Das OLG Celle hatte sich am 12.10.2022 mit der Frage zu befassen, ein Fahrzeug, das nach einer unbegleiteten Probefahrt nicht wieder zum Händler zurück gebracht worden ist, gutgläubig erworben werden kann.
Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem ein Autohaus einem betrügerisch handelnden angeblichem Kaufinteressenten ein hochwertiges Fahrzeug für eine unbegleitete Probefahrt überlassen hatte. Dieser brachte das Fahrzeug jedoch nicht zurück, sondern verkaufte es – mit gefälschten Papieren – bei Ebay.
Ein Autohaus gab einem angeblichen Kaufinteressenten am 8. September 2020 einen Audi Q5 für eine einstündige Probefahrt. Der Interessent, der falsche Personalien angegeben hatte, kehrte nicht zurück. Stattdessen inserierte er das Fahrzeug bei Ebay und verkaufte es schließlich für 31.000 € in bar. Bei dem Verkauf übergab seine Frau dem Käufer gefälschte Fahrzeugpapiere. Der Käufer übergab das Fahrzeug zwei Wochen später der Polizei, die es dem Autohaus zurückgab. Dieses verkaufte es anschließend für 35.000 €. Der getäuschte Käufer verlangt diesen Erlös heraus.
Zu recht, weil er das Eigentum wirksam von dem „Betrüger“ erlangt hatte, wie der 7. Zivilsenat mit Urteil vom 12. Oktober 2022 entschied (Az. 7 U 974/21). Zwar kann grundsätzlich nur der Eigentümer wirksam über eine Sache verfügen. Übergibt ein Nichtberechtigter die Kaufsache aber beim Verkauf an den Käufer, kann dieser auch dann Eigentümer werden, wenn die Sache tatsächlich nicht dem Verkäufer gehörte.
Ein solcher sog. gutgläubiger Erwerb von einem Nichtberechtigten scheidet zwar aus, wenn die Kaufsache dem wahren Eigentümer gestohlen wurde oder ihm sonst abhandengekommen ist. Hier hatte das Autohaus den Wagen aber freiwillig für eine unbegleitete einstündige Probefahrt herausgegeben. Damit hatte es den Besitz an dem Pkw freiwillig aufgegeben, auch wenn das Auto über eingebaute SIM-Karten geortet werden konnte. Diese Ortungsmöglichkeit stand einer Begleitung bei der Probefahrt schon deshalb nicht gleich, weil eine Ortung nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung über die Polizei und den Hersteller möglich war. Sie schloss einen gutgläubigen Erwerb des Wagens daher nicht aus.
Darüber hinaus scheidet ein gutgläubiger Erwerb zwar auch dann aus, wenn der Käufer grob fahrlässig nicht erkannt hat, dass der Verkäufer nicht der Eigentümer war. Bei dem Kauf eines Kraftfahrzeugs muss er sich zumindest den Kraftfahrzeugbrief bzw. die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lassen, um die Berechtigung des Veräußerers zu prüfen. Die Zulassungsbescheinigung war hier aber so professionell gefälscht, dass der Käufer die Fälschung nicht erkennen musste. Der Verkauf eines gebrauchten Pkw auf der Straße gegen Bargeld ist nach Auffassung des Senats auch nicht unüblich und musste keinen Verdacht erwecken, zumal der Kaufpreis nicht auffallend günstig war. Dass der Verkäufer den Zweitschlüssel nicht mit übergeben konnte, hatte er nachvollziehbar damit erklärt, dass sich der Käufer erheblich verspätet hatte, er selbst nicht habe warten können und vergessen habe, seiner Frau den Zweitschlüssel zu geben.
Quelle: OLG Celle, Pressmitteilung v. 20.10.2022