Mit gutem Wetter und steigenden Temperaturen steigt tendenziell auch die Feierlaune. Was wäre aber so eine richtige Feier oder gesellige Runde im Biergarten ohne Alkohol? Richtig schön ist es für viele erst, wenn es feucht-fröhlich
wird. Bei steigendem Alkoholkonsum kann der Heimweg schnell zu einem Problem werden, denn längst nicht jeder nutzt im Zusammenhang mit Alkohol konsequent Taxis, öffentliche Verkehrsmittel oder Mitfahrgelegenheiten bei vollkommen nüchternen Fahrern. Darüber was für Konsequenzen drohen können, wenn es zu einer Polizeikontrolle oder einem Unfall kommt, möchten wir im nachfolgenden Artikel aufklären.
Welche Blutalkoholgrenzwerte sind von Kraftfahrern zu beachten?
Der erste juristische relevante Grenzwert liegt bei 0,3 Promille. Ab Erreichen dieses Wertes spricht man von der sogenannten relativen Fahruntüchtigkeit. Allein das Erreichen oder Überschreiten dieses Wertes führt noch nicht zu Konsequenzen. Wer sein Fahrzeug beanstandungsfrei führt begeht weder eine Ordnungswidrigkeit noch eine Straftat. Dennoch ist eine entsprechende Alkoholmenge im Blut nicht völlig risikofrei für den Verantwortlichen. Problematisch wird es dann, wenn es während der Fahrt zu alkoholbedingten Ausfallerscheinungen kommt, insbesondere wenn die alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zu einem Unfall führen. Dann droht ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen einer Straßenverkehrsgefährdung (§ 315 c StGB) oder einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB). Zudem begründen die alkoholbedingten Ausfallerscheinungen aus zivilrechtlicher Sicht ein Verschulden und damit eine Haftung des alkoholisierten Unfallverursachers für etwaig von ihm verursachte Unfallschäden.
Wer ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,5 Promille führt begeht eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG. Zur Verwirklichung des Tatbestandes ist es nicht notwendig, dass es zu alkoholbedingten Ausfallerscheinungen oder gar einem Unfall kommt. Es reicht allein die entsprechende Blutalkoholkonzentration. Die Geldbuße für den Verstoß beträgt 500 Euro. Gleichzeitig wird ein Fahrverbot von 1 Monat verhangen und es kommen 2 Punkte im Fahreignungsregister des Kraftfahrtbundesamtes zur Eintragung. Im Wiederholungsfall beträgt die Geldbuße bei einer einschlägigen Vortat 1.000 Euro und bei mehreren einschlägigen Vortaten 1.500 Euro. Zusätzlich wird jeweils ein Fahrverbot von 3 Monaten verhangen und es kommen 2 Punkt im Fahrerlaubnisregister zur Eintragung.
Ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille liegt für Kraftfahrzeuge absolute Fahruntüchtigkeit vor. Wer also mit einem entsprechenden Promille-Wert ein Kraftfahrzeug führt macht sich definitiv strafbar. Auf den Nachweis etwaiger Ausfallerscheinungen kommt es für die Strafbarkeit in diesem Bereich nicht mehr an.
Absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern
Auch Verkehrsteilnehmer die nicht mit einem Kraftfahrzeug unterwegs sind genießen keine absolute Narrenfreiheit
. Aus diesem Grund machen sich auch Radfahrer definitiv strafbar, wenn sie mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille am Straßenverkehr teilnehmen. Bei der vorgenannten Blutalkoholkonzentration wird auch für Radfahrer eine absolute Fahruntüchtigkeit angenommen, weswegen es für die Strafbarkeit wiederum nicht auf den Nachweis alkoholbedingter Ausfallerscheinungen – z.B. das Fahren in Schlangenlinien – ankommt.
Spielt die Blutalkoholkonzentration bei Fußgängern eine Rolle?
