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Wenn die Bußgeldstelle auf das Tempo drückt

Eigentlich soll die der Polizei und den Kommunen obliegende Geschwindigkeitsüberwachung der Unfallverhütung und damit der Verkehrssicherheit dienen. Auffällig ist aber, dass an vielen Orten mittlerweile eine stets ansteigende Zahl stationärer Blitzer in Säulenform das Landschaftsbild bereichert und daneben zusätzlich mit mobilen Geräten geblitzt wird. Sehr großer Beliebtheit erfreuen sich dabei laserbasierte Messgeräte, wie z.B. Poliscan […]
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24.01.2018
ca. 4 Minuten
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Eigentlich soll die der Polizei und den Kommunen obliegende Geschwindigkeitsüberwachung der Unfallverhütung und damit der Verkehrssicherheit dienen. Auffällig ist aber, dass an vielen Orten mittlerweile eine stets ansteigende Zahl stationärer Blitzer in Säulenform das Landschaftsbild bereichert und daneben zusätzlich mit mobilen Geräten geblitzt wird. Sehr großer Beliebtheit erfreuen sich dabei laserbasierte Messgeräte, wie z.B. Poliscan Speed von der Firma Vitronic oder TraffiStar S350 von Jenoptik. Aber auch stationäre Anlagen, mit in der Fahrbahndecke eingelassenen Messfühlern, wie z.B. das TRAFFIPAX TraffiStar S330, sind weit verbreitet. Laut Herstellerangaben funktionieren diese Geräte nahezu fehlerfrei und sind in der Handhabung narrensicher. Insbesondere sollen sie uneingeschränkt für die gleichzeitige Überwachung mehrerer Fahrspuren geeignet sein.

Die stark gestiegene Kontrolldichte lässt vermuten, dass der Betrieb von Blitzern oftmals weniger der Verkehrssicherheit als vielmehr der Konsolidierung kommunaler Haushalte und – in zunehmendem Maße – auch dem Wohl privater Betreiber dient (Siehe Heißer Blitzer – Geschwindigkeitsmessungen dienen nicht (nur) der Sicherheit im Verkehr). Zudem hat die Praxis gezeigt, dass die im Einsatz befindlichen Lasermessgeräte nicht immer das halten können, was die Gerätehersteller versprechen.

Technische Praxisprobleme bei dem Einsatz von Poliscan Speed und TraffiStar S350

Bei Poliscan Speed kam es in der Vergangenheit mehrfach zu Problemen, die zur Abänderung des Messgeräts bzw. der Messgerätesoftware geführt haben. Im Rahmen jüngerer Gerichtsverfahren ist anlässlich der Einholung von Sachverständigengutachten festgestellt worden, dass das Messgerät bei der Messwertbildung im Einzelfall durchaus von den Vorgaben der Genehmigungsbehörde abweichen kann. Laut den Vorgaben der staatlichen Bauartzulassung soll die Messwertbildung stattfinden, wenn das gemessene Fahrzeug sich in einer Entfernung zwischen 50 m und 20 m zum Messgerät befindet. Beispielhaft in Verfahren vor dem OLG Karlsruhe (Beschluss vom 26.05.2016, Az.: 2 Rb 8 Ss 246/17) und dem AG Dortmund (Urteil 28.07.2017, Az.: 729 OWi 268 Js 1065/17 – 178/17), haben Sachverständige nachgewiesen, dass die Messwertbildung außerhalb dieses zugelassenen Entfernungsbereichs erfolgte. Ebenso ist auch die Aufstellhöhe für eine korrekte Messung relevant (so auch AG Deggendorf, Beschluss vom 23.11.2016, Az.: 4 OWi 7 Js 11540/16).

Für das Gerät TraffiStar S350 haben zuletzt einige Gerichte die Verfahren eingestellt, weil die mittlerweile verwendete neuste Gerätesoftware dazu führt, dass die bei der Messwertbildung erzeugten Messdaten nicht mehr vollständig abgespeichert werden. Dies hat zur Folge, dass die gemessene Geschwindigkeit von Sachverständigen im Nachhinein nicht mehr verlässlich auf ihre Richtigkeit überprüft werden kann (vgl. z.B. AG Stralsund, Urteil vom 07.11.2016, Az.: 324 Owi 546 Js 15022/16 – 554/16 und  AG Neunkirchen, Urteil vom 20.06.2017, Az.: 19 OWi 546 Js 3046/16 – 532/16). Mitunter wurden die Verfahren auch wegen falscher Auftstellhöhen eingestellt. So hat Anfang Juli 2017 z.B. die Stadt Halle (Saale) eine falsch eingerichtete Blitzersäule mit TraffiStar S350 abgeschaltet.

