Ein Verkehrsverstoß ist schnell begangen. Wer sich mit den jeweiligen Verkehrsvorschriften des Urlaubslandes nicht ausreichend vertraut gemacht hat, dem droht bei der Heimkehr möglicherweise eine böse Überraschung: Post von der ausländischen Bußgeldbehörde. Doch müssen ausländische Bußgelder oder Strafen bezahlt werden?
So manches beliebte Urlaubsziel hat für deutsche Autofahrer ungewohnte Verkehrsvorschriften. Verstöße dagegen werden teils mit erheblichen Bußgeldern geahndet. Wer nicht vor Ort angehalten und zur Zahlung aufgefordert wird, kann aufgrund der Richtlinie zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte (Verkehrsdaten-Richtlinie) unter Umständen als Halter ermittelt und angeschrieben werden. Doch muss das Bußgeld auch bezahlt werden?
Wer vom Bundesamt für Justiz (BfJ) angeschrieben wird, sollte auf jeden Fall reagieren. Denn das Bundesamt wird auf Antrag der ausländischen Behörde bei Bußgeldern ab 70 Euro (inklusive Verfahrensgebühren!) als Vollstreckungsbehörde tätig. Allerdings ist Voraussetzung für die Vollstreckung in Deutschland, dass sich das Verfahren auch gegen den Richtigen richtet. In einigen EU-Ländern richten sich die Bußgelder grundsätzlich gegen den Halter. In Deutschland gilt die sogenannte Halterhaftung jedoch im ruhenden Verkehr – also bei Parkverstößen. Andere Verkehrsverstöße (wie beispielsweise Geschwindigkeitsverstöße) sind dagegen gegen den Fahrer zu richten. Kann also nachgewiesen werden, dass Sie den Verstoß nicht begangen haben, sollte zeitnah reagiert werden. Ein erfahrener Verkehrsrechtsanwalt hilft Ihnen bei den richtigen Schritten.
Warum schreibt die ausländische Bußgeldstelle?
Im Rahmen der Vollstreckung durch das Bundesamt für Justiz gilt nach geltendem Recht, dass das vollstreckte Geld in Deutschland bleibt. Die ausländische Bußgeldstelle sieht davon keinen Cent (was umgekehrt auch für im EU-Ausland vollstreckte Bußgelder deutscher Behörden gilt). Daher versuchen einige Behörden die Gelder unmittelbar selbst einzutreiben. Zwar wirken sich zügige Zahlungen unter Umständen positiv auf die Bußgeldhöhe aus (z.B. 50 Prozent Erlass des Bußgeldes in Spanien bei Zahlung binnen 20 Tagen), allerdings können die Behörden nicht unmittelbar vollstrecken. Dazu müssen sie sich des Bundesamts bedienen. Dies kann wiederum zu weiteren Verfahrensgebühren führen. Auch hier lohnt sich in der Regel eine Rücksprache mit einem Rechtsanwalt.
Post vom Inkassobüro kann in einigen Fällen ignoriert werden, aber nicht in jedem Fall! Für die Vollstreckung ausländischer Bußgelder und Geldstrafen ist ausschließlich das Bundesamt für Justiz zuständig. Allerdings auch nur für diese.
Beispiel Niederlande
Nach einem Verkehrsverstoß in den Niederlanden, schreibt das Inkassobüro (CJIB) den Halter, bei Fahrerfeststellung vor Ort den Fahrer oder den Mieter des Fahrzeugs an, mit dem der Verstoß begangen wurde.
Der Bescheid ist oben rechts mit dem Buchstaben “M” gekennzeichnet. Er benennt den Verstoß sowie die Höhe des Bußgeldes. Das Bußgeld ist innerhalb von acht Wochen zu bezahlen. Geschieht dies nicht, folgt eine Mahnung. Die Gebühr für der ersten Mahnung ist anderthalb Mal so hoch wie der Bußgeldbetrag. Die Höhe der zweiten Mahnung beträgt das dreifache des Bußgeldes. Aus einer einem Betrag von von 50 Euro werden nach zwei Mahnungen 150 Euro, (Stand 18.07.2024).
Hat der Pflichtige seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsland der Europäischen Union (EU), wir der Fall an die dort zuständige Behörde übergeben, die sich dann um alles Weitere kümmert.
Ist die Übergabe nicht möglich, erfolgt die Eintragung in das niederländische Fahndungsregister. Bei einer Kontrolle ist das Bußgeld dann direkt vor Ort zu bezahlen. Ist das nicht möglich, kann das Fahrzeug eingezogen werden.
Weitere Informationen, z.B. die Möglichkeit zu Abruf des Tatfotos, stehen im Internet auf den Seiten der CJIB.nl zur Verfügung.
Vorsicht ist besonders bei offenen Mautzahlungen und unbezahlten Parkknöllchen geboten. Vielerorts werden diese vor allem von privaten Betriebsgesellschaften angefordert. Dann handelt es sich dann nicht um öffentliche Bußgelder, sondern private Forderungen. Für diese Forderungen ist das Bundesamt nicht zuständig. Doch auch hier lohnt sich eine Überprüfung. Denn die Inkassogebühren fallen bei Zahlungsverzug an. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, hängen vom Einzelfall ab. Fragen Sie am besten einen Rechtsanwalt.
Wer Post von einer ausländischen Bußgeldstelle, einem Inkassobüro oder dem Bundesamt für Justiz erhalten hat, sollte sich davon nicht sofort einschüchtern lassen. In vielen Fällen lohn es sich fachkundigen Rat einzuholen. So können Sie sich unnötigen Stress, Ungewissheit und wahrscheinlich eine Menge Geld sparen.
Im Zweifel gilt auch hier: Voigt regelt!
Bildnachweis: Eveline de Bruin /Pixabay
Erstmals veröffentlicht am 18.07.2019, aktualisiert am 18.07.2024