Amtsgericht München, Urteil vom 26.10.2020, Az. 191 C 5230/20
Ein Wohnmobilist war im Juni 2019 mit einem Motorschaden an seinem Fahrzeug in der Schweiz gestrandet. Da er eine Versicherung abgeschlossen hatte, die auch den Rücktransport des defekten Fahrzeugs abdecken sollte. Also rief er beim Versicherer an und schilderte den Sachverhalt. Statt einer Zusage für den Transport, erteilte der Versicherer seinem Kunden aber eine Abfuhr.
Der Versicherer begründete seine Leistungsverweigerung damit, dass die Kosten eines Fahrzeugtransports für in der Zulassungsbescheinigung I als Wohnmobile eingetragene Fahrzeuge laut den Versicherungsbedingungen dann nicht versichert seien, wenn diese – einschließlich Ladung – eine Höhe von 3,20 m einschließlich überschritten. Da das defekte Wohnmobils laut Fahrzeugschein 3,40 m hoch war, hatte der Versicherer formell sogar Recht. Allerdings war er auch unflexibel.
Denn nachdem die Dachklimaanlage abgebaut, der Reifendruck reduziert und die Luftfederung abgelassen worden war, betrug die Höhe des Wohnmobils nicht nur noch 3,06 Meter. Dies führte dazu, dass der Transport auf einem regulären Trägerfahrzeug die nach § 32 Abs. 2 StVZO maximal zulässige Höhe von 4,00 nicht mehr überschritt, konnte Wohnmobil regulär und ohne Sondergenehmigungen nach Deutschland zurück überführt werden. Der Einwand des Versicherers, wonach ein teurer Spezialtransport erforderlich sei, ging daher ins Leere.
Den Versicherer interessierte das nicht. Er beharrte auf seiner ablehnenden Haltung, da es auf die die Höhe im demontierten Zustand nicht ankomme. Außerdem bestritt er, dass das Fahrzeug abgesenkt worden sei. Abgesehen davon hätte es durch die behaupteten Veränderungen nachhaltige Schäden davongetragen.
Das AG München stimmte mit dem Versicherer darin überein, dass die Rückführung durch einen Spezialtransport nicht versichert war. Die behaupteten Schäden betreffend, sah das Gericht die Grenze dort, „wo durch die Demontagemaßnahmen ein Zustand erreicht wird, mit dem nicht mehr ein Wohnmobil, sondern nur noch Einzeleile eines Bausatzes transportiert werden sollen.“ Da die Demontage der Dachklimaanlage und das Luftablassen hatten einen derartigen Zustand aber nicht herbeigeführt hatten, verurteilte das Gericht den Versicherer zur Zahlung der Transportkosten.
Die Demontage führte dazu, dass der Transport die Höhe von 4,00 Metern nicht überschritt und das Fahrzeug regulär, ohne Sondergenehmigung und ohne Missachtung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zurück nach Deutschland transportiert werden konnte. Ob die Höhe des Wohnmobils 3,20 oder nur 3,06 Meter betragen hatte, spielte für das Gericht daher keine keine Rolle.
Für das Amtsgericht München war übrigens nicht das erste Mal, dass es einen Versicherer zur Bezahlung des Transports eines defekten Fahrzeugs zur Heimatwerkstatt verurteilte. Bereits 2014 hatte es die Kosten der Verbringung eines verunfallten Fahrzeugs in die Heimatwerkstatt als erstattungspflichtig eingeordnet.
In einem Urteil vom 06.10.2014, Az. 322 C 27990/13 stufte es das Interesse des Unfallgeschädigten, mögliche spätere Gewährleistungsansprüche möglichst ortsnah geltend machen zu können höher ein als das des Versicherers das Fahrzeug zur nächstgelegenen Werkstatt zu verbringen.
Wenn Versicherer die Leistung verweigern möchten, berufen sie sich gerne auf die dem Vertrag zugrundeliegenden Bedingungen. Daran ist grundsätzlich auch nichts auszusetzen. Da im Leistungsfall aber nicht nur die Bedingungen, sondern auch die tatsächlichen Gegebenheiten über das „ob“ und den Umfang der Leistungspflicht entscheiden, lohnt es sich im Zweifel, den Versicherer zu verklagen. Das Gericht wird ihm dann verdeutlichen, dass die Leistungspflicht nach den Versicherungsbedingungen nur unter Berücksichtigung der faktischen Bedingungen zu sehen ist.
Aber auch hier gilt: Kontaktieren sie uns!
Aktualisiert am 25.09.2024
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