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Wie oft müssen Straßen kontrolliert werden?

Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, Urteil vom 18.05.2017 (Az. 4 U 146/16)

Bekanntermaßen befinden sich nicht alle Straßen im besten Zustand. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Gerichte sich immer wieder auch mit Sachverhalten auseinandersetzen müssen, bei denen Personen oder Fahrzeuge einen Schaden erlitten haben, bei dessen Entstehung der Zustand der Straße eine entscheidende Rolle gespielt hat.
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12.09.2017
ca. 4 Minuten
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Ein Teerbrocken hatte das Auto der Klägerin beschädigt!

Eine Autofahrerin war im Februar 2016 mit ihrem Pkw auf einer innerörtlichen Straße in angepasster Geschwindigkeit unterwegs, als sie einen lauten Knall wahrnahm: Ein Teerbrocken hatte sich aus der Fahrbahn der rechten Fahrspur, zur Straßenmitte hin, gelöst und beim Hochschleudern den Pkw beschädigt. Die Fahrerin wollte die Reparaturkosten in Höhe von 904,80 EUR und eine Kostenpauschale von 30 EUR von der zuständigen Gemeinde im Wege der Amtshaftung erstattet bekommen. Sie trug dazu vor, dass Fahrbahnschäden bzw. eine Lockerung der Teerdecke nicht erkennbar gewesen sei.

Die Gemeinde verweigerte den Schadenersatz!

Die Gemeinde als Straßenbaulastträger bezweifelte, dass tatsächlich der lose Teerbrocken den Schaden verursacht habe. Sie vertrat die Auffassung, ihrer Verkehrssicherungspflicht durch vierteljährliche Kontrollen nachgekommen zu sein, indem sie die betroffene Straße am 23.11.2015 kontrolliert habe. Dass sich im Dezember 2015 an anderer Stelle der Straße ein ähnlicher Unfall ereignet habe, habe sie nicht beeindruckt. Ohnehin müsse sich die Autofahrerin die Betriebsgefahr ihres Wagens zurechnen lassen. Auch die Einschaltung eines Anwalts führte nicht zur Zahlung, so dass die Autofahrerin klagen musste.

Das Landgericht hatte Schadensersatz abgelehnt!

Das zunächst angerufene Landgericht hatte die klagende Autofahrerin sowie weitere Zeugen vernommen und die Klage abgewiesen. Dagegen legte die Geschädigte Berufung ein. Die Geschädigte machte unter anderem geltend, dass die Sicherungs- und Kontrollmaßnahmen unzureichend gewesen seien. Insbesondere nach dem Unfall im Dezember 2015 wäre eine Kontrolle der gesamten Straße erforderlich gewesen, zumal sich der Unfall nur zwei Wochen nach der angeblichen Kontrolle ereignet habe, bei dem sich ebenfalls die Fahrbahndecke gelöst habe. Die Gemeinde hielt demgegenüber daran fest, dass der gute Allgemeinzustand der Straße trotz des Unfalls keinen Anlass für eine Komplettsanierung gegeben habe.

Das OLG Saarbrücken sprach Schadensersatz zu!

Das OLG Saarbrücken war anderer Ansicht und verurteilte die Gemeinde zu Schadensersatz. Eine Anordnung des Saarlandes habe die Verkehrssicherungspflicht, die hier zweifelsfrei gegeben sei, zu einer Amtspflicht erklärt. Wäre dies nicht der Fall gewesen, wäre der Anspruch auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gestützt worden.

Die Bedeutung des Wegs entscheidet

In jedem Fall sei der Umfang der Verkehrssicherungspflicht von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seiner Bedeutung maßgebend bestimmt. Sie umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustandes. Dies setzt jedoch eine Kontrolle des Straßennetzes voraus. Die Kontrollen müssen in zeitlichen Abständen durchgeführt werden, die sich an der Verkehrsbedeutung der Straße und der Gefährlichkeit orientieren. In der Regel reicht es aus, die Fahrbahnoberfläche einer monatlichen Kontrolle zu unterziehen. Um diese Kontrollen überprüfbar und beweisbar zu machen, regte das Gericht an, diese und gegebenenfalls Beseitigung beanstandeter Mängel dokumentieren.

