Was die StVO in Sachen Schuhwerk
vorschreibt und was für Konsequenzen bei der Wahl ungeeigneter Schuhe drohen, wollen wir mit unserem aktuellen Beitrag beantworten.
Wer die Regelungsfreudigkeit des deutschen Gesetzgebers kennt, dürfte verblüfft sein: In den Gesetzen, die das Verkehrsrecht normieren, findet sich keine ausdrückliche Regelung dazu, welches Schuhwerk beim Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu tragen ist. Daher gibt es auch keine ausdrückliche Regelung dazu, welches Schuhwerk als geeignet anzusehen ist. In Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist es aus verkehrsrechtlicher Sicht daher ganz grundsätzlich erlaubt mit jedem beliebigen Schuhwerk PKW und LKW zu fahren. Sogar das Fahren ganz ohne Schuhwerk ist nicht ausdrücklich verboten. Dementsprechend ist es grundsätzlich nicht verboten mit Badelatschen, Flip-Flops, Schlappen, Sandalen oder High Heels ein Kraftfahrzeug zu führen.
Ob dies mit Blick auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und die eigene Sicherheit empfehlenswert ist, darf nachhaltig angezweifelt werden. Wegen der nicht von der Hand zu weisenden erhöhten Unfallgefahr in Flip-Flops, Badelatschen oder vergleichbar leichtem Schuhwerk, sollte bereits jeder PKW-Fahrer aus eigenem Interesse festes Schuhwerk tragen. Spätestens aber jedem Berufskraftfahrer, der ein Kraftfahrzeug führt, ist wegen bestehender Unfallverhütungsvorschriften dringend anzuraten festes Schuhwerk zu tragen.
Wird ein Fahrzeug mit unangemessenem, leichten Schuhwerk geführt und löst dieser Umstand einen Verkehrsunfall aus, z.B. weil sich das lose Schuhwerk in den Pedalen verklemmt oder es mangels ausreichendem Halt vom Fuß des Fahrers abrutscht, drohen Konsequenzen. Bei einem Verkehrsunfall ohne Körperschäden droht ein Bußgeld – so urteilte z.B. das OLG Bamberg in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren, dass das Führen eines Fahrzeuges mit Flip-Flops oder anderen ungeeigneten Schuhen einen Verstoß gegen die in § 1 Abs. 2 StVO normierte und stets zu beachtende Sorgfaltspflicht darstellt. Im Gesetz heißt es wörtlich:
Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
Die Regelgeldbuße für einen derartigen Verstoß beträgt nach Punkt 1.4 Bußgeldkatalogverordnung 35,- Euro. Wird infolge des Unfalls eine Person verletzt oder sogar getötet, dann droht dem Verursacher sogar ein strafrechtliches Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung.
Im schlimmsten Fall könnte es nach einem Unfallereignis weitere Probleme auch anlässlich der Unfallschadensregulierung geben. Im Bereich der Haftungsverteilung kann der Sorgfaltspflichtverstoß zu einer Erhöhung des eigenen Mitverschuldens führen, wenn der mit unangemessenem Schuhwerk fahrende Fahrer nicht ohnehin das Alleinverschulden am Unfallgeschehen trägt. Dies hat bei der Geltendmachung eigener Schadensersatzansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners dann eine Kürzung der eigenen Schadensersatzansprüche zur Folge.
Weitere Schwierigkeiten sind denkbar, wenn die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen werden soll, z.B. weil das maßgebliche Unfallgeschehen vollumfänglich allein verschuldet worden ist. Nach den Versicherungsbedingungen besteht für Versicherer bei grober Fahrlässigkeit die Möglichkeit eine Quotelung vorzunehmen und die Versicherungsleistung im entsprechendem Umfang zu verweigern.
