OLG Frankfurt, Urteil vom 20.11.2023, Az. 17 U 121/23
Für Fahrzeuge im Einsatz ist das Überfahren einer roten Ampel ohnehin folgenlos, solange (§ 35 Abs. 5a StVO). Eine vollständige Befreiung von den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften bedeutet das aber nicht.
Die Erfordernisse der Verkehrssicherheit gehen dem Interesse am raschen Vorwärtskommen des Einsatzfahrzeugs stets vor (§ 35 Abs. 8 StVO). Es wäre ja auch widersinnig, wenn Fahrer von Einsatzfahrzeugen sich, andere Verkehrsteilnehmer sowie den Einsatzzweck gefährden würden, nur um schnell voran zu kommen.
Einem früheren Urteil des OLG Frankfurt zufolge, sind die Sorgfaltsanforderungen an den Fahrer ohnehin umso höher, je mehr er von den Verkehrsregeln abweicht (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.03.2016, Az. 1 U 248/13; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.06.1998, Az. 1 U 42/97).
Was es für die Schadenabwicklung bedeutet, wenn der Fahrer gegen diesen Grundsatz verstößt, hat das OLG Frankfurt in einem Urteil vom 20.11.2023, Az. 17 U 121/23 konkretisiert.
Wenn der Fahrer eines Einsatzfahrzeugs sich unter Inanspruchnahme von Sonderrechten einer Kreuzung mit Rotlicht nähert, darf er diese
Achtet der Fahrer des Einsatzfahrzeugs dagegen er nicht auf Querverkehr und übersieht bzw. überhört der Fahrer eines querenden Fahrzeugs die Sondersignale und fährt in die Kreuzung ein, obwohl andere Verkehrsteilnehmer vor ihm trotz Grünlichts stehen bleiben, wird der Schaden bei einer Kollision quotal aufgeteilt (vgl. LG München I, Urt. v. 19.12. 2022, Az. 19 O 5176/21; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 08.04.2021, Az. 2 O 6051/20; OLG Hamm, Urt. v. 18.07. 2017, Az. I-9 U 34/17).
Ergänzend sei angemerkt, dass die Kollision für den Fahrer des Einsatzfahrzeugs erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Sollte er grob fahrlässig gehandelt, d.h. die dabei die nach den Umständen des Einzelfalles im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt haben, muss er unter Umständen den am Einsatzfahrzeug entstandenen Schaden ersetzen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, entscheidend auch hier die Umstände des Einzelfalls (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 25.05.2023, Az. 11 K 942/22). Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht Berlin denn festgestellte, dass die Vorschriften über die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch bei einer Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 35 StVO) nur missachtet werden dürfen, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur dadurch verursachten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht ( VG Berlin, Urt. v. 18.03.2024, Az. VG 5 K 65/21). Laut Urteil des VG Berlin vom 15.05.2024, Az. 5 K 65/21, ist bei einem Verkehrsunfall eines Polizeibeamten bei Einsatzfahrt mit 92 km/h innerorts (mit Blaulicht, aber ohne Martinshorn) ein Regress in Höhe der Hälfte des am Einsatzfahrzeug entstandenen Schadens gerechtfertigt.
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Aktualisiert am 07.06.2024