er somit über keine streckenbezogene Genehmigung für die Nutzung dieser Straße hatte.
Denn [klassifizierte] Straßen sind demnach alle Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, die auch eine entsprechende Nummerierung besitzen.
Das Gericht sah den Berufskraftfahrer auch in der Pflicht die Fahrstrecke zu prüfen. Gerade wenn besondere Transporte erfolgen, die einer Sondergenehmigung bedürfen, muß [sic!] auch der Kraftfahrer selbst prüfen, ob diese eingehalten sind. Eindeutig müßte [sic!] der Betroffene prüfen, ob eine Anschrift möglicherweise in einer Fußgängerzone liegt, in die er nicht einfahren darf. Nichts anderes gilt für einen Schwertransport, der überhaupt nur mit einer Sondergenehmigung ausgeführt werden darf.
In der Konsequenz hätte [er] dann den Fahrtantritt verweigern oder eine Anschlußerlaubnis [sic!] beantragen und somit vermeiden können, daß [sic!] er mit dem Gespann ohne Erlaubnis in die [Zielstraße] gefahren wäre.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Das Gericht sah den Fahrer in der Pflicht die 212 Seiten umfassende Ausnahmegenehmigung zu überprüfen und zumindest die Fahrstrecke stichpunktartig zu prüfen. Sollte es zu Unklarheiten bezüglich der zu fahrenden Strecke und der vorliegenden Genehmigungen kommen, hilft im Zweifelsfall juristischer Rat weiter. Die erfahrenen Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt helfen Ihnen gerne weiter.