Ob Black Friday oder das Weihnachtsgeschäft: Überall sind jetzt vermehrt Paketzusteller unterwegs. Bei den wachsenden Paketzahlen kann schnell etwas vergessen werden – wie beispielsweise die Handbremse anzuziehen. Doch wer kommt für den Schaden auf, wenn sich das Fahrzeug selbständig macht? Darüber hatte das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg mit Urteil vom 11.04.2019 (Az.: 1 Ca 1225/18) zu befinden.
Was war passiert?
Ein Paketzusteller stellte sein Fahrzeug an einer abschüssigen Straße (ca. 10% Gefälle) ab, um Briefe zuzustellen. Als er zu dem Wagen zurückkehren wollte, hatte sich dieser bereits selbständig gemacht. Erst ein Steinblock auf der anderen Straßenseite hielt den Transporter auf. Dabei wurde das Fahrzeug beschädigt.
Der Arbeitgeber forderte von dem Paketzusteller Ersatz der Reparaturkosten. Er warf seinem Arbeitnehmer vor, den Wagen nicht ordnungsgemäß gegen Wegrollen gesichert zu haben, wie es die Dienstvorschriften vorschrieben. Der Paketzusteller dagegen bestand darauf, dass er den ersten Gang eingelegt und die Handbremse angezogen habe. In seinen Augen war ein Versagen der Handbremse Ursache des Schadens. Weil es zu keiner Einigung kam, landete die Angelegenheit vor Gericht.
Die Entscheidung des Gerichts
Nachdem das Arbeitsgericht Siegburg unter anderem einen Sachverständigen angehört hatte, schloss es ein Versagen der Bremsen aus. Daher blieb nur noch der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich schwerem Maße verletzt und dabei Überlegungen unterlässt und Verhaltenspflichten missachtet, die ganz nahe liegen und im gegebenen Fall Jedem hätten einleuchten müssen.
Dass der Wagen an einer erheblich abschüssigen Straße wegrollt, wenn weder Handbremse noch der gegen gerichtete Gang eingelegt sind, war aus Sicht des Gerichts etwas, dass jedem einleuchten dürfte. Daher kam es zu dem Schluss, dass der Paketzusteller grob fahrlässig gehandelt habe.
Weiter führte das Gericht aus: Eine Haftungsbeschränkung, die zur einer Reduzierung des Haftungsbetrages führen würde, kommt (
) nicht in Betracht. In der Regel haftet der Arbeitnehmer auch nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in vollem Umfang
. Damit sprach es dem Arbeitgeber den Schadensersatz zu.
Und die Kaskoversicherung?
Wenn der Versicherungsnehmer den Schaden grob fahrlässig herbeiführt, kann der Versicherer die Versicherungsleistung kürzen (§ 81 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz). In welcher Höhe dies erfolgt, hängt vom Beitrag zum Unfallgeschehen ab.
Zahlt die Kfz-Haftpflicht?
Wer unverschuldet durch ein anderes Fahrzeug geschädigt wurde, hat auch bei grober Fahrlässigkeit des Unfallverursachers Anspruch auf Schadensersatz vom Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners. Allerdings kann der Versicherer in der Regel dann den Versicherungsnehmer in Regress nehmen. Dabei ist die Regressforderung auf 5.000 Euro begrenzt.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Mit ausreichend Sorgfalt lassen sich Schäden aufgrund grober Fahrlässigkeit vermeiden. Doch manchmal genügt ein unachtsamer Moment, um vom Versicherer bereits als grob fahrlässig eingestuft zu werden. Allerdings muss Ihnen der Versicherer die grobe Fahrlässigkeit nachweisen. Bevor Sie jedoch zu früh kampflos aufgeben und auf den Kosten sitzen bleiben, lohnt sich eine Überprüfung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt. Die ETL Kanzlei Voigt steht Ihnen gerne zur Seite.