Bei der Beantwortung dieser Frage muss klar zwischen Ordnungswidrigkeitenrecht bzw. Strafrecht auf der einen Seite und einem zivilrechtlichen Verschulden bei etwaigen Verkehrsunfällen auf der anderen Seite unterschieden werden. Wer sich zu Fuß im Straßenverkehr bewegt braucht auch dann nicht zu befürchten, dass er eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat begeht, wenn seine Blutalkoholkonzentration mehr als 1,6 Promille beträgt. Eine entsprechende Sanktionierung hat der Gesetzgeber für Fußgänger nicht vorgesehen. Anders verhält es sich im Zivilrecht, beispielsweise wenn es um das Verschulden und die damit verbundene Haftungsverteilung der Unfallbeteiligten bei Verkehrsunfällen geht.
Mit Urteil vom 15.06.2017 – Az.: 1 U 540/16 hat das OLG Jena entschieden, dass bei einer absoluten alkoholbedingten Verkehrsuntüchtigkeit eines Fußgängers, die bei einer Blutalkoholkonzentration ab 2 Promille unwiderleglich anzunehmen ist, ein Beweis des ersten Anscheins dafür eingreift, dass die alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit ursächlich für den Unfall geworden ist.
In der Entscheidung hatte sich das OLG Jena in der Berufungsinstanz damit zu befassen, in welchem Umfang einem verletzten Fußgänger bzw. seiner Krankenversicherung nach entsprechender Vorleistung notwendige Behandlungskosten von den weiteren Unfallbeteiligten im Wege des Schadensersatzes zu erstatten sind. Das maßgebliche Unfallgeschehen hatte sich bei Dunkelheit auf einer Landstraße ereignet. Der Fußgänger war mit dunkler Kleidung aus Sicht der beiden unfallbeteiligten PKW plötzlich von rechts auf die Fahrbahn der Landstraße gelaufen, die an der Unfallörtlichkeit weder über einen Gehweg noch einen Seitenstreifen verfügte. Sodann erfasste ihn die Fahrerin eines Mazdas trotz Einleitung einer sofortigen Vollbremsung mit dem von ihr geführten Fahrzeug, wodurch der Fußgänger auf der Fahrbahn zu Fall kam. Kurz darauf wurde der auf der Fahrbahn liegende Fußgänger nochmals von einem nachfolgenden Golf erfasst, obwohl der Fahrer des Golfes nach erkennen des Fußgängers sofort eine Gefahrenbremsung und ein Ausweichmanöver einleitete. Der Fußgänger hatte im Gegensatz zu den PKW-Fahrern behauptet, er sei nicht plötzlich auf die Fahrbahn getreten, sondern er sei vor dem ersten Zusammenstoß bereits längere Zeit auf der Fahrbahn gelaufen. Das in der Berufung mit der Sache befasste OLG Jena hat diesen Vortrag des Fußgängers nicht als bewiesen angesehen und hat im Ergebnis die Klage vollumfänglich abgewiesen.
Das OLG legt in seinen Urteilgründen dar, dass der Fußgänger gegen seine Pflichten aus § 25 Abs. 1 StVO verstoßen habe. Da die Straße an der Unfallstelle weder über einen Gehweg noch über einen Seitenstreifen verfüge habe der Fußgänger die Verpflichtung gehabt am linken Fahrbahnrand zu gehen. Er habe ferner bei Annäherung eines Fahrzeuges zur Vermeidung einer erkennbaren Gefährdung die Fahrbahn zur Seite zu verlassen, wenn dies ohne Schwierigkeiten möglich ist. Das Gericht führt in diesem Zusammenhang aus, dass eine erkennbare Gefährdung dann besteht, wenn sich ein Fußgänger bei Dunkelheit auf der Straße bewegt, weil Kraftfahrer unbeleuchtete Hindernisse bei Dunkelheit häufig zu spät bemerken und deshalb nicht mehr rechtzeitig anhalten und ausweichen können. Das OLG stellt fest, dass der Obliegenheitsverstoß des Fußgängers aus § 25 Absatz 1 StVO auch ursächlich für den ersten Zusammenstoß mit dem von der Beklagten geführten Mazda gewesen ist. Hierzu führt das Gericht aus:
Der Obliegenheitsverstoß des HS (dies ist der Fußgänger) war ursächlich für den Zusammenstoß mit dem von der Bekl. zu 1 gesteuerten PKW Mazda. Bezüglich der Ursächlichkeit des Verstoßes gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorgaben aus § 25 I StVO greift vorliegend ein Anscheinsbeweis ein (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2008, 1349 Rn. 10).
