Stürme mit Windgeschwindigkeiten von über 150 km/h sind auch in Deutschland keine Seltenheit mehr und sorgen immer wieder für Bahn- und Flugausfälle, abgedeckte Dächer sowie beschädigte Fahrzeuge. Derjenige, dessen Fahrzeug durch herabfliegende Zweige, Dachziegel oder herumwirbelnde Gegenstände fragt sich, welche Versicherung für derartige Schäden aufkommt.
Gemäß Ziffer A.2.2.1.3 der Musterbedingungen des GDV, an denen sich viele Versicherungsunternehmen orientieren, sind derartige Schäden durch die Teilkaskoversicherung gedeckt. Dies gilt zumindest dann, wenn sie auf die die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug
zurückzuführen sind.Als Sturm gilt eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.
Das kann z.B. vorliegen, wenn das Fahrzeug in eine Wasserlache hineingefahren oder in einem – bekanntermaßen überflutungsgefährdeten – Gebiet abgestellt wird.
Wenn ein vor einem Haus abgestelltes Fahrzeug – z.B. durch herabfallende Dachziegel- beschädigt wird, können dessen Eigentümer Ansprüche gegenüber dem Grundstückseigentümer oder dessen Haftpflichtversicherer zustehen. Schließlich muss ein ordnungsgemäß eingedecktes und gewartetes Dach selbst Windstärken von 12 bis 13 Beaufort aushalten können, ohne dass sich Bestandteile lösen (BGH, Urt. v. 23.03.1993, Az. VI ZR 176/92). Wenn sich dennoch Teile lösen, spricht zumindest ein erster Anschein dafür, dass der Grundstückseigentümer seinen Prüf- und Unterhaltspflichten nicht in hinreichendem Umfang nachgekommen ist (vgl. AG Aachen, Urt. v. 31.08.2006, Az. 80 C 471/05).
Laut Rechtsprechung müssen Dächer – zumindest bei älteren Gebäuden – mindestens einmal im Jahr und insbesondere nach heftigeren Wetterereignissen überprüft werden. Die Intensität der Prüfung muss dabei über eine oberflächliche Sichtprüfung hinausgehen (OLG Köln, Urt. v. 05.02.2004, Az. 12 U 112/03). Wer sich als Grundstückseigentümer entlasten will, sollte nachweisen können, dass er z.B. eine Fachfirma mit der regelmäßigen Überprüfung des Daches beauftragt hat (OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2002, Az. 22 U 76/02).
Wenn ein umstürzender Baum ein Fahrzeug auf einem gemieteten Stellplatz beschädigt, kommt eine Haftung des Grundeigentümers sowohl auf vertraglicher Grundlage (hier: Stellplatzmiete) als auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht in Betracht (AG Hannover, Urt. v. 17.01.2017, Az. 483 C 6691/16). Dies ist auch Kommunen so (vgl. BGH v. 04.03.2004, Az.: III ZR 225/03).
Entscheidend ist der direkte Zusammenhang!
Wenn sich abgebrochene Äste aber zunächst im Baum verfangen und erst Stunden später auf ein darunter stehendes Fahrzeug fallen, dürfte es an einem direkten Zusammenhang fehlen (AG Bremen v. 16.1.2015, Az.: 7 C 323/14). Anspruchsvoll wird es auch für denjenigen, der gegen einen auf der Straße liegenden Gegenstand fährt, den der Sturm dort bereits vor längerer Zeit dorthin geworfen hatte (OLG Celle v. 14.07.1978, Az. 8 U 3/78).
Wenn umgewehte oder “wandernde” Abfallbehälter Fahrzeuge beschädigen, kommt eine Haftung der aufstellenden oder für die Wartung verantwortlichen Firma in Betracht. Entscheidend ist, dass die Verantwortlichen wissen, dass sich der Behälter bei einem Sturm lösen kann, ihn aber dennoch nicht absichert. Wenn sich der Behälter dann verselbständigt und gegen Fahrzeuge stößt, haben deren Eigentümer Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens (AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 28.04.2016, Az. 913 C 322/14).
Die Konstellation dürfte übrigens nicht nur nicht nur für Abfall-, sondern auch für z.B. Altkleider- oder Papiercontainer eine gewisse Relevanz haben, die oftmals ohne jegliche Sicherungsmaßnahmen an Straßenrändern oder auf Parkplätzen aufgestellt werden.
Wenn Seitenwinde Wohnmobile, LKW- oder Wohnwagengespanne aus der Spur drücken oder abgestellte Fahrzeuge am Straßenrand umwerfen und es deshalb zu einem Unfall kommt, ist entscheidend, ob höhere Gewalt vorliegt oder ob der Unfall dem Betrieb des Fahrzeugs zugerechnet werden kann. Denn eine Leistung des Versicherers gibt es nach § 7 Abs. 1 StVG nur, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers
verursacht worden ist. Versicherer versuchen sich daher gerne mit dem Hinweis auf Höhere Gewalt
aus der Affäre zu ziehen (vgl. LG Flensburg v. 18.12.1987, Az. 7 S 85/87).
Wenn ein Sturm oder Unwetter unvorhergesehen eintrifft, haben sie damit in aller Regel aber schlechte Karten. Anders sieht es aus, wenn aufgrund von Warnungen oder Vorhersagen mit dem Wetterereignis zu rechnen war (vgl. AG Ottweiler v. 12.05.2009, Az. 2 C 187/08).
Die Teilkasko zahlt übrigens auch dann nicht, wenn der Fahrer bei einer Sturmböe gegenlenkt und danach die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert. Die Gerichte begründen das Fehlen des geforderten Zusammenhangs zwischen Sturmeinwirkung und Unfallschaden damit, dass erst die Handlung des Fahrers und nicht bereits der Sturm den Schaden verursacht hat (vgl. OLG Hamm v. 15.06.1988, Az. 20 U 261/87). Anders ist es, wenn eine Sturmböe unmittelbar
zum Unfall geführt hat (LG Rostock v. 25.07.2003, Az. 3 O 421/02).
Die Ausführungen zeigen, dass es auch bei Sturm und Wind die die Umstände des Einzelfalls sind, die den Ausschlag geben. Allerdings nützt es nicht diese nur zu kennen, man muss seine Ansprüche auch durchsetzen können. Am besten geschieht dies mit einem versierten Anwalt, der den Kürzungsversuchen des Versicherers auf Augenhöhe und entschieden entgegen tritt. Sprechen Sie mit uns! Voigt regelt!
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Der Artikel wurde am 21.10.2021 aktualisiert