Zwar stellt die grobe Fahrlässigkeit den schwersten Grad
der Fahrlässigkeit dar, jedoch ist es je nach Einzelfallbewertung nicht ausgeschlossen, dass das Fahren mit unangemessenem Schuhwerk von Gerichten tatsächlich als grobe Fahrlässigkeit bewertet wird. Es ist daher denkbar, dass die eigene Vollkaskoversicherung im schlimmsten Fall bei Eintritt eines Schadensfalls eine erhebliche Leistungskürzung vornimmt und der Versicherungsnehmer trotz vorhandener Vollkaskoversicherung weitgehend auf seinem eigenen Schaden sitzen bleibt.
Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, ist bereits Privatfahrern dringend anzuraten, Kraftfahrzeuge nur mit festem Schuhwerk zu führen. Ausnahmslos gilt dies jedenfalls für Berufskraftfahrer und damit insbesondere für LKW-Fahrer. Diese haben die für sie geltenden Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft zu beachten.
In der Unfallverhütungsvorschrift DGUV 70 – Fahrzeuge – ist in § 44 Abs. 2 zur Fahr- und Arbeitsweise unmissverständlich und ohne Ausnahmeregelung ausgeführt, dass der Fahrzeugführer zum sicheren Führen des Fahrzeuges den Fuß umschließendes Schuhwerk tragen muss
. Der Hintergrund dieser Vorschrift ist, dass ein sicherer Sitz des Schuhwerks nur dann gewährleistet werden kann, wenn die Ferse mit entsprechenden Riemen umschlossen wird. Der Inhalt der Durchführungsanweisungen zu § 44 Abs. 2 DGUV 70 lautet:
Zum sicheren Führen von Fahrzeugen sind z.B. Sandaletten (ohne Fersenriemen), Holzpantinen, Clogs nicht geeignet.
Damit gibt es im Gegensatz zu Privatfahrern in den oben genannten Unfallverhütungsvorschriften bei Berufskraftfahrern eine klare gesetzliche Regelung, die ausdrücklich das Tragen von festem Schuhwerk vorschreibt. Dementsprechend sollten sich Berufskraftfahrer unbedingt an diese Regelung halten – auch wenn ohne Eintritt eines Unfallereignisses – eine bußgeldrechtliche Ahndung mangels entsprechender Anordnung in verkehrsrechtlichen Vorschriften ausscheidet.
Insbesondere scheidet nach der Rechtsprechung (z.B. OLG Celle, Beschl. v. 13.03.2007, Az. 322 Ss 46/07) ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 StVO aus, obwohl der Fahrzeugführer nach dieser Norm dafür verantwortlich ist, dass die Ladung und die Besetzung des Fahrzeuges vorschriftsmäßig sind. Die vorbezeichneten Gerichte haben die Auffassung vertreten, dass der Fahrzeugführer selbst nicht als Besetzung
des Fahrzeuges i.S.d. § 23 StVO anzusehen ist und daher ein Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften wegen des Tragens unangemessenen Schuhwerkes nicht nach § 23 Abs. 1 StVO sanktioniert werden kann. Kommt es nicht zu einem Unfall oder einer Belästigung bzw. einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, dann bleibt der Verstoß gegen die bestehenden Unfallverhütungsvorschriften sanktionslos.
Praxistipp
Sowohl Privatfahrern als auch Berufskraftfahrern ist dringend anzuraten, immer mit festem und geschlossenem Schuhwerk zu fahren. Nur so ist der jeweilige Fahrzeugführer im Falle eines Unfalles auf der sicheren Seite und kann unnötige negative rechtliche Folgen, wie etwa Bußgelder, ein Strafverfahren oder Anspruchskürzungen bei der Regulierung eines Verkehrsunfalles, verhindern. Wer unbedingt wetterbedingt tagsüber leichtes Schuhwerk tragen möchte, sollte zumindest festes Schuhwerk im Fahrzeug liegen haben und dieses während der Fahrt tragen. Kommt es trotz aller Vorsicht zu einem Verkehrsunfall und infolgedessen ggf. zu einem Bußgeld- bzw. Strafverfahren oder einem zivilrechtlichen Rechtsstreit, sprechen Sie mit uns!
Voigt regelt!