Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 15.10.2019, Az. VI ZR 377/18
Ein Fahrzeugkäufer erwarb im September 2013 einen 2004 erstmals zugelassenen Maserati mit einer Laufleistung von 80.000 km für 25.500 Euro von einem privaten Verkäufer. Am 24. Dezember 2013 geriet ein neben dem Maserati abgestellter Wagen, ein VW Bus, aufgrund eines technischen Defekts in Brand. Der Maserati fing ebenfalls Feuer und brannte vollständig aus.
Der Fahrzeugkäufer machte seinen Schaden beim Versicherer des VW Busses geltend. Dieser lehnte eine Regulierung jedoch ab und verwies dabei auf ein ihm vorliegendes Sachverständigengutachten. Diesem zufolge hatte der Maserati am 14.07.2013 einen Unfall erlitten. Bei Reparaturkosten in Höhe von knapp 41.000 Euro und einem Wiederbeschaffungswert von 25.000 Euro ging der Sachverständige von einem wirtschaftlichen Totalschaden aus und riet von einer Instandsetzung ab. Der Käufer berief sich darauf, dass ihm ein solcher Vorschaden nicht bekannt gewesen sei.
Das zunächst angerufene Landgericht (LG) Köln wies die Klage des Fahrzeugkäufers ab. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln wies die Berufung per Beschluss zurück. Dabei bemängelte es, dass es an hinreichend konkretem Vorbringen des Klägers zur Schadenshöhe fehle.
Aus seiner Sicht habe es an dem Fahrzeugkäufer gelegen aufgrund des Vorschadens zu einer fachgerechten Reparatur des Vorschadens und zum Verkehrswert des Maserati unmittelbar vor dem Brandschaden konkret vorzutragen.
Vor allem eine Reparaturrechnung oder die an der Reparatur beteiligten Personen hätten als Zeugen benannt werden sollen. Es reiche nicht, pauschal eine fachgerechte Reparatur zu behaupten und dafür Zeugen zu benennen, die an den Reparaturmaßnahmen selbst nicht beteiligt gewesen sein sollen.
Der Käufer gab sich nicht geschlagen und zog vor den BGH.
Der BGH sah in dem Beschluss des OLG eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Soweit der Geschädigte behauptet, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und die beschädigte Sache in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann es ihm jedoch nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Er ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Darin kann weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gesehen werden
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Aus Sicht des BGH hätten die vom Fahrzeugkäufer benannten Zeugen, den damaligen Geschädigten, den Verkäufer sowie einen beim Kauf anwesenden fachkundigen Bekannten des Käufers, – auch wenn sie nicht an der Reparatur beteiligt waren – angehört werden müssen, statt die Forderung des Klägers ohne Zeugenvernehmung abzuweisen.
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Der Nachweis einer fachgerechten Reparatur eines Vorschadens, von dem der Geschädigte keine Kenntnis hat, ist oftmals nahezu unmöglich, da ihm – in der Natur der Sache liegend – diese Unterlagen nicht vorliegen. Mit dieser Entscheidung eröffnet der BGH dem Geschädigten nun die Möglichkeit nachzuweisen, dass sein Fahrzeug repariert war. In Frage kämen beispielsweise Mitarbeiter einer Werkstatt, die das Fahrzeug bei einer Inspektion untersucht haben, oder ein Fachmann, der beim Kauf zugegen war und das Fahrzeug begutachtet hat, die als Zeugen aussagen könnten.
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