Unzureichende Kontrolle muss der Geschädigte beweisen!

Vom Grundsatz her würden zwar Geschädigte die Beweislast dafür tragen, dass keine ausreichende Kontrolle stattgefunden habe. Der Autofahrerin kam allerdings zugute, dass aufgrund des vorangegangenen Unfalls bereits der erste Anschein eines verkehrswidrigen Zustandes bestand, der eine zeitnahe Kontrolle erfordert hätte. Daher wurde zu ihren Gunsten vermutet, dass der Schaden bei einer entsprechenden Kontrolle aufgefallen wäre.

Die von der Gemeinde behauptete Kontrolle stellte das Gericht jedoch in Zweifel. Eine Dokumentation dieser Kontrolle konnte nicht vorgelegt werden, ebenso wenig wie das daraus hervorgehende Ergebnis. Ohnehin habe der vorangegangene Unfall eine weitere Kontrolle gerechtfertigt, statt bis zum Februar des Folgejahres untätig abzuwarten.

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Nicht jeder Schaden wird ohne weiteres reguliert. Dieser Unfall zeigt jedoch einmal mehr, dass die frühzeitige Einschaltung eines Rechtsanwalts hilfreich sein kann. Durch entsprechende Beratung hat die Geschädigte Ihren Anspruch gerichtlich geltend gemacht und auch nach dem ersten gerichtlichen Rückschlag nicht aufgegeben.

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FAQ

Müssen Straßenbaubehörden Ausbesserungsmaßnahmen kontrollieren?

Träger der Straßenbaulast haben im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern. Soweit sie hierzu unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, haben sie vorbehaltlich einer anderweitigen straßenverkehrsbehördlichen Anordnung auf den verkehrsunsicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen (LG Lübeck, Urt. v. 06.09.2024, Az. 10 O 240/23).

Der Umfang der Kontrolldichte kann sowohl durch die Ausbesserungsmaßnahme an sich als auch die Witterungsverhältnisse bestimmt werden. So hat z.B. das OLG Koblenz (Urt. v. 13.02.2023, Az. 12 U 1770/21) eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Trägers der Straßenbaulast abgelehnt, nachdem das Fahrzeug eines ein Autofahrers beim Durchfahren eines – zwei Tage zuvor mit Kaltmischgut ausgebesserten – Schlaglochs beschädigt worden war.

Unter Verweis auf eine Urteil des OLG Köln (Az. 7 U 216/11 v. 31.05.2012) stelle das Gericht fest, es würde “angesichts strenger winterlicher Verhältnisse und der Notwendigkeit der winterlichen Behandlung eines umfassenden Straßennetzes” eine Überspannung der zu stellenden Anforderungen bei der Wahrnehmung der Sicherungspflicht darstellen und die finanziellen, personellen und sachlichen Kapazitäten des Landes überfordern.

In diesem Sinne hat auch das LG Lübeck festgestellt, dass Straßen sich grundsätzlich nicht in einem einwandfreien Zustand befinden müssen. Mit Blick auf etwaige Unebenheiten kann von ihnen auch eine Restgefahr ausgehen kann. Was den Umfang der Sorge für die Verkehrssicherheit betrifft, so wird dieser maßgeblich von der Art und der Häufigkeit der Benutzung des Verkehrswegs und seiner Bedeutung bestimmt (BGH vom 21.6.1979, Az. III ZR 58/78). Dementsprechend haben Verkehrssicherungspflichtige in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise nur diejenigen Gefahren auszuräumen und erforderlichenfalls vor ihnen zu warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (BGH vom 5.7.2012, Az. III ZR 240/11). Straßenbenutzer haben sich den vorgefundenen Straßenverhältnissen anzupassen.

Bildnachweis: john_loannidis / Pixabay

Aktualisiert am 24.09.2024

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