Folgende Empfehlungen wurden verabschiedet:
AK I : Privates Inkasso nach Verkehrsverstößen im Ausland
– Europarechtliche Rahmenbedingungen
– Legalität der Geschäftsmodelle?
– Lukrativer Markt vor Gerechtigkeit?
Thematische Zusammenfassung des Arbeitskreises:
Deutsche Autofahrer werden zunehmend von privaten Inkassobüros und Anwälten mit Forderungen aus Verkehrs- und Mautverstößen im Ausland konfrontiert. Hohe Inkassogebühren, Androhungen drastischer Sanktionen und unklare Abwehrmöglichkeiten sorgen für erhebliche Verunsicherung bei den Betroffenen. Im Arbeitskreis werden die einschlägigen Praxisfälle und Probleme sowohl aus Sicht der betroffenen Autofahrer als auch der beteiligten Inkassounternehmen dargestellt, die rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten und ein etwaiger Regelungsbedarf auf nationaler und EU-Ebene erörtert.
Das private Inkasso nach Verkehrsverstößen im europäischen Ausland hat bei mehr als 450.000 Fällen in Deutschland im Jahr 2017 inzwischen eine wesentliche Bedeutung bekommen.
Für die betroffenen Touristen besonders belastend sind hohe Nebenkosten der Beitreibung, die unterbliebene Erstinformation und die späte Geltendmachung, teilweise Jahre nach dem angeblichen Verstoß, die die Verifizierung erheblich erschwert. Zudem fehlt es häufig vor Ort an einer deutlichen Kundmachung der zu erfüllenden Verpflichtungen.
Der Arbeitskreis stellt fest, dass privates Inkasso bei öffentlich-rechtlichen Bußgeldern aus Straßenverkehrsverstößen, insbesondere im Anwendungsbereich des EU Rahmenbeschlusses Geldsanktionen, ausgeschlossen sein muss. Bei privatrechtlichen Forderungen darf nicht mit der Anwendung des EU-Rahmenbeschlusses Geldsanktionen gedroht werden.
Der Arbeitskreis fordert die Kommunen, Regionen und Straßenbetreiber auf, sicherzustellen, dass die betroffenen Autofahrer zeitnah und verständlich in ihrer jeweiligen Landessprache informiert werden, ohne dass die ursprüngliche Forderung durch unverhältnismäßige Nebenkosten erhöht wird.
Der Arbeitskreis fordert die Installierung eines Ombudsmannes, an den sich die Autofahrer bei streitigen Forderungen wenden können.
Der Arbeitskreis fordert das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf, ein Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene mit dem Ziel eines Verbrauchergerichtsstandes zu initiieren. Zivilrechtliche Forderungen aufgrund von Verkehrsverstößen sollen nur an diesem Gerichtsstand durchgesetzt werden können.
AK II : Automatisiertes Fahren (Zivilrechtliche Fragen)
– Risiken der neuen Technik
– Wer haftet, wenn die Technik versagt?
– Brauchen wir ein neues Haftungssystem?
Thematische Zusammenfassung des Arbeitskreises:
Wer haftet, wenn ein hochautomatisiertes Fahrzeug am Unfall beteiligt ist? Welche Aufmerksamkeit schuldet der Führer eines solchen Fahrzeuges noch dem Verkehr? Kann er sich entlasten, wenn ein Fehler im technischen System den Unfall verursacht hat? Und was muss geschehen, damit er Zugriff auf die unverfälschten Daten über den Betrieb der am Unfall beteiligten Fahrzeuge hat, wenn er ihrer bedarf.
§ 63a
Datenverarbeitung bei Kraftfahrzeugen mit hoch- oder vollautomatisierter Fahrfunktion
(1) Kraftfahrzeuge gemäß § 1a speichern die durch ein Satellitennavigationssystem ermittelten Positions- und Zeitangaben, wenn ein Wechsel der Fahrzeugsteuerung zwischen Fahrzeugführer und dem hoch- oder vollautomatisierten System erfolgt. Eine derartige Speicherung erfolgt auch, wenn der Fahrzeugführer durch das System aufgefordert wird, die Fahrzeugsteuerung zu übernehmen oder eine technische Störung des Systems auftritt.
AK III : Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
– Ist der Straftatbestand noch zeitgemäß?
