Dass die Verkehrsüberwachung – ob fließender oder ruhender Verkehr – durch Private unzulässig ist, hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main bereits hinreichend geklärt. Doch Not macht bekanntermaßen erfinderisch – so auch einen Behördenmitarbeiter. Das OLG Frankfurt war in seinem Beschluss vom 02.01.2020 (Az. 2 Ss 40/19) wenig angetan von der Kreativität des Bediensteten.
Was war passiert?
Dass die Verkehrsüberwachung aus Sicht der Frankfurter Richter nur hoheitliche Aufgabe ist und entsprechend Ordnungspolizeibeamten oder Polizeibeamten vorbehalten ist, war auch einem kreativen Mitarbeiter bekannt. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen
dachte dieser und kam auf eine lukrative Idee.
Der Ordnungspolizeibeamte unterzeichnete ein leeres Messprotokoll und überlies dieses Blanko einem privaten Dienstleiter
, der es kopierte und damit unerlaubter Weise Verkehrsmessungen vornahm, diese (vor-)auswertete und dazugehörige Messprotokolle unter Verwendung dieses Blankos erstellte. In den daraus resultierenden Verwarngeld- und Bußgeldverfahren wurde allen Beteiligten – einschließlich der Zentralen Bußgeld- und Verwarnstelle – mittels digitalisierter Messprotokolle suggeriert, dass die Messung durch einen Hoheitsträger – und nicht durch einen Privaten – durchgeführt wurde.
Der Ordnungspolizeibeamte wurde daraufhin wegen Falschbeurkundung im Amt verurteilt, der private Dienstleister wegen Beihilfe. Weil das Strafmaß der Staatsanwaltschaft zu niedrig erschien, ging diese in Berufung – mit Erfolg. Das wiederum schmeckte den beiden Beteiligten nicht und sie gingen gegen das neue Urteil in Revision.
Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG Frankfurt verwarf die Revision der beiden. Dazu führte es unter anderem aus: Das von einem Ordnungspolizeibeamten oder Polizeibeamten im Rahmen der hoheitlichen Verkehrsüberwachung erstellte Messprotokoll dient dazu, Beweiskraft für und gegen jedermann zu erbringen. Es hat nicht bloß innerdienstliche Bedeutung, sondern belegt neben der Verkehrssituation am konkreten Messstandort den ordnungsgemäßen Aufbau und den ordnungsgemäßen Betrieb des Messgeräts und dessen Verwendung gemäß seiner PTB-Zulassung
.
Weil es jedoch durch einen privaten Dienstleister ausgefüllt wurde, täuschten die beiden Angeklagten alle am Verfahren Beteiligten. Weiterhin heißt es in dem Urteil: Auf diese Weise wurde im Rahmen der gesamten elektronischen Aktenführung – was beide Angeklagte wussten – unter Täuschen der Zentralen Bußgeld- und Verwarnstelle in eine Vielzahl von Fällen Buß- und Verwarngelder erlassen, die so nicht hätten ergehen dürfen.
Kanzlei Voigt Praxistipp
(
) die so nicht hätten ergehen dürfen.
Was bedeutet dies für die Praxis? Auf die Bußgeldstellen, die noch immer private Dienstleister in Anspruch nehmen, dürften zahlreiche Verfahren zukommen – ebenso wie auf die Gerichte. Insbesondere in vollständig digitalisierten Akten lässt sich in Fällen, in denen mit einem Messprotokoll-Blanko gearbeitet wurde, nicht zweifelsfrei nachvollziehen, ob tatsächlich der Berechtigte die Messung durchgeführt hat und folglich ob diese auch ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
Sollten auch Sie einen Bußgeldbescheid erhalten haben, dessen Richtigkeit Sie hinterfragen oder der Sie sogar Ihren Führerschein kosten könnte, stehen Ihnen die Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt mit ihrer Erfahrung gerne zur Seite.
Stichwort
Messprotokoll
Bildnachweis: Pixabay/lukasbieri