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Kreuzungsunfall und zwei Mal Anscheinsbeweis! Wer haftet?

Landgericht Stralsund, Urteil vom 26.06.2025, Az. 2 O 261/24

Bei Unfällen an unübersichtlichen Kreuzungen, stellt sich oft die Frage: Wer ist schuld? Ein aktueller Fall vor dem Landgericht Stralsund zeigt die Komplexität der Materie sowie, dass bei Verkehrsverstößen durchaus auch beide Seiten in der Haftung stehen können!
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04.07.2025
ca. 2 Minuten
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Straßenkreuzung mit Autos und Fußgängern gesehen von oben.

Nach einem Kreuzungsunfall hatte das Landgericht Stralsund die Haftungsfrage zu klären. Ein entscheidender Aspekt dabei war, wie es sich verhält, wenn sich die Unfallbeteiligten jeweils auf einen zu ihren Gunsten sprechenden Anscheinsbeweis berufen können. Somit stellte sich die Frage, ob sich die Anscheinsbeweise gegenseitig neutralisieren können.

Aussage stand gegen Aussage!

Ein Autofahrer (Kläger) fuhr auf der B-Straße in Richtung A-Straße, während ein anderer Autofahrer (Beklagter) zur gleichen Zeit von der A-Straße nach links in die B-Straße abbiegen wollte. Dabei kam es zu einem Unfall und anschließend zum Streit. Der Kläger behauptete, er habe vor der Kreuzung vollständig angehalten, während der Beklagte Kontrahent die Kurve „geschnitten“ und dadurch den Unfall verursacht habe. Der Beklagte behauptete seinerseits, er sei ordnungsgemäß rechts gefahren und der Kläger habe die Vorfahrt missachtet.

Die gerichtliche Beweisaufnahme half nur bedingt.

Im Rahmen des Verfahrens hörte das Gericht beide Parteien an und befragte mehrere Zeugen. Außerdem ließ es ein umfassendes Unfallrekonstruktionsgutachten erstellen.

Dieses Gutachten bestätigte zwar, dass die Beklagte die Kurve maßgeblich geschnitten und damit eindeutig gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen hatte. Es legte aber auch dar, dass der Kläger die Vorfahrt der Beklagten nicht vollständig respektiert hatte. Zum Unfallzeitpunkt befand er sich zwar bereits auf der bevorrechtigten Straße. Allerdings befand er sich nicht unmittelbar am Kreuzungsrand, sondern noch im vorgelagerten Bereich.

Unabwendbarkeit war nicht gegeben!

Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass der Unfall für keine der Parteien unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 StVG war, d. h., dass ihn auch ein Idealfahrer (§ 17 Abs. 3 Satz 2 StVG) nicht hätte vermeiden können. Unter Berücksichtigung der gleichwertig zu bewertenden Betriebsgefahr stellte das Gericht daher eine hälftige Mithaftung beider Parteien fest.

Dabei führte es aus, dass eine Alleinhaftung einer Partei zwar auch unterhalb der Schwelle zur Unabwendbarkeit in Betracht kommen kann. Die hängt allerdings maßgeblich von den jeweiligen Verschuldens- und Verursachungsanteilen ab, wobei ein Anscheinsbeweis zu Lasten einer Partei für eine ganz überwiegende oder sogar alleinige Unfallverursachung sprechen muss. In solchen Konstellationen kann es gerechtfertigt sein, der anderen Seite selbst ein geringfügiges Mitverschulden nicht mehr anzulasten.

Beide Parteien konnten sich auf den Anscheinsbeweis berufen!

In dem hier zugrundeliegenden Sachverhalt war eine derartige Beweislage zwar grundsätzlich denkbar. Allerdings hatte sich während des Prozesses herausgestellt, dass sich beide Parteien auf Anscheinsbeweise zu ihren Gunsten berufen konnten. Die Folge war, dass sie sich gegenseitig kompensierten und für den Prozessausgang keine entscheidende Wirkung mehr entfalten konnten.

Da das Gericht kein überwiegendes Verschulden zu Lasten einer Partei feststellen konnte, kam es zu einer Haftungsteilung in Höhe von jeweils 50%.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht die Komplexität von Haftungs- und Verschuldensfragen bei Verkehrsunfällen. Zugleich zeigt es, dass auch bei Kreuzungsunfällen nicht automatisch die Alleinhaftung einer Partei angenommen werden kann, sondern eine differenzierte Betrachtung der Umstände notwendig ist.

Sollten Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt worden sein zögen Sie nicht damit uns unmittelbar zu kontaktieren.

Sie wissen ja: Voigt regelt!

Bildnachweis: liuen123/Pixabay

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