– Reformvorschläge
– Versicherungsrechtliche Auswirkungen
Thematische Zusammenfassung des Arbeitskreises:
Das Unerlaubte Entfernen vom Unfallort zieht strafrechtliche und versicherungsrechtliche Konsequenzen nach sich. Der Straftatbestand des § 142 StGB stammt aus dem Jahr 1975 – einer kommunikationstechnischen Steinzeit. Ist es Zeit für eine Reform?
oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstandenin § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB sollten gestrichen werden. Der Arbeitskreis empfiehlt, bis zu einer gesetzlichen Änderung einen Regelfall der Entziehung der Fahrerlaubnis nur noch bei erheblichen Personen- und besonders hohen Sachschäden (ab10.000 EUR) anzunehmen.
AK IV : Vorbild Europa? Mehr Wohnsitzgerichtsstände in der ZPO?
– Die Benachteiligung bei Inlandsfällen
– Relevanz bei Autokauf und Verkehrsunfällen
Thematische Zusammenfassung des Arbeitskreises:
Während internationale Regelwerke für grenzüberschreitende Sachverhalte weitreichende Schutzgerichtsstände in Verbraucher- und Versicherungssachen vorsehen, kennt die deutsche Zivilprozessordnung derartige Schutzmechanismen bislang nicht. Bedeutung kommt dem etwa beim Autokauf sowie bei Verkehrsunfällen zu. Dies führt zu der Frage, ob das jetzige Prozessrechtssystem noch zeitgemäß ist oder einer Materialisierung und freiwilligen Orientierung an europäischen Grundsätzen bedarf.
AK V : Cannabiskonsum und Fahreignung
– Entzug der Fahrerlaubnis bei gelegentlichem Cannabiskonsum
– Neue verwaltungsrechtliche Grenzwerte?
– Cannabis auf Rezept und Fahreignung?
Thematische Zusammenfassung des Arbeitskreises:
Gelegentlicher Cannabiskonsum und Fahreignung – ab welcher THC-Konzentration im Blutserum ist von mangelndem Trennungsvermögen im Sinne der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auszugehen? Kann die Fahrerlaubnis bereits bei einer erstmaligen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen entzogen werden? Cannabis auf Rezept – sind die Patienten noch fahrgeeignet?
Die Fahrerlaubnis-Verordnung bedarf im Hinblick auf Arznei- und berauschende Mittel einer Überarbeitung durch den Verordnungsgeber.
Der Arbeitskreis ist der Auffassung, dass der erstmalig im Straßenverkehr auffällig gewordene, gelegentliche Cannabiskonsument nicht ohne Weiteres als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen wird, sondern lediglich Zweifel an seiner Fahreignung auslöst, die er mittels einer MPU ausräumen kann.
Der Arbeitskreis vertritt die Meinung, dass nicht bereits ab 1 ng/ml THC im Blutserum fehlendes Trennungsvermögen unterstellt werden darf. Er teilt die Feststellungen der Grenzwertkommission, wonach dies erst ab einem THC-Wert von 3 ng/ml Blutserum der Fall ist.
Auch im Falle einer medizinischen Indikation, insbesondere für die Verordnung von Cannabis-Blüten, begründet eine Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Cannabis Zweifel an der Fahreignung. Aus dem Gebot der Verkehrssicherheit heraus ist es deshalb erforderlich, dass dann auch vor dem Hintergrund der Grunderkrankung die Fahreignung zu prüfen ist.
Auch in diesem Sinne müssen die Patienten, die ein Kraftfahrzeug führen wollen, durch entsprechend qualifizierte Ärzte umfassend über ihre Beeinträchtigung der Fahreignung und Fahrsicherheit informiert und begleitet werden. Dies ist entsprechend zu dokumentieren.
Der Gesetzgeber wird gebeten, für Kontrollen im Straßenverkehr ein geeignetes Nachweisdokument vorzusehen.
AK VI : Sanktionen bei Verkehrsverstößen
– Höhere Bußgelder: Heilmittel oder Abzocke?
– Praxis im europäischen Vergleich
– Kriminologische Erkenntnisse
– Interventionsmöglichkeiten aus wissenschaftlicher Sicht
Thematische Zusammenfassung des Arbeitskreises:
Stellt die deutliche Erhöhung der Bußgelder bei Verkehrsordnungswidrigkeiten ein probates Mittel für mehr Verkehrssicherheit dar?
