Nach sogenannten Wildunfällen bleiben die Körper getöteter Tiere regelmäßig an den Straßenrändern oder in den -gräben liegen. Obgleich die Frage gerichtlich geklärt ist, kann es dennoch immer wieder zu Unsicherheiten kommen. Das Verwaltungsgericht Hannover hatte sich 2017 mit der Frage zu befassen, wer die Kosten für deren Beseitigung zu tragen hat. Vorausgegangen waren Leistungsbescheide der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) an Autofahrer, die die Tierkörper nicht beseitigt hatten. Dies hatte der jeweilige Jagdausübungsberechtigte erledigt. Anschließend hatte er der Behörde Kosten dafür in Rechnung gestellt, die die Behörde ihrerseits von den Autofahrern ersetzt verlangte. Diese sahen das nicht ein und beschritten – erfolgreich – den Rechtsweg.
Nach § 1 Abs. 5 Bundesjagdgesetz besitzt der Jagdausübungsberechtigte ein Aneignungsrecht. Erst wenn er darauf verzichtet, darf der Autofahrer selbst Hand anlegen. Auf der anderen Seite verpflichten § 7 Abs. 3 Bundesfernstraßengesetz bzw. § 17 Niedersächsisches Straßengesetz denjenigen, der eine Straße über das übliche Maß hinaus verunreinigt, die Verunreinigung unverzüglich zu beseitigen. Dies ist der Autofahrer, der aber zunächst die Rückäußerung des Jagdberechtigten abwarten muss.
Das Verwaltungsgericht Hannover hatte hier Klarheit geschaffen und entschieden, dass ein Autofahrer für die Beseitigungskosten nicht in Anspruch genommen werden könne. Denn die Reinigungspflicht entstehe unmittelbar Kraft Gesetzes. Sie sei nicht aufschiebend bedingt von der Willensentscheidung des jeweiligen Jagdausübungsberechtigten abhängig. Die Vorschriften zur Straßenreinigung seien daher nicht als Rechtsgrundlage für eine Kostenpflicht der von einem Wildunfall betroffenen Autofahrer geeignet.
Insbesondere, wenn der Jagdausübungsberechtigte die Wildkörper selber abberge und entsorge, d.h. von seinem Aneignungsrecht Gebrauch mache, könne ein Autofahrer davon ausgehen, dass von ihm keine Straßenreinigung erwartet werde. Im Übrigen würden auch die Zivilgerichte einen Anspruch auf Kostenerstattung überwiegend ablehnen. Das Gericht hat deshalb keinen Anlass dafür gesehen, diesen Anspruch, über den Umweg des Verwaltungsrechts, dem Fahrzeugführer doch noch aufzuerlegen. Die verfahrensgegenständlichen Leistungsbescheide hat es aufgehoben.
Berufung zugelassen
Das OVG Lüneburg hat am 22.11.2017 entschieden wie folgt:
“1. Bei einem durch einen Zusammenstoß mit einem Kraftfahrzeug verendeten, im öffentlichen Straßenraum liegenden und noch im Ganzen vorhandenen Kadaver eines wildlebenden Tieres im Sinne des § 1 Abs. 1 BJagdG handelt es sich jedenfalls dann, wenn es um ein größeres Tier geht (hier ein Reh), tatbestandlich nicht um eine Verunreinigung im Sinne des § 17 Satz 1 Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG).
2. § 17 Satz 1 NStrG statuiert eine Eintrittsbefugnis des Trägers der Straßenbaulast für den Fall einer Nichterfüllung der primären Beseitigungspflicht durch den Verursacher einer Verunreinigung. Der Verursacher muss nur für die Kosten aufkommen, die durch die Beseitigung der Verunreinigung durch den Träger der Straßenbaulast entstanden sind. Daran fehlt es, wenn die Beseitigung nicht auf ein entsprechendes Handeln der Behörde zurückgeführt werden kann.”
Themenbezogene Links
Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover v. 29.03.2017, Az. 7 A 5245/16
Urteil des OVG Lüneburg v. 22.11.2017, Az. 7 LC 35/17
Autofahrer müssen nicht für Bergung und Entsorgung von Unfallwild zahlen
Aktualisiert am 14.10.2024