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Zum Widerrufsrecht beim Online-Autokauf

Online-Autokäufe sind heute normal und wer sein Fahrzeug online kauft hat in der Regel ein auf vierzehn Tage beschränktes Widerrufsrecht. Das gilt aber nur, wenn die Widerrufsbelehrung alle notwendigen Angaben enthält!
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04.04.2025
ca. 4 Minuten
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Fernabsatzgeschäft über eine Online-Verbindung

Damit ein Autokäufer das Widerrufsrecht bei einem Fernabsatzgeschäft nutzen kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Das OLG Oldenburg hat bereits 2020 erläutert, worauf es ankommt (Urt. v. 12.03.2020 Az. 14 U 284/19).

Dem Verfahren, dass die klagende Autokäuferin bereits in der ersten Instanz vor dem Landgericht Oldenburg (Urt. v. 16.09.2020, Az. 2 O 683/19) verloren und bei dem der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde am 09.02.2021, Az. VIII ZR 73/20, zurückgewiesen hatte, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Autohändler hatte ein Fahrzeug im Internet inseriert, woraufhin die Klägerin telefonisch Kontakt aufgenommen hatte. Das Autohaus schickte ihr daraufhin per E-Mail ein Bestellformular zu und die Käuferin sandte dasselbe unterschrieben zurück.

In dem Formular hieß es unter anderem: “Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Bestellung innerhalb der Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt.”

Unter “Zahlungsweise und sonstige Vereinbarungen” stand:

“Bezahlung vorab per Überweisung. Auslieferung nach Geldeingang bei der …

Den zugesandten Unterlagen lag keine Widerrufsbelehrung bei!

Nachdem die Käuferin das Fahrzeug per Online-Überweisung bezahlt hatte, sandte das Autohaus ihr die Papiere zwecks Anmeldung per Post zu. Ende Januar holte der Ehemann der Käuferin das Auto ab und bestätigte, dass alles in Ordnung ist.

Im November 2018 schrieb die Käuferin dem Autohaus, dass sie den Kauf rückgängig macht. Sie sagte, dass sie den Kaufvertrag widerrufen könne, weil sie – das war unstrittig – keine Widerrufsbelehrung erhalten habe. Das Autohaus meinte dagegen, es habe gar kein Fernabsatzgeschäft vorgelegen.

Das Autohaus und die Gerichte sahen keinen Fernabsatzvertrag!

Die Käuferin scheiterte vor den Gerichten. Anders als das Landgericht, war das OLG zwar der Meinung, mit der postalischen Übersendung der Rechnung sei die Annahme des Angebots konkludent erklärt worden. Denn sie sei so auszulegen gewesen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (§§ 133, 157 BGB). Zudem hätte das Autohaus den Käufer ohne Vertragsschluss überhaupt nicht zur Zahlung auffordern dürfen. Denn erst mit Eintritt der Fälligkeit kann der Gläubiger die Leistung erstmals verlangen (§ 271 Abs. 2 BGB), was einen Vertragsschluss voraussetzt.

Fernabsatz erfordert ein“ für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem“

Entscheidend für den Ausgang des Rechtsstreits war, dass das Autohaus nicht ständig, sondern nur manchmal Verträge über Fernkommunikationsmittel abschloss und daher auch kein „organisiertes System für den Fernabsatz“ hatte.

Von einem solchen ist auszugehen, wenn, „wenn der Unternehmer mit – nicht notwendig aufwändiger – personeller und sachlicher Ausstattung innerhalb seines Betriebs die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen hat, die notwendig sind, um regelmäßig im Fernabsatz zu tätigende Geschäfte zu bewältigen.

Dabei sind an die Annahme eines solchen Vertriebs- oder Dienstleistungssystems insgesamt keine hohen Anforderungen zu stellen (BT-Drs. 17/12637, S. 50). Geschäfte, die nur manchmal und zufällig per Telefon oder Internet abgeschlossen werden, sind nicht vom Fernabsatzwiderruf betroffen… Aber es gibt eine Ausnahme: Der Inhaber eines Geschäfts darf nicht nur gelegentlich Waren versenden, sondern muss systematisch auch mit dem Angebot telefonischer Bestellung und Zusendung der Waren werben. Wie genau das ist, muss ein Gericht entscheiden (BT-Drs. 14/2658, Seite 30 f.). In dem vorliegenden Fall wurde diese Grenze nicht überschritten.

Muss die Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer enthalten?

In einem Fall, in dem ein solches System vorlag, hatte der BGH hat am 25.05.2025 (Az. VIII ZR 143/24) entschieden, dass es ausreichend ist, wenn die Widerrufsbelehrung nicht nur die Postadresse und E-Mail-Adresse des Unternehmens enthält und dass die Angabe der Telefonnummer nicht zwingend erforderlich ist.

Verbraucher dürfen nicht in die Irre geführt werden

Entscheidend ist, dass die Belehrung den Verbraucher in Bezug auf seine Rechte und Pflichten nicht irreführt und dazu führt, dass er einen Vertrag abschließt, den er nicht abgeschlossen hätte, wenn er vollständige und zutreffende Informationen erhalten hätte. Das hat der Europäische Gerichtshof am 21.12.2023 in einem Urteil bestätigt (Az. C-38/21, C-47/21, C-232/21). Der Bundesgerichtshof sieht das genauso (Urt. v. 15.10.2024, Az. XI ZR 39/24).

Der BGH sah den Verbraucher nicht daran gehindert, den Widerruf innerhalb der 14-tägigen Frist erklären, weil das Autohaus in der Widerrufsbelehrung „nur“ seine Postadresse und E-Mail-Adresse angegeben hatte, die – auf der Internetseite vorhandene – Telefonnummer aber fehlte. Denn auch so war gewährleistet, dass er schnell und innerhalb der Frist mit dem Autohaus in Kontakt treten konnte. Eine Irreführung konnte das Gericht nicht erkennen.

In der Urteilsbegründung heißt es dazu, dass dem Verbraucher die Rechtslage erklärt worden war, ohne dass die Belehrung dadurch unübersichtlich wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 04.12.2018, Az. XI ZR 46/18).

Unternehmer müssen dem BGH zufolge übrigens nicht prüfen, ob der Adressat der Widerrufsbelehrung ein Verbraucher oder ein Unternehmer ist (BGH, Urt. v. 09.11.2011, Az. I ZR 123/10).

Der BGH erklärt, dass Belehrungen nicht zulässig sind, deren Inhalt oder Gestaltung die Gefahr begründen, dass der Verbraucher irregeführt und von einem rechtzeitigen Widerruf abgehalten wird (BGH, Urt. v. 01.12.2022, Az. I ZR 28/22).

Fazit und Praxistipp

Die Entscheidungen zeigen zwei Dinge:

Nicht jeder Vertrag, der über Telefon und Internet angeboten wird, ist ein Fernabsatzvertrag. Angesichts der Bedeutung, die der Online-Vertrieb inzwischen hat, dürfte mittlerweile fast jeder Kfz-Betrieb auch die nötigen organisatorischen Voraussetzungen geschaffen haben, um Fernabsatzgeschäfte durchführen zu können.

Das Urteil des BGH vom 25.05.2025 zeigt aber auch, dass Widerrufsbelehrungen nicht zu lang sein müssen. Wenn der Verbraucher z. B. durch die Angabe einer Postadresse und E-Mail-Adresse leicht den Widerruf erklären kann, reicht es, wenn die Telefonnummer auf der Internetseite des Unternehmens angegeben ist. Es schadet aber auch nicht, wenn sie in der Widerrufserklärung enthalten ist.

Bildnachweis: meminsito/Pixabay

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