Der Arbeitskreis lehnt eine pauschale Erhöhung der Bußgeldsätze ab.
Er empfiehlt aber eine spürbare Anhebung der Geldbußen, verbunden mit verstärkter Androhung
von Fahrverboten, für besonders verkehrssicherheitsrelevante Verkehrsverfehlungen (namentlich Geschwindigkeits-, Abstands- oder Überholverstöße) unter Berücksichtigung des jeweiligen Gefährdungspotentials und der Verkehrssituation. Dies muss einhergehen mit einer nachdrücklicheren und effektiveren Verkehrsüberwachung, gerade an Unfallhäufungs- und Gefährdungsstellen. Die Praxis in den Bundesländern sollte harmonisiert werden.
Einem Einkalkulieren
von Geldbußen muss entgegengewirkt werden. Umgekehrt darf nicht der Eindruck der Abzocke
unter fiskalischen Gesichtspunkten entstehen.
Der Arbeitskreis fordert eine für die Verkehrsteilnehmenden nachvollziehbare Beschilderung.
Verkehrspädagogische und verkehrspsychologische Maßnahmen sind zu stärken.
Der Arbeitskreis spricht sich dafür aus, bundesweit eine empirische Basis zu schaffen, mithilfe derer die präventiven Wirkungen der für Verkehrsverfehlungen im Ordnungswidrigkeitenrecht angedrohten Sanktionen besser beurteilt werden können.
AK VII: Ansprüche Schwerstverletzter
– Medizinische Gesichtspunkte
– Vorfinanzierung
– Opfergrenze
Thematische Zusammenfassung des Arbeitskreises:
Es sollen die besonderen Schwierigkeiten Schwerverletzter im täglichen Leben und in ihrer Versorgung dargestellt werden sowie Möglichkeiten der Gestaltung des zukünftigen Lebens unter tatsächlichen und finanziellen Aspekten.
Reha- Lücke) nach dem Modell der gesetzlichen Unfallversicherung zu beheben.
Code of Conduct für das Reha-Managementder Arge Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein frühzeitig eingeleitet werden.
AK VIII: Digitalisierung – Schiffahrt der Zukunft
– Datensicherheit und Risikomanagement
– Eigentum und Nutzungsrechte an Daten
– E-Government für die Schifffahrt
Thematische Zusammenfassung des Arbeitskreises:
Cyber-Security ist auch für die Seeschifffahrt unerlässlich und erfordert ein verantwortungsvolles Risikomanagement und wirksame Kontrollen. Die riesige Menge der in der Seeverkehrswirtschaft produzierten Daten bedarf eines rechtlichen Rahmens, der Nutzungsrechte definiert und einen Haftungsrahmen bestimmt. Der konsequente Ausbau der Digitalisierung der Schifffahrtsverwaltung muss durch stringente Gesetzgebung sowie die Bereitstellung leistungsfähiger Infrastruktur fortgesetzt werden.
In der rapide voranschreitenden Digitalisierung sieht der Arbeitskreis für die Seeschifffahrt große Chancen, aber auch Risiken.
Maritime Single Windowsollten zur Vereinfachung von Meldeprozessen international, zumindest aber auf europäischer Ebene vereinheitlicht werden.
Zusammenfassung und Fazit
Der Verkehrsgerichtstag hat seine Existenzberechtigung auch dieses Jahr wieder eindrücklich unter Beweis gestellt. Die Frage, ob der Verkehrsgerichtstag in Goslar bleiben oder nach Leipzig umziehen wird, trat in Anbetracht der Aktualität und Brisanz der Fachthemen in den Hintergrund. Für uns als ETL Kanzlei Voigt war es wichtig, erneut und mit mehreren Anwälten direkt vor Ort dabei zu sein. Unabhängig vom Veranstaltungsort des Verkehrsgerichtstages, werden wir auch künftig alles daran setzen, um uns nicht nur über die aktuelle Rechtslage, sondern auch über künftige Entwicklungen und Tendenzen bereits im Frühstadium informiert zu sein, um die Rechte unserer Mandanten effektiv und mit den richtigen Mitteln durchsetzen zu können.