Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen nicht nur Einsatzfahrzeuge rote Ampeln überfahren. Aber welche Konstellationen sind das?
Wo Polizeibeamter den Verkehr regeln, gehen deren Weisungen den Verkehrszeichen vor. Gibt ein Polizeibeamter den Verkehr frei, darf trotz Rotlichts gefahren werden. Autofahrer müssen dennoch gesteigerte Vor- und Rücksicht auf den übrigen Verkehr nehmen (z.B. OLG Köln, Beschl. v. 29.04.1980, Az. 1 Ss 1037 B 7/79; OLG Köln, Urt. v. 06.06.1966, Az. 12 U 208/65).
Befindet sich neben der Ampel ein grüner Pfeil, dürfen Rechtsabbieger auch bei Rotlicht fahren. Jedoch ist vor der Haltelinie kurz anzuhalten und andere Verkehrsteilnehmer dürfen weder behindert noch gefährdet werden. „Gefordert ist eine über die allgemeine Sorgfaltspflicht des § 1 StVO hinausgehende äußerste Sorgfalt“ (OLG Bamberg, Urt. v. 20.07.2021, Az. 5 U 428/20). Wer ohne anzuhalten weiterfährt, riskiert ein Bußgeld in Höhe von 70 Euro sowie einen Punkt in Flensburg
Fahrzeugen im Einsatz ist Platz zu schaffen ( § 38 Abs. 1 StVO). Im Zweifel muss auch über eine rote Ampel gefahren werden. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Wer die Ampel überfährt, hat allerdings nicht ebenfalls „freie Fahrt“. Er darf lediglich die Haltelinie überfahren, um Platz zu schaffen. Die Fahrt als solche darf erst bei der nächsten Grünphase fortgesetzt werden.
Wer in einem geschlossenen Verband im Sinne von § 27 StVO fährt, darf eine rote Ampel überfahren, wenn das erste Fahrzeug diese bei grün passiert hat. Die Begründung liegt darin, dass Kolonnen rechtlich als ein Fahrzeug betrachtet werden. Die Fahrzeuge müssen sich dann “geschlossen”, das heißt als Glieder eines eine Einheit bildenden Verbandes, bewegen, weil sonst der Zusammenhang zwischen ihnen für andere Verkehrsteilnehmer nicht ohne weiteres erkennbar ist (OLG Schleswig, Urt. v. 31.07.1991, Az. 9 U 133/89).
Vorsicht ist dennoch geboten! Nicht jede Ansammlung von Fahrzeugen (z.B. Hochzeitskonvois) ist – selbst bei gemeinsamer Fahrt – ein Verband. Ein geschlossener Verband erfordert z.B. „einen verantwortlichen Führer, der für die Einhaltung der einzelnen für den Verband geltenden Vorschriften verantwortlich ist und auch die Kennzeichnung der zu dem Verband gehörenden Fahrzeuge bestimmt“ (KG Berlin, Beschl. v. 27.08.2020, Az. 3 Ws (B) 175/20).
Zeigt eine Ampel infolge einer Funktionsstörung „Dauerrot“, ist das Rotlicht unbeachtlich. Die Ampel darf dann mit äußerster Vorsicht überfahren werden.
Drängt sich die Fehlerhaftigkeit einer solchen Ampelschaltung, die etwas Unsinniges gebietet, nicht ohne weiteres auf, ist vor dem Überqueren der Haltelinie in jedem Fall eine ausreichend lange Zeit zu warten (hierzu: OLG Köln, Beschl. v. 29.04.1980, Az. 1 Ss 1037 B 7/79).
Die Länge dieses Zeitraums ist nicht geregelt. Einer Wartezeit von fünf Minuten kann aber genügen (z.B. OLG Hamburg, Beschl. v. 11.09.2023, Az. 5 ORbs 23).
Wer irrig einen Defekt angenommen hat, wird um Konsequenzen zwar nicht gänzlich umhinkommen. Es bestehen jedoch gute Chancen, dass der Verstoß nicht als grob pflichtwidrig eingestuft wird. Von der Verhängung eines Regelfahrverbots wird dann regelmäßig abgesehen (z.B. AG Dortmund, Urt. v. 17.01.2017, Az. 729 OWi 9/17, 729 OWi – 264 Js 2313/16 – 9/17; OLG Hamm, Beschl. v. 10.06.1999, Az. 2 Ss OWi 486/99).
Der Grundsatz, dass vor einer roten Ampel immer anzuhalten ist, ist unbestritten. Es existieren aber auch Konstellationen, bei denen ein Überfahren des Rotlichts ohne oder nur mit geringen Folgen möglich ist.
In allen anderen Situationen können Punkte, eine Geldbuße sowie ein Fahrverbot drohen!
Sollte Ihnen ein Rotlichtverstoß vorgeworfen werden oder sollten Sie an einer Ampel in einen Unfall verwickelt worden sein, kontaktieren Sie uns!
Wir regeln das!