Amtsgericht Stade, Urteil vom 17.03.2025, Az. 66 C 100/25
AG Leipzig, Urteil vom 24.04.2025, Az. 110 C 280/25
Probefahrt-, Reinigungs– und Verbringungskosten haben mindestens eine Gemeinsamkeit: Wenn es um die Bezahlung geht, verweigern Versicherer diese gerne mit dem Hinweis, dass eine Probefahrt nicht erforderlich gewesen sei. Wenn doch, dann sei deren Aufwand unter die Gemeinkosten zu subsumieren und könne daher nicht gesondert berechnet werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass diese Positionen in den Prüfberichten, die nach den Vorgaben der beauftragenden Versicherer erstellt werden und zu denen sich inzwischen auch die Gerichte ihre eigene Meinung gebildet haben, immer wieder gern gesehen sind.
Wenn ein Geschädigter dies nicht hinnimmt, haben oftmals die Gerichte das letzte Wort, so wie in dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt das Amtsgericht Stade, bei dem sich der regressierende Versicherer eine Abfuhr einhandelte. Zuvor hatte er sich etwaige Ansprüche des Geschädigten gegenüber der Werkstatt abtreten lassen.
In seiner Entscheidung stellte das Gericht klar, dass der entschädigungspflichtige Versicherer die Kosten einer Probefahrt in vollem Umfang zu erstatten hat und dass sie nicht zu den Gemeinkosten zählen.
Das Gericht begründete dies damit, dass es sich bei einer Probefahrt nicht lediglich um eine Maßnahme handelt, die dem Schutz der Werkstatt vor möglichen Regressansprüchen des Kunden dient (Siehe hierzu aber OLG Naumburg, Urt. v. 08.11.20218, Az. 3 U 37/18).
Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Probefahrt der abschließenden Beurteilung des Fahrzeugs nach Abschluss der Reparatur dient. Als quasi „letzter Schritt“ vor der Übergabe an den Kunden ist sie damit, wie jede andere Maßnahme auch, nicht nur theoretisch ein Bestandteil der Reparatur.
Denn abgesehen davon, dass sich der Erfolg einer Reparatur erst bei bestimmungsgemäßer Benutzung des reparierten Fahrzeugs zeigen kann, bindet eine Probefahrt auch Personal.
Das AG Leipzig (Urt. v. 24.04.2025, Az. 110 C 280/25) sah das übrigens genauso. Wenn eine Werkstatt beauftragt worden ist “Nach Gutachten” zu reparieren, das sogar eine genaue Vorgabe der Prüfung während der Probefahrt mit einem nachvollziehbar kalkulierten Aufwand enthält und auch sonst keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Angaben im Gutachten zweifelhaft sind, hat der Regress des Versicherers keine Chance.
Nachdem Versicherer gemerkt haben, dass sie beim Geschädigten nicht weiterkommen, lassen sie sich dessen Ansprüche gegenüber der Werkstatt abtreten und versuchen dann dort zu regressieren. Bei Positionen die zu Unrecht abgerechnet worden sind ist dagegen auch nichts einzuwenden. Reinigungskosten, Verbringungskosten oder eben auch die Kosten einer Probefahrt zählen allerdings ebensowenig dazu, wie die Kosten für das Auslesen des Fehlerspeichers.
Sollten Sie in die Situation kommen, dass der entschädigungspflichtige Versicherer wegen angeblich zu Unrecht abgerechneter Positionen Regress bei Ihnen nehmen will, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!
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