Wenn ein auf der Straße ordnungsgemäß abgestellter Anhänger von einem Auto angestoßen wird deshalb gegen ein Gebäude rollt, dann ist der Schaden beim Betrieb des Anhängers entstanden!
So oder ähnlich lässt sich ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.02.2023 zusammenfassen.
Ein Anhänger war ordnungsgemäß auf einer Straße abgestellt worden. In der Nähe befand sich eine Linkskurve. Der eines PKW kam dort von der Fahrbahn ab und kollidierte anschließend sowohl mit einer Hauswand sowie dem Anhänger. Dieser setzte sich daraufhin seinerseits in Bewegung und beschädigte das Einfahrtstor sowie die Fassade eines benachbarten Gebäudes.
Als der Gebäudeversicherer seine Aufwendungen beim Kraftfahrversicherer geltend machen wollte, wies dieser die Forderung zurück. Er klagte daraufhin vor dem Amtsgericht und bekam Recht. Der Kraftfahrtversicherer fand das allerdings nicht so gut und ging in die Berufung zum Landgericht. Dieses meinte, da der Anhänger von einem anderen Auto angestoßen worden sei, hätte der Fahrer des anstoßenden PKW die Verfügungsgewalt über den Anhänger gehabt. Da der Anhänger ordnungsgemäß abgestellt worden sei, hätte die Betriebsgefahr lediglich eine ganz untergeordnete Bedeutung. Eine Einstandspflicht erscheine daher ausnahmsweise nicht gerechtfertigt. Damit war wiederum der Gebäudeversicherer nicht einverstanden. Am Ende hatte der BGH zu entscheiden.
Der BGH machte „kurzen Prozess“. Zunächst stellte er fest, das Merkmal „beim Betrieb“ sei weit auszulegen.
„Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann “bei dem Betrieb” eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug* (mit)geprägt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19).“
Übertragen auf den zu entscheidenden Sachverhalt bedeutet dies zunächst, dass die Verwendung, d.h. die Inbetriebnahme des Anhängers eine Gefahrenquelle eröffnet hat. Das ordnungsgemäße Abstellen des Anhängers im Verkehrsraum sowie der Anstoß durch ein Drittfahrzeug hatten daran nichts geändert. Wörtlich heißt es in dem Urteil des BGH: „Vielmehr wirkt in dem Gebäudeschaden die dem Anhänger konstruktionsbedingt innewohnende und durch sein Belassen im Verkehrsraum aufrechterhaltene Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Einwirkung von Fremdkraft fort.“
Für diese haftet der Versicherer des Anhängers. Dass der Anhänger sich erst aufgrund des Anstoßgeschehens in Bewegung gesetzt habe Ungeachtet der Ausgleichspflicht des Haftpflichtversicherers des Anhängers, kann diese Umstand aber bei einem Gesamtschuldnerinnenausgleich der Versicherer des Anhängers und des anstoßenden Fahrzeugs von Bedeutung sein.
Auch ein ordnungsgemäß im Verkehrsraum abgestellter Anhänger befindet sich noch in Betrieb.
Dies führt dazu, dass der der Halter / Versicherer des Anhängers – aufgrund der Gefährdungshaftung – zunächst auch dann zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn ein anderes Fahrzeug den Anhänger anstößt und in Bewegung versetzt und dadurch eine weitere Kollision, z.B. mit einem anderen Fahrzeug oder einer Hauswand, verursacht hat.
*Anmerkung: Anhänger sind zwar keine Kraftfahrzeuge im engeren Sinne, da sie nicht, wie nach § 1 Abs. 2 StVG erforderlich, durch Maschinenkraft bewegt werden. Seit dem Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 (mit Wirkung vom 1.8.2002) gilt die Gefährdungshaftung indes auch für Anhänger. Sie tritt dann neben die Gefährdungshaftung des Zugfahrzeugs.