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Wer Maß hält fährt besser

In Autobahnbaustellen ist die Fahrbahn regelmäßig verengt und die linke Fahrspur für Fahrzeuge ab einer bestimmten Breite gesperrt. Diese Beschränkung wird jedoch oft missachtet und – insbesondere bei Überholvorgängen – wird es dann mitunter sehr eng. In der Regel geht zwar alles gut; manchmal kommt es aber auch zu Berührungen mit entsprechenden Schäden. Der Streit […]
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08.02.2017
ca. 4 Minuten
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In Autobahnbaustellen ist die Fahrbahn regelmäßig verengt und die linke Fahrspur für Fahrzeuge ab einer bestimmten Breite gesperrt. Diese Beschränkung wird jedoch oft missachtet und – insbesondere bei Überholvorgängen – wird es dann mitunter sehr eng. In der Regel geht zwar alles gut; manchmal kommt es aber auch zu Berührungen mit entsprechenden Schäden. Der Streit um die Haftung ist dann fast immer vorprogrammiert.

Was war passiert

Der Geschädigte fuhr in einer Autobahnbaustelle auf der linken von zwei Spuren. Laut Beschilderung durfte diese nur von Fahrzeugen bis zu einer Breite von 2,00 Metern befahren werden. Das Fahrzeug des Klägers war – laut Zulassungsbescheinigung – 1,80 Meter, tatsächlich aber 2,06 Meter breit. Dies lag daran, dass die Angaben in der Zulassungsbescheinigung die Spiegel nicht berücksichtigen und nur die Breite der Karosserie ausweisen. Als der Geschädigte einen LKW überholte, kollidierte sein Fahrzeug sowohl mit dem LKW, als auch der Leitplanke. Der Geschädigte gab an, der LKW sei in seine Spur gefahren. Der Fahrer des LKW erklärte, dass der Baustellenbereich sehr eng gewesen sei, er auch ein Geräusch gehört habe – d.h. so ein leichtes Knirschen”. Als er in den Spiegel geschaut habe, habe er erkannt, dass der PKW des Klägers ganz dicht bei dem LKW dran gewesen sei, und zwar im hinteren Bereich des Sattel-Aufliegers. Der PKW habe gehupt und er sei dann etwas weiter nach rechts rüber gefahren mit dem Lkw. Ob er auf die linke Fahrspur gekommen sei, wisse er nicht mehr. Als der Geschädigte seinen Schaden von der Versicherung des LKWs ersetzt verlangte, weigerte diese sich zu zahlen, und am Ende entschied das Gericht.

Was sagt das Gericht?

Für Streifschäden im verengten Baustellenbereich sowie für Auffahrunfälle bei Fahrspurwechseln gelten dieselben Grundsätze. Lässt sich nicht aufklären, wer die Fahrbahn verlassen hat oder wen das überwiegende Verschulden trifft, haften beide Beteiligten mit je 50% (vgl. BGH, Urteil vom 30.11.2010 – Az.: VI ZR 15/10; LG Wuppertal, Urteil vom 03.04.2014 – Az.: 9 S 175/13; OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 11.05.2012 – Az.: 6 U 64/12; AG Wolfhagen, Urteil vom 18.12.2002 – Az.: 2 C 410/02). Kommt das Gericht bei der Beweisaufnahme aber zu der Überzeugung, dass das Verschulden einer Partei überwiegt, das der anderen aber nicht vollständig zurücktritt, entscheidet es zur Quote. So war es hier, und das Gericht verteilte die Haftung 60% zu 40% zu Lasten des LKW.

Wer einen Spurwechsel beabsichtigt, hat in den Spiegel zu blicken, sich nach der entsprechenden Seite umzuschauen und dies durch Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers auch rechtzeitig anzukündigen (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 21.06.2007 – Az.: 12 U 2/07). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, hat der LKW Fahrer dies offenbar nicht getan; denn sonst hätte er den neben ihm fahrenden PKW des Klägers nicht erst bemerkt, als er bereits leichtes Knirschen hörte. Sein Verhalten war daher als grob verkehrswidrig einzustufen (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.1969 – Az.: VI ZR 83/69; OLG Hamm, Urteil vom 24.04.1990 – Az.: 27 U 18/90) und schwerer zu bewerten als das des Klägers, der die linke Spur mit einem nur geringfügig zu breiten Fahrzeug befuhr (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 13.03.2008 – Az.: 12 U 145/07). Im Regelfall tritt die Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeugs bei derartigen Kollisionen sogar vollständig zurück und der Spurwechsler haftet alleine (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 12.06.2006 – Az.: 24 S 43/06).

Dass der Geschädigte keinen vollständigen Schadensersatz erhielt, lag an der Überbreite seines Fahrzeugs. In Hinblick auf die Verkürzung des vorgesehenen Sicherheitsabstandes zwischen den auf beiden Fahrspuren sich befindenden Fahrzeugen durch Befahren der linken Spur mit einem unzulässig breiten Fahrzeug (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 13.03.2008 – Az.: 12 U 145/07) wertete das Gericht den Verkehrsverstoß auf Seiten des Geschädigten ebenfalls als kausal für den Unfall. Als Folge musste er sich bei der Abwägung der Verursachungsanteile nach § 17 StVG ein Mitverschulden anrechnen lassen. Dass dieses – im Vergleich zum unangekündigten Fahrstreifenwechsel des LKW – geringer zu bewerten war, fand in der Quote seinen Ausdruck.

Kanzlei Voigt Praxistipp

Breitenbeschränkungen auf Fahrspuren sollten schon im Eigeninteresse beachtet werden. Ungeachtet etwaiger Bußgelder ist insbesondere in Baustellen nicht auszuschließen, dass Fahrzeuge, z.B. um auf der Fahrbahn liegenden Gegenständen auszuweichen oder infolge Unaufmerksamkeit des Fahrers, aus ihrer Fahrspur heraus fahren, ohne dies vorher anzuzeigen. Da die Angaben in der Zulassungsbescheinigung die Außenspiegel nicht berücksichtigen, sind sie für die Feststellung der Breite des eigenen Fahrzeugs nur bedingt aussagefähig. Im Zweifel hilft nur nachmessen.

Sollte es dennoch zu einer Kollision kommen, empfiehlt es sich sowohl an der Unfallstelle als auch danach ruhig Blut” zu bewahren. Dies gilt insbesondere mit Blick auf ein etwaiges Schadenmanagement des gegnerischen Versicherers, dem es in erster Linie um die Geringhaltung seiner Kosten geht. Besser ist die Einschaltung eines spezialisierten Anwalts, der mit den Details vertraut und ausschließlich Ihren Interessen verpflichtet ist. Für die Anwälte der Kanzlei Voigt zählen verkehrsrechtliche Fragestellungen und Problemlösungen zum Tagesgeschäft. Wir kämpfen für Ihr Recht, damit Sie nicht auf der Strecke bleiben!

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