Wer durch einen Unfall verletzt wird hat gegen den Schädiger einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes. Das Schmerzensgeld soll den Geschädigten in die Lage versetzen, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die erlittenen Beeinträchtigungen zumindest teilweise ausgleichen. Zudem soll es ihm Genugtuung für das verschaffen, was der Schädiger ihm angetan hat (vgl. BGH v. 06.07.1955, Az. GSZ 1/55).
Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach den konkreten Verletzungen im Einzelfall. Entscheidende Faktoren sind das “Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten sind oder zu diesem Zeitpunkt mit ihnen als künftiger Verletzungsfolge ernstlich gerechnet werden muss” (OLG München, Urt. v. 21.03.2014, Az. 10 U 1750/13).
Einzelne Gerichte haben das Schmerzensgeld immer wieder nicht unter Berücksichtigung der verletzungsbedingten Beeinträchtigung insgesamt, sondern taggenau berechnet. Dabei wurden zunächst die gestaffelten Tagessätze für die jeweilige Behandlungsphase (Intensivstation, Normalstation, stationäre Reha-Maßnahme, ambulante Behandlung zuhause, Dauerschaden) addiert und mit Zu- oder Abschlägen “angepasst”.
Diese Abrechnungsmethode hat der BGH jetzt infrage gestellt. Mit Urteil vom 15.02.2022, Az. VI ZR 937/20 stellte er fest, “Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Dabei geht es nicht um eine isolierte Schau auf einzelne Umstände des Falles, sondern um eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei ist in erster Linie die Höhe und das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Auf der Grundlage dieser Gesamtbetrachtung ist eine einheitliche Entschädigung für das sich insgesamt darbietende Schadensbild festzusetzen, die sich jedoch nicht streng rechnerisch ermitteln lässt.”
Ein zögerliches Regulierungsverhalten des Versicherers kann sich erhöhend auf das Schmerzensgeld auswirken (OLG München, Urt. v. 02.06.2021, Az. 10 U 7288/20 m.w.N.). Darüber hinaus können – einzelfallabhängig – auch vermehrte Bedürfnisse wie z.B. der Haushaltsführungsschaden einen Schadensersatzanspruch begründen.