Fehlerquelle Messfotoauswertung

Neben den genannten Problemen kann es immer wieder auch zu Fehlern bei der Auswertung der Messfotos kommen. Da die genannten Lasermessgeräte für die gleichzeitige Überwachung mehrerer Fahrspuren zugelassen sind und entsprechend eingesetzt werden, ist die Messwertzuordnung immer dann nicht unproblematisch, wenn sich mehrere Fahrzeuge gleichzeitig in dem für die Messwertbildung maßgeblichen Bereich befinden.

Die Messgerätehersteller haben daher Sorge dafür getragen, dass in die Messfotos eine Auswertehilfe eingeblendet wird, die gewisse Herstellerkriterien erfüllen muss. Ob die Kriterien erfüllt sind und die jeweilige Einzelmessung verwertbar ist, muss im Nachgang zur Messung bei einer individuellen Auswertung der Messfotos festgestellt werden. Diese Auswertung nehmen regelmäßig Mitarbeiter der zuständigen Bußgeldbehörde vor.

Unter welchen Rahmenbedingungen werden die Fotos ausgewertet?

Einen sehr interessanten Einblick in die Arbeitsweise einer Bußgeldbehörde gibt eine aktuelle Entscheidung das Verwaltungsgericht Karlsruhe (Urteil vom 06.07.2017, Az.: 2 K 729/16). In diesem Verfahren ist eine Mitarbeiterin des Regierungspräsidiums Karlsruhe, die mit der Auswertung von Messfotos befasst ist, gegen ihre dienstliche Beurteilung vorgegangen.

Durch das veröffentlichte Urteil ist bekannt geworden, dass die Mitarbeiter nach den Vorgaben des Regierungspräsidiums in einer Stunde 100 Messungen des Messgeräts Poliscan Speed und 150 Messungen des Messgeräts TraffiStar auswerten müssen. Obwohl mangels genauer Angaben in den Urteilgründen zum Messystem TraffiStar nicht erkennbar ist, welche Messgerätetechnik des Herstellers Gegenstand der Entscheidung war, ist dennoch anzumerken, dass ein Zeitintervall von 36 Sekunden bzw. 24 Sekunden zur angemessenen Auswertung der Messfotos bedenklich kurz ist. Da in dieser Zeit  die Erfüllung der Herstellerkriterien, sowie die Schlüssigkeit und Ordnungsgemäßheit der Einblendungen in der Statuszeile des Messfotos verifiziert und die abschließende Entscheidung getroffen werden muss, ob ein Bußgeldverfahren durch Erlass eines Bußgeldbescheides eingeleitet wird, bleibt für die gebotene intensive Auseinandersetzung mit besonderen Messkonstellationen, die vom regulären Standardfall abweichen, naturgemäß keine ausreichende Zeit.

Fehlentscheidungen sind dabei nicht auszuschließen. Dies wird auch durch den vom Verwaltungsgericht Karlsruhe entschiedenen Fall indirekt bestätigt. Das Regierungspräsidium hatte die klagende Mitarbeiterin nach Umstellung des Bewertungssystems mit 7 von möglichen 15 Punkten bewertet und dies damit begründet, dass die Mitarbeiterin quantitativ mit ihren durchgeführten Messfotoauswertungen im vorgegebenen Soll und die ihr bei der Auswertung unterlaufenden Fehler im durchschnittlichen Bereich liegen.

Kanzlei Voigt Praxistipp

Der Fall zeigt, dass es sich bei Bußgeldverfahren um Massenverfahren handelt. Insbesondere bei der Auswertung der Messfotos werden von den Auswertebeamten immer wieder Fehler gemacht und zu Unrecht Bußgeldbescheide erlassen. Vor allem bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen ist es daher dringend anzuraten, den Fall anwaltlich auf technische Fehler und Verfahrensfehler überprüfen zu lassen. Das hochspezialisierte Anwaltsteam der ETL-Kanzlei Voigt berät Sie gerne kompetent zu den Erfolgsaussichten und taktischen Möglichkeiten in Ihrer Bußgeldangelegenheit. Wie kämpfen an Ihrer Seite um die Vermeidung unberechtigter Fahrverbote und gegen die Eintragung unberechtigter Geldbußen und Punkte!

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