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Überladen trotz Einhaltung der Gewichtsobergrenze – geht das?

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 27.06.2022, Az. IV-2 RBs 85/22

Bei der Beladung von Fahrzeugen sollten sowohl das zulässige Gesamtgewicht als auch die zulässigen Achslasten beachtet werden. Letztere werden in der Praxis häufig ausser Acht gelassen, solange das zulässige Gesamtgewicht stimmt. Ein fataler Fehler. Schließlich beeinträchtigt die Überschreitung der zulässigen Beladung nicht nur die Fahrstabilität, sondern führt auch zu einer Verlängerung des Bremswegs.
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16.08.2022
ca. 3 Minuten
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Was war passiert?

Der Fahrer eines Sattelzuges war mit seinem Sattelzug, den er kurz zuvor vorgeladen übernommen hatte, in eine Verkehrskontrolle geraten. Diese war zunächst auch ohne Auffälligkeiten verlaufen. Die Profiltiefe der Reifen, die Papiere sowie die Lenkzeiten stimmten. Auch das zulässige Gesamtgewicht von 40 Tonnen wurde eingehalten. Die Fahrt hätte damit auch fortgesetzt werden können, wenn da nicht noch die Achslasten gewesen wären. Denn obgleich auf den ersten Blick alles in Ordnung aussah, stellte sich bei einer Verwiegung mit einer entsprechenden Waage heraus, dass die Antriebsachse mit einem Gewicht von fast 13 statt der zulässigen 11,5 Tonnen belastet war.

Welche Folgen hatte der Verstoß?

Folgen hatte der Verstoß sowohl für den Fahrer als auch den Unternehmer. Schließlich hatte der Fahrer gegen § 34 Abs. 3 S. 1 STVZO, der Unternehmer gegen 34 Abs. 4 Nr. 1 StVZO verstoßen. Für den Fahrer zog dies eine – wegen einer Voreintragung von 110 auf 121 Euro erhöhte – Geldbuße nach sich. Die gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegte Rechtsbeschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Wo lag das Problem?

Für das Gericht war entscheidend, dass der Fahrer quasi blind darauf vertraut hatte, dass das Gewicht innerhalb der zulässigen Grenzen liegen würde. Vom Grundsatz her war das auch in Ordnung. Denn den Papieren zufolge, lag das tatsächliche Gewicht mit 39,464 t ja auch tatsächlich unterhalb der zulässigen 40 Tonnen. Genau hier lag aber auch die Krux. Angesichts der geringen Differenz von 536 kg, bestand für den Fahrer keine Gewähr dafür, dass sich insbesondere auch die Achslasten innerhalb der zulässigen Grenzen bewegten. Wörtlich hieß es dazu in dem Urteil: Aufgrund „seiner aktiven Prüfungspflicht (hätte er) vielmehr dafür Sorge tragen müssen, dass die Achslasten am Standort des Sattelzuges mit einer mobilen Achslastwaage festgestellt wurden, oder aber, falls eine solche Achslastwaage nicht zur Verfügung stand, dass die Ladung so weit verringert wurde, bis auch die Einhaltung der zulässigen Achslasten „auf der sicheren Seite“ gewährleistet war.“

Das Fehlen einer geeigneten Waage entlastet nicht!

Der Fahrer versuchte sich damit zu entlasten, dass am Ort der Übernahme des Sattelzuges weder eine Wiegevorrichtung noch die erforderliche Ausrüstung für ein etwaiges Ab- und Umladen vorhanden waren. Geholfen hat ihm dies allerdings nicht. So hatte z.B. das OLG Frankfurt (Beschl. v. 01.07.2019, Az. 2 Ss-OWi 1077/18) statuiert, dass es in Hinblick auf den Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich einer Überladung nicht darauf ankomme, ob der Fahrzeugführer diese „erkennen“ konnte, sondern darauf, ob er sie hätte vermeiden können.

Wörtlich heißt es in dem Beschluss: „Für diesen strengen Fahrlässigkeitsmaßstab, der vor der Inbetriebnahme eines Lkws eine aktive Überprüfungspflicht des Fahrers verlangt, spricht bereits der Regelungsgehalt der StVZO. So sind nach § 16 Abs. 1 StVZO im Straßenverkehr nur Fahrzeuge zugelassen, die den Regelungen der StVZO entsprechen. Eine rechtmäßige Teilnahme am Straßenverkehr setzt daher voraus, dass der Fahrer vor Inbetriebnahme den ordnungsgemäßen Zustand des Fahrzeuges überprüft hat. Das setzt auch voraus, dass er sich vor der Fahrt zuverlässig selbst Gewissheit darüber verschafft hat, dass eine Überladung nicht vorliegt.“

Sollten zuverlässige Berechnungen nicht möglich sein, weil z.B. eine Fahrzeug- oder eben auch eine Achswaage nicht vorhanden sind und der Fahrzeugführer hinsichtlich der Einhaltung der Gewichtsobergrenzen im Unklaren ist, hat er die Ladung soweit zu verringern hat, bis er sich hinsichtlich der Einhaltung des zulässigen Gesamtgewichts auf der sicheren Seite befindet. Er muss dabei in Kauf nehmen, dass bei den Fahrten das maximal zulässige Frachtvolumen seines Fahrzeugs möglicherweise nicht voll ausgeschöpft wird. Im Zweifelsfall ist die Ausrüstung, z.B. eine mobile Achswaage, zu beschaffen.

Übrigens

Die obigen Ausführungen beschränken sich auf die Rechtsfolgen für den Fahrer. In dem Verfahren gegen den Fahrer geht es schwerpunktmäßig darum, festzustellen, ob objektiv Mängel bestanden.

Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass neben dem Fahrer auch der Transportunternehmer (Halter) nach §§ 3134 StVZO dafür Sorge zu tragen hat, dass (s)ein überladenes Fahrzeug nicht am Straßenverkehr teilnimmt. Die Rechtsprechung setzt hier strenge Maßstäbe an: „Alles andere (würde) die Gefahr in sich bergen, sehenden Auges eine Vielzahl von „kaufmännisch naheliegenden“ Überladungen mit dem Ziel der Gewinnmaximierung durch Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu tolerieren“ (AG Duisburg, Hinweis vom 22.06.2022, Az. 415 OWi – 363 Js 880/22-98/22).

Ein festgestellter Verstoß des Fahrers allein belegt noch kein bußgeldrechtlich relevantes Verhalten des Halters. Dem Halter wäre nur dann ein Vorwurf zu machen, wenn ihm bekannt war oder bekannt sein musste, dass das Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig war. In dem Verfahren gegen den Halter müssen daher durch die Gerichte höhere Hürden überwunden werden. Der Halter kann sich durch die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl der Fahrer entlasten. Ebenso durch ein funktionierendes Qualitätsmanagement, Ein- und Anweisungen an die Fahrer, regelmäßige Schulungen und Stichproben.

Mithin ist ein funktionierendes Compliance-System das A&O auf Unternehmerseite. Andernfalls kommt eine Ahndung wegen fehlerhafter Ladungssicherung auch in Betracht, ohne dass der Halterverantwortliche selbst für die Verladung zuständig ist.

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