Die Gerichte haben sich immer wieder mit der Frage der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zu befassen, wenn es beim Öffnen der Tür beim Aussteigen aus einem Fahrzeug zu einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug kommt. Das Landgericht (LG) Amberg hatte sich als Berufungsinstanz mit der Frage zu befassen, wie die Schuld zu verteilen ist, wenn die Kollision nicht mit dem fließenden Verkehr auf der Fahrerseite, sondern mit einem in die Parklücke einfahrenden Fahrzeug auf der rechten Seite stattfindet
Was war passiert?
Das Fahrzeug des Geschädigten stand vorwärts auf einem Parkplatz. Als die Beifahrerin aussteigen wollte, fuhr ein weiteres Auto in die rechts daneben befindliche Parklücke ein. Dabei kollidierte es mit der geöffneten Beifahrertür des stehenden Fahrzeugs. Der Geschädigte und seine Beifahrerin bestanden darauf, die Tür sei mindestens 10 Sekunden lang gleichbleibend geöffnet gewesen. Der Fahrer des schädigenden Fahrzeugs behauptete hingegen, dass er mit ausreichendem Seitenabstand in die Parklücke eingefahren wäre und die Tür geschlossen gewesen sei.
Da die Beteiligten sich nicht einigen konnten, machte der Geschädigte die Sache beim Amtsgericht Amberg anhängig. Dies sah eine hälftige Haftungsverteilung als gegeben an. Damit wollte sich der Kläger aber nicht zufrieden geben. Er ging in die Berufung und unterlag.
Wer aussteigt muss Rücksicht nehmen…
Zunächst stellte das Gericht anhand des Schadensbildes fest, dass die Tür zum Zeitpunkt der Kollision bereits geöffnet und der Beklagte gegen die Tür gestoßen war. Auch stellte es fest, dass der Beklagte keinen ausreichenden Seitenabstand eingehalten und damit gegen § 1 StVO verstoßen
hatte.
Auf Klägerseite berücksichtigte es, dass die Sorgfaltspflichten nach § 14 Abs. 1 StVO, nicht nur den fließenden Verkehr erfassen, sondern auch auf öffentlichen Parkplätzen herangezogen werden können. Der Regelung zufolge, haben das Ein- oder Aussteigen stets so zu erfolgen, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist. Denn das Öffnen einer Tür schafft in jedem Fall ein plötzliches Hindernis im zuvor freien Verkehrsraum und erweist sich damit als ebenso gefährlich für die übrigen Verkehrsteilnehmer
.
… wer einparkt auch
Während der Kläger sich zurechnen lassen musste, dass seine Beifahrerin den rückwärtigen Verkehr möglicherweise nicht hinreichend beachtet hatte, musste der Beklagte sich vorhalten lassen, dass auch er seine Sorgfaltspflichten verletzt hatte. Schließlich muss derjenige der in eine freie Parktasche einfährt, damit rechnen, dass daneben abgestellte Fahrzeuge noch mit Insassen besetzt sind, solange er sich nicht hinreichend vom Gegenteil überzeugen konnte.
Der Beklagte musste sich daher auf ein Türöffnen des Nachbarfahrzeuges einstellen und durfte nicht darauf vertrauen, dass sich dessen Insassen verkehrsgerecht verhalten (vgl. LG Saarbrücken, Urt. v. 29.05.2009, Az.: 13 S 181/08). außerdem hätte er einen hinreichenden Seitenabstand einhalten müssen, zumal die Tür nach den Feststellungen des Sachverständigen zum Zeitpunkt der Kollision bereits geöffnet war (vgl. hierzu OLG Celle, Urt. v. 22.09.2010, Az.: 14 U 63/10).
Beim Ein- und Ausparken ist besondere Sorgfalt gefordert!
Im Ergebnis bestätigte das LG Amberg die hälftige Haftungsverteilung. Dabei nahm es Bezug auf ein Urteil des OLG Frankfurt am Main, in einem vergleichbaren Sachverhalt: Ungeachtet besonderer Umstände im Einzelfall sind daher an die Sorgfalt des Fahrers eines Fahrzeugs, der auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz in eine rechtwinklig zur Durchfahrtrichtung angeordnete Parklücke einparken will, sowie an die Sorgfaltspflicht des Fahrers oder Mitfahrers eines neben dieser Parklücke abgestellten weiteren Fahrzeugs beim Aussteigen gleich hohe Anforderungen zu stellen, so dass in der Regel bei einer Kollision des einparkenden Fahrzeugs mit einer teilweise geöffneten Fahrzeugtür eines geparkten Fahrzeugs eine hälftige Schadenaufteilung angemessen erscheint (OLG Frankfurt, Urteil vom 09. Juni 2009 – 3 U 211/08).
Kanzlei Voigt Praxistipp
Beim Ein- und Ausparken darf man grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer das eigene Auto wahrnehmen. Angesichts der Besonderheit der Situation, sind gerade hier erhöhte Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme gefordert. Da sich die Situationen – auch beim Ein- und Ausparken – aber von Fall zu Fall unterscheiden, sollte man nicht klein beigeben, wenn der Unfallgegner ein Verschulden von sich weist oder der gegnerische Versicherer die Regulierung verweigert.
Damit Sie zu Ihrem Recht kommen und Ihre Schadenersatzansprüche nicht zerdrückt
werden, sollten Sie gleich einen Anwalt mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen. Die Anwälte der ETL Kanzlei Voigt treten dem Unfallgegner und dessen Versicherer mindestens auf Augenhöhe gegenüber. Wir stehen Ihnen gerne zur Seite und kämpfen für Ihr Recht, damit Sie auf Ihnen zustehende Ansprüche nicht verzichten müssen!