(2) HS hat in unfallursächlicher Weise gegen seine Obliegenheit zur Nichtteilnahme am Verkehr bei Vorliegen alkoholbedingter Verkehrstüchtigkeit verstoßen.
(a) HS hat obliegenheitswidrig im Zustand alkoholbedingter Verkehrstüchtigkeit am Straßenverkehr teilgenommen. Jedermann trifft die Obliegenheit, nicht im Zustand alkoholbedingter Verkehrsuntüchtigkeit als Fußgänger am Straßenverkehr teilzunehmen (BGH, VRS 10, 245). Alkoholbedingte Verkehrstüchtigkeit ist bei einem Fußgänger auch ohne Ausfallerscheinungen jedenfalls bei einer BAK ab 2,0 Promille unwiderleglich anzunehmen
HS war absolut verkehrsuntüchtig. Dass HS beim Unfall eine Blutalkoholkonzentration von 2,07 Promille hatte, steht gem. § 314 ZPO für das BerGer. fest
(b) Der Obliegenheitsverstoß des HS war ursächlich für den Zusammenstoß mit dem von der Bekl. zu 1 gesteuerten PKW Mazda und die Verletzung des HS. Bei einer absoluten alkoholbedingten Verkehrsuntüchtigkeit des Fußgängers greift ein Beweis des ersten Anscheins dafür ein, dass die alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit ursächlich für den Unfall geworden ist (BGHZ 18, 311 0 NJW 1956, 21; BGH, VRS 10, 245; NJW-RR 1986, 323; OLG Köln, NJOZ 2003, 472; OLG Celle, Urt. V. 12.05.2010 – 14 U 167/09, BeckRS 2011, 04535
In der weiteren Begründung des Urteils legt das OLG dar, dass die Betriebsgefahr der unfallbeteiligten Fahrzeuge nicht durch eine unfallursächliche konkrete Pflichtverletzung der jeweiligen Fahrzeugführer erhöht worden ist und lässt im Ergebnis die Betriebsgefahr, die grundsätzlich immer zumindest zu einer Mithaftung von Kraftfahrzeugführern an einem Unfallgeschehen führt, ausnahmsweise völlig hinter dem schweren Pflichtenverstoß des Fußgängers zurücktreten. Dementsprechend ist das OLG von einem Alleinverschulden des Fußgängers ausgegangen und hat die eingelegte Berufung mit der Folge der Anspruchsabweisung vollumfänglich zurückgewiesen.
Der vorstehende Fall zeigt, dass eine erhebliche Alkoholisierung auch bei Fußgängern zu erheblichen zivilrechtlichen Folgen führen kann, wenn es zu einem Verkehrsunfall mit Beteiligung des alkoholisierten Fußgängers kommt.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Wer starke Mengen Alkohol genossen hat sollte unbedingt auf eine Teilnahme am Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen oder Fahrrädern verzichten. Auch als Fußgänger sollte – soweit möglich – auf eine Teilnahme am Straßenverkehr verzichtet werden. Kommt es zu einer strafrechtlichen Verurteilung wegen § 315 c StGB oder § 316 StGB droht neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe regelmäßig der Führerscheinentzug. Betrug die Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit mindestens 1,6 Promille oder mehr ist vor Neuerteilung des Führerscheins im Regelfall eine medizinisch-psychologische Untersuchung erfolgreich zu absolvieren. Der Weg bis zur Neuerteilung des Führerscheins ist daher in entsprechenden Konstellationen lang. Dies sollte unbedingt bedacht werden bevor das Thema Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss auf die leichte Schulter genommen wird.